Einseitige, scheinheilige Kontrolle

TikTok-Verbot auf Diensthandys: Angst vor China, US-Datenkraken kein Problem

Politik
Handy: Symbolbild Freepik; Karner: Pressestelle BFK Urfahr-Umgebung, Flickr, CC BY-SA 2.0 (Bildausschnitt); Komposition: Der Status.

ÖVP-Innenminister Gerhard Karner erließ nun ein TikTok-Verbot für die Diensthandys von öffentlichen Bediensteten im Bund. Begründet wurde dies mit ähnlichen Schritten in den USA, in Frankreich und seitens der EU-Kommission. Außerdem fürchtet man sich davor, dass der chinesische Staat über die TikTok-Besitzerfirma einen Zugriff auf die Daten erlangen könnte. Eine besonders unehrliche Maßnahme: Denn wenn westliche Tech-Firmen oder staatliche Stellen in den Daten & Chats der Bürger herumschnüffeln wollen, ist das kein Problem für die Regierung - im Gegenteil.

TikTok-Verbot für Bundes-Angestellte

Karner beruft sich bei seiner Anweisung auf die Empfehlung einer Arbeitsgruppe in seinem Ministerium, die geschlagene drei Monate mit ihrer Prüfung brauchte. Angeblich geht es ihm um "Informations- und Datensicherheit", weil sich die TikTok-Betreiberfirma ByteDance im Einflussbereich der chinesischen Staatsführung befinde. Daher dürfen Mitarbeiter im Bundesdienst ab sofort auf ihren Diensthandys die besonders bei jungen Menschen beliebte Plattform nicht mehr nutzen. Es ist ein einmaliger Schritt einer österreichischen Regierung bei der Kontrolle der Bürger - betrifft er doch bis zu 136.000 Angestellte des Bundes. 

China-Datenkrake böse, US-Datenkrake gut? 

Besonders ehrlich wirkt der Vorstoß allerdings nicht: Denn die ÖVP befand sich sowohl bei Bekanntwerden der NSA-Beschnüffelung europäischer Bürger als auch bei den Facebook-Skandal über den Handel von Bürgerdaten in Regierungsverantwortung. Ein Problem hatte man damit keines: Im Gegenteil, der ehemalige Wahlkampfleiter von Sebastian Kurz erkundigte sich bei der dafür zuständigen Firma "Cambridge Analytica" sogar über die Möglichkeit einer Zusammenarbeit. Zwar kam diese letztendlich nicht zustande - allerdings plante dieser offen, die Anwendung des Wissens, der Tools und der Expertise am österreichischen Markt für Kampagnen zu nutzen. 

ÖVP will selbst Daten der Bürger sammeln

Auch sonst ist die Kanzlerpartei mit den Daten der Bürger nicht unbedingt zimperlich. So ließ man sich von einem Mobilfunkbetreiber die Bewegungsdaten der Österreicher geben, um zu kontrollieren, ob sich diese schön brav an die Lockdown-Schikanen hielten. Zwischendurch hatte man die Daten von knapp einer Million Bürgern ungeschützt ins Netz gestellt. Bei den neuen "Hass im Netz"-Gesetzen ließ sich man sich vom umstrittenen deutschen NetzDG inspirieren. ÖVP-Nationalratspräsident Sobotka wiederum will am Liebsten die Kontrolle über die Zulassung sozialer Medien innehaben, weil er die Entstehung einer kritischen Gegenöffentlichkeit in den vergangen drei Jahren für gefährlich hält.

Sobotka wollte "kleinen Lauschangriff" im Auto

Die Einführung der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung geschah unter einer rot-schwarzen Regierung; nachdem der Verfassungsgerichtshof diese als unzulässig aufhob, versuchte die ÖVP im Jahr 2017 einen neuen Anlauf. Sobotka war damals Innenminister und träumte sogar von der Vernetzung privater Videokameras und "kleinen Lauschangriffen" auf Gespräche in Privatautos. Bei den Plänen zur EU-Chatkontrolle aller Bürger nahm man über ein Jahr lang stillschweigend zur Kenntnis, dass alle EVP-Ausschussmitglieder die Vorlage durchgewunken hatten. Seichte Kritik übte man erst im vergangenen Herbst, als der Widerstand kritischer Bürger wuchs... 

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