Wenn Bauern rebellieren, dann richtig

Landvolk steht auf: Politik im Panikmodus wegen Bauernprotesten

Politik
Hintergrund: Gemälde von 1539 (unbekannter Künstler; gemeinfrei); Buch: Reddit (Bildzitat); Alter Bauer: Pxhere, CC0; Komposition: Der Status

Ein Wirtschaftsminister der sich vor einer Diskussion mit Bauern auf die Fähre flüchtet, angekündigte Großdemonstrationen und Straßenblockaden mit Traktoren sowie Verbotsversuche. Polit-Akteure und Mainstreamschreiberlinge die darin eine Gefahr für die Demokratie und gleich wieder massig rechtsextreme Akteure und Hetze wittern. Klar ist, die Ampel hat etwas losgetreten, was sie nicht erwartet hatte. Dabei ist der Bauernstand lange Zeit geduldig, aber irgendwann kommt der berühmte Tropfen - und wenn Bauern rebellieren, dann meist richtig...

Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht. Was sich die Ampelregierung wohl kaum vorstellen konnte, dass sie bei den Bauern einmal den Bogen überspannt. Aber hier hat sie nun in ein Wespennest gestochen und bekommt die Lage auch scheinbar nicht mehr so schnell unter Kontrolle. Dabei war die Steichung der Subventionen für Agrardiesel wohl nur der berühmte Tropfen, der das Faß endgültig zum Überlaufen brachte. Und auch die Rettungsversuche, die Streichung ersteinmal wieder aufzuheben und auf die kommenden Jahre ab 2026 zu verschieben zeigt deutlich, dass die Regierung offenbar schon zu abgehoben ist, um zu begreifen, wie weite Teile des Volkes ticken.

Ein langer Geduldsfaden

So gelten die Deutschen ohnehin nicht als demonstrationsfreudiges Völkchen. Und noch weniger die Bauern, die durch ihre Tätigkeit noch eher geerdet, einen anderen Blick auf die Zeit und ihre Umwelt haben. Während im politischen Berlin und für die Minister der Regierung zwei Jahre eine lange Zeit sind, ist dies für Landwirte, die ihre seit Jahrhunderten bestehenden Höfe womöglich an die nächste Generation weitergeben wollen, eine eher geringe Zeitspanne. Doch wenn die Politik keine Rücksicht nimmt, sich vielmehr globalistischen Agrarkonzernen und Herstellern künstlicher Labornahrung an den Hals wirft und mit Green Deal und sonstigen Agenden die Grundbedürfnisse der kleineren landwirtschaftichen Betriebe und Bauern ignoriert, ist halt irgenwann das Maß voll. Immerhin will man  keinen abgewirtschafteten und ruinierten Hof an den potentiellen Nachfolger weiterreichen oder gar ganz dichtmachen müssen.

Laufende Proteste

Die Versuche der Parteien, die Proteste einzufangen - eine umfassende Liste zu den wichtigsten Protesten bietet das Bürgernetzwerk "Ein Prozent" hier auf seinem Blog an - scheinen derzeit am Ärger der Bauernschaft zu scheitern. Mediale Schimpftiraden, dass man damit den Rechten in die Hände spiele oder die Demos von Rechten unterwandert würden, verpuffen ebenso wie Appelle der Ampelminister wie des glücklosen FDP-Finanzministers Christian Lindner, der den Bauern erklärt: "Sie haben sich verrannt, bitte kehren Sie um." Und auch Hinweise der Politik auf hartes Durchgreifen - "Landfriedensbruch, Nötigung, Sachbeschädigung - das sind Fälle für den Staatsanwalt" - scheinen nicht die gewünschte Drohkulisse aufzubauen. Vielleicht vermuten die Bauern aber auch einfach, dass, wenn auch nur auf jedem zehnten Traktor auch ein Schild ist, auf dem irgendwas mit CO2 steht, die Staatsanwaltschaft ohnehin nicht tätig wird. Aber nun herrscht in Deutschland Zeter und Mordio, wenn man den Mainstreamberichten glaubt.

Bundschuh und Landvolk

Denn Habeck und der polit-mediale Komplex tun fast so, als wäre der Wirtschaftsminister nur knapp einer Perforierung duch Mistgabeln entgangen oder die Bauern hätten schon die Stricke bereitgehalten um ihn mit einem Traktor durch Schleswig-Holstein zu schleifen. Dabei sollte selbst der Minister wissen, dass Bauern so etwas nicht mehr tun. Die Zeiten der Bauernkriege und Aufstände des Spätmittelalters und in der Frühen Neuzeit unter dem Zeichen des Bundschuhs sind lange vorbei. Und auch die Bauernrevolte, die unter der Bezeichnung Landvolkbewegung Ende der 1920er Jahre just in Schleswig-Holstein in der Weimarer Republik für gewissen politische Erschütterungen sorgte, war nahezu gewaltfrei.

Steuerboykott und ein bißchen Knallerei

Damals entstand die Bewegung in Schleswig-Holstein aufgrund des Preisverfalls landwirtschaftlicher Produkte und immer höherer Steuerbelastung, die an die Substanz der Höfe ging und breitete sich auch in andere Gebiete der Weimarer Republik aus. Zwangsversteigerungen und Steuerpfändungen nahmen zu. Die Bauern sahen sich genötigt zur Selbsthilfe zu greifen, da sie politisch kein Gehör fanden. Spontan schloss man sich zusammen, um mit Demonstrationen, Steuerboykott und Verhinderung von Pfändungen und Zwangsversteigerungen, die Politik zu Maßnahmen zu bewegen. Während die Bewegung passiv Widerstand leistete, gab es einige Vertreter, die aktivistischeren Aktionen den Vorrang geben, was heute allerdings - so etwas wäre heutzutage allerdings von vornherein undenkbar. So begann eine Knallerei, deren Wumms bis nach Berlin gehört wurde, indem selbstgebaute Sprengkörper vor Amtsgebäuden, wie Landratsämtern oder Finanzämtern deponiert wurden und etwas Sachschaden anrichteten. Allerdings wurde penible darauf geachtet, dass bei den Aktionen keine Personen zu Schaden kamen. Es folgten Prozesse und Verurteilungen.

Landvolk schon 2020

Allerdings wurden bereits 2020 bei einem Protest von 500 Landwirten in Nordfriesland die Symbole der damaligen Landvolkbewegung aus der Versenkung gehoben - es gärt also schon seit Jahren. Bauern bildeten den weißen Pflug und das rote Schwert, die auf einer schwarzen Fahne abgebildet waren, mit ihren Traktoren nach. Zum Entsetzen von Medien und Vertretern der Bauernverbände, die sich prompt distanzierten und rechtsradikale Umtriebe sahen. Ein Historiker attestierte gar: "Vor rund hundert Jahren war diese Bewegung für Bombenanschläge in Schleswig-Holstein verantwortlich. Sie gilt als nationalistisch, antisemitisch und völkisch." Ein typisch aus politischem Kalkül verkürztes und dem Zeitgeist entsprechendes Pauschalurteil. Zwar fanden sich später auch Mitglieder der Landvolkbewegung in den Reihen der Nationalsozialisten, aber die Reihen der "Märzgefallenen" wurden wohl nicht allein durch die Bauernschaft gefüllt.

"Rechte" in der KPD?

Die beiden Köpfe der Landvolkbewegung Claus Heim und Wilhelm Hamkens konnten mit den Nationalsozialisten nichts anfangen und versuchten sich nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten der Gleichschaltung der bäuerlichen Verbände zu erwehren. Ersterer entging auch nur durch viel Glück seiner Verhaftung und dem Abtransport in ein Konzentrationslager. Auch anderen maßgeblichen Proponenten der Landvolkbewegung, wie etwa Bruno von Salomon oder Bodo Uhse - der zuerst für die NSDAP in Schleswig-Holstein tätig war und dann aufgrund deren Haltung zu den Bauern zur Landvolkbewegung wechselte - gingen einen gänzlich anderen Weg. Beide traten der KPD bei und gingen nach 1933 in den Untergrund. Nach der Teilnahme am spanischen Bürgerkrieg emigrierte Uhse zunächst nach Mexiko, von Salomon ging nach Frankreich, um sich später dem kommunistischen Flügels der Resistance anzuschließen. Bemerkenswert ist zudem, dass auch literarisch die Ereignisse in Schleswig-Holstein mehrmals aufgegriffen wurden. Einmal in Hans Falladas köstlichen Roman "Bauern, Bonzen und Bomben", von Bodo Uhse in seinem Werk "Söldner und Soldat" und von Ernst von Salomon - einem jüngeren Bruder Buno von Salomons - sowohl in seinem autobiographischen Roman "Die Stadt" als auch in dem Buch "Der Fragebogen", in dem er in einigen Kapiteln auf seine Tätigkeit innerhalb der Landvolkbewegung eingeht.

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