Ende der Aufrüstungsspirale?

Krieg nicht zu gewinnen: Drängen westliche Staaten Selenski zu Friedensgesprächen?

Politik
Hintergrund: Freepik; Scholz: © Bernhard Ludewig/FinnishGovernment, Wikimedia Commons, CC BY 2.0; Macron: Quirinale.it (Attribution); Selenski: President.gov.ua, CC BY 4.0 (beide Wikimedia Commons); Komposition: Der Status

Langsam scheint sich auch bei einigen westlichen Staatsoberhäuptern der Gedanke durchzusetzen, dass der Krieg in der Ukraine nicht zu gewinnen sei. So berichtet das "Wall Street Journal", dass größere NATO-Staaten wie Frankreich, Großbritannien und Deutschland versuchen, auf die ukrainische Führung einzuwirken, dass diese Friedensverhandlungen nicht mehr kategorisch ablehnt.

Ein Jahr sinnloses Blutvergießen

Bereits vor einigen Tagen ließ das US-amerikansiche "Wall Street Journal" mit einem Artikel aufhorchen. Darin hieß es, dass Deutschland, Frankreich und Großbritannien Kiew zur Aufnahme von Friedensgesprächen mit Russland noch in diesem Jahr ermutigen wollen. Dazu äußerten sich auch Beamte der drei Regierungen, die wachsende Zweifel der westlichen Partner daran einräumten, dass die Ukraine die Fähigkeit zur Rückeroberung der von Russland kontrollierten Gebiete habe.

Engeres Bündnis mit NATO

Eine Möglichkeit dazu, so der Bericht, sei es, der Ukraine engere Beziehungen zur NATO, etwa in Form einer Verteidigungsallianz vorzuschlagen. Obwohl eine Nähe der Ukraine zur NATO im Kreml auch argwöhnisch beäugt wird. Dieses Ansinnen widerspricht eigentlich dem zuletzt gezeichneten Bild, dass alle westlichen Staaten unverbrüchlich hinter der Ukraine stünden - koste es, was es wolle und egal wie lange es dauert.So sprach nicht nur US-Präsident Joe Biden von einer "heiligen Verpflichtung", sondern auch auf der Münchner Sicherheitskonferenz war vom deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu vernehmen, dass man sich auf einen langen Krieg einstellen müsse.

Auch ukrainische Politiker zeigten sich nach der SIKO überzeugt, noch mehr Waffen und Unterstützung zu erhalten. Und auch die EU brachte nicht nur das 10. Sanktionspaket gegen Russland auf den Weg, auch die Umstellung der europäischen Wirtschaft auf eine Kriegswirtschaft zur Unterstützung des Selenski-Regimes waren offene Forderungen.

USA hat Ziel erreicht

Dabei können auch die markigen Worte von Biden nicht darüber hinwegtäuschen, dass die USA ihr Kriegsziel erreicht haben und die Ukraine ansonsten lediglich ein "Nebenkriegsschauplatz" ist. Europa und Russland sind getrennt, die USA haben auf dem europäischen Energiemarkt fest Fuß gefasst und die EU in eine neue Abhängigkeit befördert. Zudem hat man sich den europäischen Markt für Rüstungsgüter weiter geöffnet und mit den durch die EU-bezahlten Lieferungen an Kiew die eigene Wirtschaft angekurbelt. Dazu passen auch die Meldungen, dass die USA keinerlei Interesse daran hatten, selbst Panzer in die Ukraine zu liefern, sondern die Zusage lediglich machten, weil Deutschland sonst gekniffen hätte. Ob es überhaupt zu den langfristig avisierten Lieferungen kommt, bleibt offen.

Totaler Sieg in weiter Ferne

Dazu kommen auch die jüngsten Entwicklungen in der Ukraine selbst. So dürften die Kämpfe bei Bachmut für beide Seiten äußerst verlustreich sein, wobei Russland naturgemäß über deutlich mehr Ressourcen an Menschen und Material verfügt. So ließ Russland zuletzt verlautbaren, dass die Stadt "taktisch eingekesselt" und die ukrainischen Verteidiger damit von ihren Versorgungslinien abgeschnitten seien. Eine Meldung, die Kiew sofort dementierte. Russische Aufnahmen zeigen jedoch, dass in der Stadt kaum noch ein Stein auf dem anderen steht.

Zudem würde der Verlust von Bachmut als Verteidigungsstellung für die Ukraine weitere Probleme aufwerfen. Die russischen Truppen können dann über flaches offenes Gelände weiter vorstoßen. Dass Selenski zugleich per Dekret Eduard Moskaljow, einen der führenden Kommandeure im Donbass, entlässt, könnte ein weiteres Zeichen dafür sein, dass an der Front im Osten des Landes nicht alles zum Besten steht. Denn auch die seit Monaten wiederholten Meldungen einiger Geheimdienste - vor allem des britischen - dass die russische Armee vor dem Zusammenbruch stehe und weder Munition noch Raketen für weitere Angriffe habe, entpuppte sich in Folge immer wieder als Fehlinformation.

Bevölkerung will Frieden

Eine weitere Rolle könnten zudem auch die innenpolitischen Probleme der von Frankreich, Großbritannien und Deutschland spielen. Rekordinflation, Teuerungen und Proteste sind nur eine Folge der Selbstmordsanktionen, mit denen man seit einem Jahr die eigene Wirtschaft ruiniert. Zudem zeigen auch wiederholt Umfragen, dass die Bevölkerung der EU mehrheitlich gegen immer mehr Waffenlieferungen und eine Eskalation des Krieges ist.

Vielmehr wünscht man mehr diplomatische Schritte um den Konflikt zu beenden, statt immer mehr Kriegsrethorik. Dies zeigte sich auch bei dem Demonstrationen rund um die Münchner Sicherheitskonferenz und zuletzt auch am Wochenende. Da folgten in Deutschland rund 50.000 Bürger dem Aufruf der Frauenrechts-Aktivistin Alice Schwarzer und der Linken-Politikern Sahra Wagenknecht, die zu einer Friedenskundgebung in Berlin aufgerufen hatten. Auch das Manifest für den Frieden, welches die beiden initiiert haben, hat im Internet mittlerweile rund 700.000 Unterstützer.

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