ÖVP-Drahtzieher zieht bald Leine

Sobotka geht im Herbst: Das waren seine größten Skandale

Politik
Foto: (C) Parlamentsdirektion/Bubu Dujmic

Knalleffekt in der Innenpolitik: Eigentlich galt es als ausgemachte Sache, dass der umstrittene ÖVP-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka zumindest auf der schwarzen Bundesliste wieder bei der Nationalratswahl kandidiert. Nun kommt alles anders: Er will sich ganz aus der Politik zurückziehen - was nach Ansicht seiner Kritiker ohnehin überfällig ist. Denn auch in der Zeit, als er das protokollarisch zweithöchste Amt im Staate bekleidete, stolperte Sobotka von einem Polit-Skandal in den nächsten...

"Familie" überzeugte ihm vom Rückzug

Der Rückzug sei das Resultat eines "Gesprächs mit seiner Familie". Ob wirklich Frau & Kinder einen Anteil daran hatten, oder nicht doch eher die schwarze "Familie" der ÖVP Niederösterreich ihm dies zur Abwendung weiteren Schadens von der Partei riet, ist derzeit unbekannt. Dass er in absehbarer Zeit das Handtuch wirft, kommt dafür beim Mitbewerb positiv an. FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker kommentierte den baldigen Rücktritt Sobotkas so: "Wolfgang Sobotka geht - Österreich atmet auf." Die Republik habe "noch nie einen derart parteiischen Nationalratspräsidenten ertragen müssen".

Das Ergebnis seiner Arbeit als "selbsternannter 'Sönnenkönig Wolfgang I.'" sei ein Totalabsturz im Vertrauensindex hin zum unbeliebtesten Politiker des Landes, der sich als "Oberausgrenzer" betätigt habe. Dieser habe "reihenweise parlamentarische Usancen mit Füßen getreten und sich als Alleinherrscher im Parlament aufgespielt", so Hafenecker, der als FPÖ-Fraktionsvorsitzender in mehreren parlamentarischen Untersuchungsausschüssen die fragwürdige Vorsitzführung durch Sobotka mitbekam, der als jahrelange schwarze Netzwerkspinne sogar selbst als Auskunftsperson zur mutmaßlichen ÖVP-Korruption aussagen musste.

Interventionsoptik als ständiger Begleiter

Im Vorjahr brachten ihn auf Tonband aufgenommene Aussagen des unter mysteriösen Umständen zu Tode gekommenen Ex-Sektionschefs Christian Pilnacek in die Bredouille. Demnach soll der selbsterklärte "Familienmensch" Sobotka seinen Einfluss genutzt haben, um Ermittlungen & Verfahren im Sinne der ÖVP-"Familie" einstellen zu lassen. Schon als Innenminister und als niederösterreichischer Landesrat stand er im Ruf, für Parteifreunde zu intervenieren. Wegen mutmaßlicher Intervention zugunsten einer ÖVP-nahen Stiftung bei einer Steuerprüfung beschloss das Parlament im Dezember die Auslieferung seines Präsidenten an die Justiz - ein Novum in der 2. Republik. 

Letztendlich entkam er weiteren Schritten, weil nicht genug Indizien für einen Anfangsverdacht zusammengetragen werden konnte und dann stattdessen gegen "unbekannte Entscheidungsträger" ermittelt wurde. Doch es war nicht der Ende der fragwürdigen Optik und nicht ihr Anfang. Eine Hauptkritik war sein Betragen in den U-Ausschüssen. Parteiische Vorsitzführung brachten ihm den Vorwurf der "Sobotage" ein; als seine Partei immer tiefer im Korruptionssumpf zu versinken drohte, forderte er die Abschaffung der Wahrheitspflicht. Auch aus Selbstschutz? In einem TV-Interview sagte er einst: "Sie kennen das Geschäft ja - für's Inserat gibt's ein Gegengeschäft."

"FPÖ TV" stellte im vergangenen November einige der Sobotka-Skandale in einem Video vor: 

Er liebte Zensur und Hetze gegen Kritiker 

Generell hatte Sobotka ein Problem mit Kritik an der Regierungspolitik oder Verantwortung für deren Folgen. Im Jänner 2021 fabulierte er eine Bedrohung für demokratische Institutionen durch "Rechtsextreme" herbei. Damit meinte er friedliche Demos gegen die staatliche Corona-Politik. FPÖ-Mandatare nannte er "frivol", weil sie keine Corona-Maske trugen; abseits der Kamera verzichtete er dann selbst darauf. Er forderte mehrfach ein Verbot des Messenger-Dienstes Telegram. Zudem wollte er gerne kontrollieren, welche sozialen Medien in Österreich überhaupt zugelassen werden. Als Parlamentspräsident von Österreich wohlgemehrt, nicht von Nordkorea.

In eine ähnliche Richtung führte die Empfehlung einer von der "Österreichischen Akademie der Wissenschaften" (ÖAW) präsentierten Studie im Frühjahr. Diese schaffte es, Meinungsfreiheit in sozialen Medien als "Gefahr für die Demokratie" darzustellen. Sobotka sollte die Befugnis zu einem "digitalen Ordnungsruf" erhalten, um kritischen Abgeordneten den Mund im Netz zu verbieten. Als hätte er seine Macht nicht ohnehin ausgenützt: Eine Gedenkminute für die von Afghanen vergewaltigte und bestialisch ermordete Leonie (13) und andere Opfer importierter Gewalt verweigerte er mit fadenscheinigen Gründen: Man dürfe tragische Todesfälle nicht "politisch instrumentalisieren".

"Würde des Hauses" als Auslegungssache

Die Sorge vor der "Instrumentalisierung" verschwand hingegen bei der Frage nach der immerwährenden Neutralität. In Kiew bekundete er die "bedingungslose Solidarität" mit dem korruptionsgebeutelten Land; in Wien lud er zuerst den ukrainischen Parlamentspräsidenten ins Plenum ein, später ließ er auch Machthaber Selenski per Videobotschaft sprechen. Immer wieder monierte er bei kritischen Reden eine vermeintliche Verletzung der "Würde des Hauses". Nicht bedroht war sie aber offenbar, als ein Vertreter einer ukrainischen Delegation im Parlament eine Handbewegung machte, die manche Beobachter verdächtig an dunklere Zeitalter erinnerte.

Die Würde des Hauses ist auch eine Frage der "richtigen Gesinnung": Die sogenannte "LGBTIQ-Intergroup" durfte eine eigene Veranstaltung im Parlament abhalten und das Parlamentslogo für ihren Gebrauch abändern. Schon zwei Jahre zuvor ließ Sobotka die Regenbogen-Flagge vor dem Parlament hissen, obwohl dort eigentlich nur hoheitliche Paniere hängen sollten. Im Vorjahr ließ er auf Initiative der sogenannten "LGBTIQ-Intergroup" zu, dass das Parlament in Regenbogenfarben angestrahlt wird. Und begründete damit eine neue "Tradition" - denn ab dem morgigen Donnerstag soll das Parlament erneut drei Tage lang in diesen Farben erstrahlen.

Auf großem Fuß: Und der Steuerzahler blecht

Die Zeche für solche Mätzchen zahlt im Zweifelsfall der Steuerzahler - dasselbe gilt für den Klavierfetisch des einstigen Musiklehrers: Zuerst mietete er einen goldenen Flügel zur Dekoration im renovierten Parlament an, der jährlich etwa 36.000 Euro an Miete kosten sollte. Nach herber Kritik aus unterschiedlichsten Richtungen kaufte er stattdessen um 100.000 Euro einen schwarzen Flügel an - weil Steuergeld bekanntlich nichts kostet. Dazu kommt noch parlamentarischer Blumenschmuck um 12.000 Euro...

Ungeklärt ist weiter die Finanzierung eines Videos, in dem Sobotka fernab jeder Bodenständigkeit mit einem Weinglas am Parlamentsdach herumspaziert. Und eigentlich böte Sobotka am laufenden Band einen Grund zur medialen Kritik. Aber im Zweifelsfall muss der Steuerzahler auch noch für Hofberichterstattung durch die Systemmedien bei Sobotkas Reisen aufkommen - Der Status berichtete über eine saftige Rechnung von 37.577,74 Euro für "Don Sobo" und seinen medialen Hofstaat.

Domino-Effekt nach Sobotka-Rücktritt?

Einen Rücktritt als Parlamentspräsident schloss Sobotka allerdings stets eisern aus - auch, als ihn im Vorjahr mehrere parlamentarische Fraktionen forderten. Und da die Architekten der Verfassung davon ausgingen, dass unumwunden honorige Personen dieses wichtige Amt bekleiden, gab es auch keine formelle Möglichkeit, ihn zum Rückzug zu zwingen. Und auch weiter will Sobotka die Legislaturperiode noch "fertig machen" - der auch als Ex-Innenminister nicht unumstrittene Politiker kandidiert bloß nicht mehr.

Dennoch ist es ein Rückzug mit Symbolwirkung, wie auch Hafenecker betont: "Es werden vermutlich noch viele Dinge aus der ÖVP-Familie bekannt werden. Vielleicht will die Volkspartei hier mit dem Rückzug Sobotkas vorbauen." Spannend bleibe dabei auch zu sehen, ob und wo Wolfgang Sobotka vielleicht in Zukunft auftauchen wird. Insgesamt, so der FPÖ-Generalsekretär, wäre die (Noch-) Kanzlerpartei "gut beraten, wenn andere mit dem gleichen undemokratischen Mindset seinem Beispiel folgen würden."  

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