'Mostviertel-Don' ganz frivol...

Schwarzer Sesselkleber: Sobotka verweigert Rücktritt eisern

Politik
Foto: (C) Parlamentsdirektion/Bubu Dujmic

Ist der Ruf einst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert: Diese Geisteshaltung scheint sich bei den schwarzen Spitzen-Funktionären immer weiter breit zu machen. Trotz der in den Pilnacek-Tonbändern erhobenen schweren Vorwürfe gegen ÖVP-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka denkt dieser gar nicht an einen Rücktritt. Damit bekleidet weiterhin ein Mann, gegen den im Raum steht, die unabhängige Justiz aus parteipolitischem Interesse beeinflusst haben zu wollen, das formell zweithöchste Amt im Staate.

Schwere Vorwürfe gegen Nationalratspräsident

Dass Sobotka ein Freund politischer Interventionen sein soll, ist nicht neu: Der "Mostviertel-Don" soll bereits als Finanz-Landesrat in Niederösterreich und als Innenminister alle Machthebel in Bewegung gesetzt haben, um die schwarze "Familie" zu schützen. So stand im Vorjahr im Raum, dass er eine Steuerprüfung bei seinem eigenen Verein abdrehen habe lassen. Versuche, die Justiz systematisch zu beeinflussen, unterstellte auch der - wie Der Status am Mittwoch exklusiv aufdeckte - unter höchst mysteriösen Umständen zu Tode gekommene Ex-Sektionschef Christian Pilnacek in einem Mitschnitt, der aktuell die österreichische Innenpolitik beschäftigt. 

"In jedem Gespräch sagt Sobotka, 'du hast selber versagt, du hast es nie abgedreht'": Das sind die Worte des in den Monaten vor seinem Tod bei der schwarz-grünen Regierung offenbar in Ungnade gefallenen Spitzenjuristen. Für praktisch alle Beobachter war klar: Gemeint waren damit Versuche, lästige Verfahren gegen die ÖVP und ihr Personal nach altbewährtem Prinzip zu "daschlogn". Doch bei der Kanzlerpartei hat man kein Einsehen, dass man den Bogen womöglich überspannt hat. Sobotka will von nichts wissen, sein Name ist Hase: Die Vorwürfe würden "in keinster Weise der Wahrheit" entsprechen.

Sobotka will Posten nicht räumen

Während die ÖVP also einerseits die "Pietätskarte" spielt, legt sie diese im eigenen Interesse situationselastisch aus, bezichtigt Pilnacek quasi postum der Lüge. Dafür dreht man auch dessen Aussagen unter Wahrheitspflicht vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss nach Belieben um. Außerdem handle es sich um eine illegal zustande gekommen Aufnahme, so Sobotka, dessen Partei vor vier Jahren wiederum keine Bedenken hatte, eine beim Volk beliebte Regierung wegen einer illegalen Aufnahme aus politischem Kalkül in die Luft zu sprengen.

Schon im U-Ausschuss sorgte Sobotka für Aufregung, seine Vorsitzführung stand mehrfach in der Kritik. Diese wollte er partout nicht zurücklegen, obwohl er selbst als Auskunftsperson geladen war - und verstieg sich zu absurden Vergleichen mit den 1930er-Jahren. Auch jetzt will er den Posten nicht räumen, sondern ihn "nach den gesetzlichen Vorschriften und nach bestem Wissen und Gewissen ausüben". Er weiß genau: Niemand kann ihn zum Rücktritt zwingen, da die Verfassung keinen Mechanismus zur Abberufung vorsieht. Indes ging der Urheber des Pilnacek-Mitschnitts an die Öffentlichkeit; auch dieser ist der Ansicht, dass Sobotka den Hut nehmen soll. 

FPÖ fordert erneut Rücktritt

Aus Sicht der Opposition ist dessen Verhalten ein neuer Beweis dafür, dass Sobotka dem Amt großen Schaden zufügt. Entsprechend nahm die FPÖ mit "Sobotka muss weg"-Tafeln an der heutigen Sitzung des Nationalrats teil. Parteichef Kickl sprach Klartext: "Der von den schweren Vorwürfen Betroffene ist heute hergegangen und hat sein Amt noch einmal dazu benutzt, um das Parlament zu missbrauchen. Denn nichts anderes hat Wolfgang Sobotka getan, indem er die ‚falsche Erklärung‘ abgegeben hat. Die einzig mögliche und richtige Erklärung wäre nämlich jene seines unverzüglichen Rücktritts gewesen! Das hätten die politische Sauberkeit und der Anstand geboten."

Er kritisierte nicht nur die "moralische Verwahrlosung" der schwarzen Spitze, sondern auch die laschen Reaktionen anderer Parteien: "Kein Sterbenswörtchen" habe man bis dato von SPÖ-Chef Babler und Grünen-Chef Kogler gehört. Die Grünen - die einst den "Anstand" plakatierten - seien "mittlerweile zu einem Schweigeorden verkommen". Kickl sieht den Bundespräsidenten in der Pflicht, zumal die Justiz nun einen Anfangsverdacht gegen Sobotka prüft; es gilt die Unschuldsvermutung. 

Greiser Hofburg-Schweiger schweigt

Doch der fürstlich alimentierte Hofburg-Greis tut das, was er am besten kann: Er schweigt auch nach zwei Tagen eisern. Doch anscheinend hat er keine Zeit oder Muße, sich um das Chaos im eigenen Land zu kümmern: Beginnt doch schon kommende Woche die UN-Klimakonferenz, bei der er die österreichische Abordnung anführen soll. Neben ihm nehmen auch Finanzminister Brunner (ÖVP) & "Klima"-Ministerin Gewessler (Grüne) teil. Keine mahnenden Zeigefinger, dass wir "nicht so sind", nicht einmal wohlfeile Reden über die "Schönheit der Verfassung". Das Staatsoberhaupt ist seit Bekanntwerden der Vorwürfe gegen die nächsthöchste Person im Staat auf Tauchstation. 

Grüne Sonntagsreden zum Anstand... 

Die Grünen versuchen es derweilen mit Schadensbegrenzung. Vize-Klubchefin Meri Disoski gab zu Protokoll, dass sie an Sobotkas Stelle einen Rücktritt vorgezogen hätte. Ähnlich äußerten sich Generalsekretärin Olga Voglauer und sogar Gesundheitsminister Johannes Rauch, selbst ein Sesselkleber vor dem Herrn, meinte: "Wäre ich in der Situation von Sobotka, ich hätte meinen Hut genommen." Nichtsdestotrotz sind es die üblichen Sonntagsreden, denn die Koalition wollen die Grünen offenbar um keinen Preis riskieren. Rauch gab sich damit zufrieden, dass seine Parteifreundin Alma Zadic als Justizministerin für Aufklärung "in aller Ruhe, Sorgfalt und Deutlichkeit" sorgen werde...

Und so konnte Cobra-Libre-Kanzler Nehammer für seinen treuen Parteifreund ausreiten: Sobotka habe sein Vertrauen. Alleine, dass man den Rücktritt in den Raum stelle, sei ein "Tiefpunkt der politischen Auseinandersetzung", er finde es "mehr als pietätlos, was hier gerade passiert." Er warf den politischen Mitbewerbern sowie Journalisten vor, die Totenruhe zu stören, um Politik zu machen. Wieder mal hält sich die ÖVP für unfehlbar, schuld sind alle anderen. Bei der Verteidigung seiner Person schaffte es Sobotka übrigens irgendwie, den Kampf gegen "Fake News" zu beschwören. Eine sonderbare Wortwahl, wenn man gerade im Zentrum unangenehmer Aufdecker-Geschichten steht...

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