Postenbesetzungen nur für 'Gute'

Der große Austausch: Systemparteien fürchten wegen AfD um Versorgungsposten

Politik
Bild: Freepik

Der Staat als Beute: Dies funktioniert nur, solange man selbst an den Trögen der Macht sitzt und wichtige Posten besetzen kann. Nun kommt Alarmstimmung bei den Altparteien auf. Denn schon bald könnte auch die AfD in Regierungsverantwortung kommen und hätte somit die Möglichkeit bei Personalentscheidungen mitzureden. Dagegen überlegt man nun, eine weitere Brandmauer zu errichten.

Systemparteien sorgen sich um Posten

Die Demokratie muss gesichert werden, so der Tenor von den Ampelparteien SPD, Grünen und FDP und auch von der Union. Denn, so erklärte der Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Bundestag Johannes Fechner vor einigen Tagen: "Laut Grundgesetz kann das Bundesverfassungsgerichtsgesetz mit einfacher Mehrheit geändert werden." Und das geht nach fast 75 Jahren Grundgesetz gar nicht, deshalb, so Fechner, müsse eine Zwei-Drittel-Mehrheit her, um das Gericht abzusichern.

Und auch Stephan Thomae, der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion. ist Feuer und Flamme für die Idee. Es gelte immerhin den Parlamentarismus und die Verfassungsgerichtsbarkeit widerstandsfähiger gegen angebliche "Feinde der Demokratie" zu machen.

Es geht um Spitzenposten

Aber mit dem Verfassungsgericht ist es noch lange nicht getan, sind sich die Vertreter der Altparteien sicher. Denn die Gefahr, die von der AfD ausgeht, ist noch viel größer. Immerhin könnte sie, wenn sie in eine Regierung kommt, auch das tun, was bisher eine Regierung immer gemacht hat: Posten besetzen und auch Personal austauschen. Gegenüber der Bild erklärt der Professor für Verfassungsrecht an die Universität Oldenburg Volker Boehme-Neßler: "In der Verwaltung können politische Beamte, also vor allem Staatssekretäre und Abteilungsleiter in den Ministerien, aber auch Generäle und Admirale der Bundeswehr ohne Begründung ausgetauscht werden."

Aber auch bei anderen politischen Postenbesetzungen, wie bei Polizeipräsidenten oder Präsidenten des Verfassungsschutzes könnte natürlich ein Austausch vorgenommen werden. "Mit Justiz und Verwaltung hätte die AfD schon große Bereiche, die sie gestalten könnte", so der Professor.

Bei den Grünen und ihrem Umbau in den Institutionen sorgte sich komischerweise noch niemand um "die Demokratie": 

Postenbesetzungen nur für die Guten

"Eine AfD-geführte Bundes- oder Landesregierung könnte alle politischen Beamten durch ‚eigene Leute‘ ersetzen", warnt auch der Professor für öffentliches Recht in Augsburg Josef Lindner. Wobei es eigentlich bisher schon immer Usus war und dies auch nie jemanden störte, dass eine neue Regierung die politischen Beamtenposten mit ihren eigenen Leuten besetzt, die das Vertrauen genießen. Regierungswechsel gingen immer mit einer Personalrochade einher.

Aber nun könnten halt die "Falschen" an die Versorgungsposten geraten. Ebenfalls eine Zwei-Drittel-Mehrheit für Besetzungen einzuführen, wie schon beim Verfassungsgericht gefordert, halten die Professoren allerdings für wenig geeignet. "Dann funktioniert die Verwaltung nicht mehr", gibt Boehme-Neßler  zu bedenken.

Pech für Grüne?

Lindner hat einen anderen Vorschlag: So könnte eine Änderung im Beamtengesetz als Maßnahme gegen die AfD dienen. Nur, wer nach Eignung und Leistung qualifiziert sei "und über eine hinreichende Erfahrung in dem Bereich verfügt", dürfte künftig als politischer Beamter ernannt werden. Doch eine derartige Regelung dürfte wohl kaum kommen, im Interesse des Altparteien-Kartells wäre sie jedenfalls nicht. Denn dann würden etwa Fragen aufkommen, was die jetzige Staatssekretärin und Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik im Auswärtigen Amt und ehemalige Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan für ihre Position im grünen Außenministerium so wirklich qualifiziert.

Aber auch der thüringische Verfassungsschutzchef Stephan J. Kramer müsste sich die Nachfrage gefallen lassen, wieso er diese Position ausfüllen kann, obwohl das Verfassungsschutzgesetz für diese Position eine Qualifikation zum Richeramt vorsieht - möglicher Ermessensspielraum hin oder her. Ebenso wäre die Qualifikation interessant, die Claudia Roth zur Staatsministerin beim Bundeskanzler sowie Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien prädestiniert. Und selbst wenn jemand formell für einen Posten qualifiziert ist, heißt das nicht, dass er gute Arbeit leistet. Ein Politologie-Studium feite etwa Ex-Staatssekretärin Sawsan Chebli (SPD) nicht vor fachlicher Unfähigkeit.

Sind nicht alle ein bisschen Graichen?

Ein Vorschlag wäre zudem, derartige Posten nicht nur an die Qualifikation zu knüpfen, sondern auch öffentlich auszuschreiben. Dies würde allerdings auch die bisher übliche Mauschelei im Hinterzimmer abschaffen, mit denen man bisher sein "Lieblingspersonal" in hohe Posten und Ämter beförderte. Dabei sehen die Professoren aber grundlegend Reformbedarf. Denn gerade auch die Graichen-Affäre im Habeckschen Ministerium zeigt, wie schnell mittels Vetter- oder Trauzeugenwirtschaft ein einflussreiches Netz in einem Ministerium gesponnen werden kann, welches dann aus ideologischen statt aus rationalen Gründen Politik macht.

Derartige Reformen wären auch für die "demokratischen" Parteien mehr als schmerzhaft. Aber im Falle von Wahlniederlagen - oder beim Verschwinden in der politischen Versenkung, wie es sich bei der FDP abzeichnet - könnte man den Status quo einzementieren und "eigene Leute" in wichtigen und einflussreichen Positionen vor möglichen Ablösungen schützen und sie weiter gut versorgt lassen. Der tiefe Kartellparteien-Staat soll seine Abwahl schließlich überleben. Am Ende verkauft man des dem Bürger vielleicht auch noch als Wohltat für das Steuersäckel, weil manche Parteisoldaten auf Versorgungsposten mitunter am freien Arbeitsmarkt schwer vermittelbar wären...  

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