Weichenstellung Richtung Einheitspartei

Jetzt ist Vorsicht geboten: Wer CDU wählt, wählt unter Umständen die Linkspartei

Politik
Symbolbild: Freepik; Parteilogos (2): Wikimedia Commons, gemeinfrei; Komposition: Der Status.

Wenn es um den Machterhalt oder die Möglichkeit geht, zu regieren, sind alle Mittel recht. Zwar ist dies in Deutschland derzeit nicht so einfach, denn von linker Seite wurden Brandmauern errichtet, an die sich gefälligst alle anderen Parteien auch zu halten haben. Allerdings kann sich dies schnell ändern, wie eine Äußerung des schleswig-holsteinischen CDU-Ministerpräsidenten Daniel Günther. Denn der findet die Linkspartei plötzlich ganz toll. Auch wenn er gleich ein bißchen zurückrudert.

Die "Mitte" als Steigbügelhalter

Die Union als Steigbügelhalter und Mehrheitsbeschaffer für linke Politik: Diese bittere Wahrheit wollen sich vor allem die Wählerschichten der Generation 65 plus nicht eingestehen. So käme, bei einer Umfrage in Hessen, wenn am Sonntag Landtagswahl wäre, die CDU bei dieser Alterskohorte auf ganz 47 Prozent, während sie bei ein 18- bis 34-jährigen gerade einmal die Hälfte (25 Prozent) der Stimmen erreichen würde.

Auch bei Umfragen zur Bundestagswahl hätte die Union derzeit mit 31 Prozent die Nase vorn, zweitplatziert wäre die AfD mit rund 18 Prozent. Die Ampelparteien sind weit von einer Mehrheit entfernt. Wer sich allerdings eine Wende in der Politik erhofft, dürfte auch in Zukunft bitter enttäuscht werden, zumindest wenn er dazu auf die CDU setzt.

Bei Union bald Linkspartei drin?

Denn schon in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Brandenburg, Sachsen, Baden-Württemberg ist die CDU mit den Grünen in einer Landesregierung. Und in Thüringen stützte man die vergangenen Jahre eine Minderheitenregierung aus Linkspartei, SPD und Grünen. Und in Zukunft, wenn die anstehenden Landtagswahlen geschlagen sind, könnte die CDU wohl sogar noch weiter nach links rücken, wenn es die "Staatsräson" bzw. das Parteienkartell verlangt.

Einen Vorstoß in diese Richtung ließ nun der CDU-Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein Daniel Günther anklingen. Gegenüber der Frankfurter Allgemeinen erklärte er, dass man AfD und Linkspartei nicht gleichsetzen dürfte. Denn es gäbe keinen gleich großen Abstand "zur Linkspartei und zur AfD, und Bodo Ramelow ist keine Gefahr für die Demokratie."

Brandmauer gegen Links fällt?

Zwar war es bei der Union bisher Usus, bei der SED-Nachfolgepartei nicht anzustreifen oder mit ihr Zusammenarbeiten, aber wenn Günther seinem Amtskollegen aus Thüringen breits Rosen streut und weiter erklärt, dass Ramelow ein kluger Mensch sei, "den ich schätze und der in der Ministerpräsidentenkonferenz mit allen Kolleginnen und Kollegen zusammenarbeitet" - was sollte er auch anders tun - scheint man bereits die Weichen zu stellen. Denn so Günther weiter, sei die AfD in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen bereits von den Landesämtern für Verfassungsschutz als "gesichert rechtsextrem" eingestuft worden.

Angeblich ein Riesen-Unterschied zur Linkspartei, die immerhin in Thüringen seit Jahren den Ministerpräsidenten stelle. "Weder wurde die Demokratie in Thüringen in den vergangenen zehn Jahren abgeschafft, noch war sie gefährdet. Das ist mit der AfD jetzt anders", so der schleswig-holsteinische Ministerpräsidenten, der sich schon 2018 für mögliche Zusammenarbeiten mit der Linkspartei bei Regierungsbildungen auf Länderebene aussprach.

Erfolgreiches "Pre-Teaching"?

Dabei übersieht der tapfere CDUler allerdings, dass Sachsen und Thüringen heuer den Landtag wählen und es für die vermeintlich "demokratischen" Parteien in Umfragen derzeit alles andere als rosig ausschaut. Ein besonderer Fall ist dabei sogar noch Thüringen, denn der Linkspartei bzw. genauer deren Vorgängerpartei SED, lag Spitzelwesen und Kriminalisierung der Opposition jahrzehntelang in der DNA. Und in Sachsen-Anhalt, wo heuer zumindest die Kommunalwahlen geschlagen werden, wären bei der Sonntagsfrage zur Landtagswahl CDU und AfD ungefähr gleichauf.

Zwar rudert Günther auch gleich zurück und erklärt, dass er er keine Koalition mit der Linkspartei anstreben würden - auch die Bundes-CDU verkündete sofort, es werde keinerlei Koalition mit der Linkspartei geben. Aber die Idee, dass die Linkspartei gar nicht so böse ist und eigentlich zu den Guten gehört, ist erst einmal in den Köpfen angekommen. Und dann ist der Widerstand geringer, wenn es tatsächlich so kommt. Diesen psychologischen Trick bezeichnen Fachleute als "Pre-Teaching"; ein berüchtigtes Beispiel lieferte die Corona-Zeit, als man sich von Lockdowns, Maskenpflichten, 2G-Regeln und Impfpflichten zuerst vorsorglich distanzierte, um sie dann doch einzuführen.

Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern

Und wenn es nach den Wahlen darum geht, je nach Ergebnis Mehrheiten zu beschaffen und die Alternative weiter auszugrenzen, erinnert sich die CDU, die sich weit von ihren Wurzeln entfernt hat, sich geschwind an das Zitat "Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern", welches dem ersten CDU-Bundeskanzler Konrad Adenauer, wenn auch fälschlicherweise, häufig zugeschrieben wird. Und gegenüber dem neuen Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) gibt es ohnehin noch keinen Beschluss, der eine Zusammenarbeit untersagen könnte.

Allerdings ist eher nicht anzunehmen, dass Koalitionen mit CDU und - je nachdem, wie viele Stimmen man noch braucht - mit SPD, Grünen, BSW den Politikwechsel vollbringen, den sich viele Bürger angesichts der Ampelregierung im Bund wünschen. Sicher dürften nur zwei Dinge sein: Erstens, man was nicht was man bekommt, wenn man sein Kreuz bei der CDU macht - und zweitens dürfte bereits feststehen, dass der Wille eines großen Teiles der Wähler, die für die AfD stimmen, wieder einmal einfach ignoriert werden wird.

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