Wann fällt Scholz um?

Gezerre vor NATO-Gipfel: Selenski fordert baldige Aufnahme der Ukraine

Politik
Flaggen: Freepik (2); Selenski: Flickr, CC PDM 1.0; Komposition: Der Status.

Es kommt immer, wie es kommt. Der dreist fordernden Haltung der ukrainischen Politik kann derzeit wohl kaum ein Politiker etwas abschlagen, möchte er nicht im Kreis der seinen als Buh-Mann gelten. So kommt es nun auch vor dem NATO-Gipfel in Vilnius zu hektischen Debatten, wie man mit einem NATO-Beitritt der Ukraine verfahren soll. Zumal auch Selenski wieder das tut, was er am Besten kann: Forderungen stellen.

Angebotener Finger? Selenski fordert ganzen Arm!

Heute Streubomben, morgen die NATO-Mitgliedschaft und übermorgen Atomwaffen für das Selenski-Regime in Kiew: Derzeit scheint nichts unmöglich. Wurde auf der Münchner Sicherheitskonferenz Anfang des Jahres noch die ukrainische Forderung nach der Lieferung von geächteten Streubomben und Phosphormunition selbst von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg zurückgewiesen - und selbst Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg den Wunsch nach derartigen Waffen kritisierte - sieht es nun, nur ein paar Monate später ganz anders aus.

Die USA liefern nun offiziell die international geächtete Munition, die Hintertür durch die Türkei braucht es nicht mehr - Der Status berichtete. Nach diesem "ukrainischen Forderungssieg" ist nun die Schlacht um den NATO-Beitritt voll entflammt. Wobei dies auch überhaupt erst einer der Gründe für den Krieg war.

Forderungen nach Entscheidung am Gipfel

"Wir möchten, dass alle Entscheidungen während des Gipfels getroffen werden. Ich will nicht zum Spaß nach Vilnius fahren, wenn die Entscheidung schon vorher gefallen ist", ließ der ukrainische Machthaber Wolodymyr Selenski über Medien den Politikern der NATO-Staaten vor dem Gipfel ausrichten. Wobei dies wohl eher auf US-Präsident Joe Biden, der derzeit nach einem Koksfund im Weißen Haus auch andere Probleme als neue Forderungskataloge aus Kiew hat, und auf den deutschen SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz abzielte.

Denn beide hatten zuvor kundgetan, dass sie die Ukraine noch nicht reif für eine NATO-Mitgliedschaft halten. Unterstützung bekommt Selenski hingegen von anderen Staaten, wie Frankreich, Großbritannien oder Polen, die eine Einladung der Ukraine befürworten, sobald es einen Waffenstillstand mit Russland gibt. Eine solche formelle Einladung in die NATO hatte Kiew vorab gewünscht, war allerdings auf Granit getroffen.

Schneller Beitritt nach Vorbild Finnlands?

Nun scheint die USA aber von ihrer bisherigen Linie - die auch die deutsche war - abzuweichen. Bisher hielten Berlin und Washington an dem bereits 2008 für die Ukraine formulierten "Membership Action Plan" fest, der eine Reihe wirtschaftlicher und politischer Reformen gehörte, neben weiteren Schritten und Bedingungen, die Kiew vor einer Einladung in die Nato erfüllt haben müsste.

Wie nun die Bild jedoch aus einem vertraulichen deutschen Regierungsdokument berichtet, erklärten die USA "ihre Zustimmung zum Verzicht auf einen 'Membership Action Plan' für die Ukraine unter der Bedingung weiterer Reformen". Dies würde bedeuten, dass der Weg zum Beitritt abgekürzt wird, wie Bild einen Diplomaten zitiert: "Was wir der Ukraine anbieten wollten, war das Finnland-Modell, also einen Beitritt binnen Monaten, sobald die Kriegshandlungen abgeschlossen sind."

Wann fällt Scholz um?

Ohne Rückendeckung des großen Bruders aus Übersee, der dem deutschen Kanzler in dieser Frage den Rücken stärkte, ist ein Abrücken der Bundesregierung kurz vor dem dieser Tage stattfindenden Gipfel in Vilnius wohl nur noch eine Frage der Zeit. Zwar zitiert die "Bild" auch aus dem Dokument den Standpunkt der Ampelregierung, wo es heißt, man werde "keiner Sprache zustimmen, die den Eindruck eines 'fast tracks' zu einem ukrainischen Beitritt vermitteln würde" und eine "Neuverhandlung der Entscheidung von Bukarest 2008" sei für die Bundesregierung "ausgeschlossen". Doch das waren Panzerlieferungen bekanntlich auch einmal...

Und auch bei der Lieferung von Streumunition fehlt bisher die sonst zu allen Gelegenheiten geprobte moralische Empörung. Dass Deutschland also im NATO-Abschlussdokument "weder die Erwähnung einer Einladung" noch die Erwähnung "des rechtmäßigen Platzes der Ukraine in der NATO" akzeptieren werde, ist vermutlich schon reine Makulatur und nicht das Papier wert, auf dem es steht.  Zumal offenbar auch der Druck auf Scholz bereits zunimmt. Die "Bild" berichtet von wachsendem Unmut in NATO-Kreisen über die Haltung Berlins und ob Scholzens propagierte sicherheitspolitische "Zeitenwende" also "wohl nicht für die Ukraine" gelte.

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