Filz ohne Ende

Habeck opfert Graichen: Doch grüne Clan-Struktur werkelt heimlich weiter

Politik
Ministerium: A.Savin, Wikimedia Commons (free use); Stammbaum: Freepik; Graichen: Stephan Roehl/Heinrich-Böll-Stiftung, Flickr, CC BY-SA 2.0; Habeck: Raimond Spekking, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0 (beide freigestellt); Komposition: Der Status.

Nach wochenlangen Enthüllungen über die grünen Klüngel um Wirtschafts- und Energieministerium, das in seiner Personalstruktur mehr einem Familientreffen als einem Arbeitsplatz glich, muss der umstrittene Staatssekretär Patrick Graichen, der im Zentrum dieses illustren Netzwerkes stand, seinen Posten räumen. Doch es ist nur ein allzu billiges Bauernopfer: Nicht nur wird sich sicherlich wieder ein wohldotierter Versorgungsjob finden, die Clan-Struktur im Ressort ist zu großen Teilen weiter in Amt und Würden.

Clan-Netzwerk um Graichen: Habeck zieht Reißleine

Alles begann mit der nicht gerade besonders seriösen Optik, dass neben Patrick Graichen auch seine beiden Geschwister Verena und Jakob im Umfeld des Ministerium arbeiten und diesem etwa über das mit Steuergeld aus dem Ressort geförderte "Öko-Institut" zuzuarbeiten. Zu allem Überdruss handelt es sich bei Habecks zweitem Staatssekretär Michael Kellner wiederum um den Mann von Verena Graichen: Die beiden Top-Beamten unter Habeck sind also der Schwager des jeweils anderen  - alles bleibt in der Familie sozusagen. Habeck selbst wiederum empfing unlängst einen Preis aus den Händen seines eigenen Bruders für seine politische Arbeit... 

Als würde dies alles nicht ausreichen, gesellte sich zuletzt die "Trauzeugen-Affäre" dazu. Denn in der Bestellungskommission für den neuen Chef der Deutschen Energie-Agentur (dena) saß auch Patrick Graichen. Den Vorzug bekam letztendlich sein Trauzeuge und Ex-Mitarbeiter bei der "Agora Energiewende", der Grünen-Politiker Michael Schäfer, der mittlerweile vom Antritt der Stelle absehen möchte. Graichen rechtfertigte sich damit, dass er das Gros der übrigen Bewerber ebenfalls aus seinem beruflichen Umfeld kenne. Details wie, dass Graichen auch für die Förderung der Firma seines eigenen Referatsleiters zuständig war, wirken da wie ein Tropfen auf dem heißen Stein der Vetternwirtschaft.

Rochade der Posten und Parteifreunde? 

Nachdem Habeck den Deckel nicht mehr auf der Causa halten kann - zuletzt mehrten sich sogar die (allerdings unverifizierten) Gerüchte, wonach die neue Uniper-Finanzchefin, die erst vor wenigen Monaten nach der staatlichen Rettung des Konzerns bestellt wurde, ebenfalls in einem engeren familiären Verhältnis zu Graichen steht - zieht er also die Reißleine. Er gibt seinen am Gipfel des Weltwirtschaftsforum (WEF) geschulten Netzwerker als Staatssekretär auf. Der Rückzug war bereits vor einer Woche im Raum gestanden. Ob es nur eine strategische Postenrochade ist, bei der Graichen in absehbarer Zeit wieder in einflussreicher Position im Habeck-Dunstkreis auftaucht, wird sich weisen. 

Als die Gerüchte über eine Graichen-Ablöse erstmals die Runde machte, wurde sein Vorgänger an der Spitze der "Agora" Rainer Baake als Staatssekretär, und als möglicher Nachfolger ins Spiel gebracht. Allerdings ist der Leiter der vom US-Investor und Agora-Gründer Hal Harvey mitgegründete "Stiftung Klimaneutralität" ebenfalls bekanntermaßen Teil des grünen Familiennetzwerks im Habeck-Ressort. Der "Focus" benennt nun wiederum Klaus Müller, den bisherigen Chef der Bundesnetzagentur, als Favoriten für die Graichen-Nachfolge. Ein wirklicher Neubeginn ist das nicht: Denn Müller ist natürlich auch Grünen-Politiker - und zwar aus Habecks Heimatbundesland. 

Müller riet Deutschen zu Duschverzicht

In Schleswig-Holstein agierte Müller - wie Habeck später - einst als grüner Umweltminister, ehe er im März des Vorjahres zur Bundesnetzagentur berufen wurde, die in einem Abhängigkeitsverhältnis zur Bundesregierung steht. Im Vorjahr sorgte er angesichts der Gaspreis-Explosion infolge der Selbstmord-Sanktionen mit skurrilen Tipps für bundesweites Kopfschütteln. Er riet den Bürgern, im Idealfall gegen Putin zu stinken: "Die Frage ob man tatsächlich noch sieben Mal die Woche warm duschen muss - mit einer Gasheizung - die müsste man sich dann noch mal neu stellen." Außerdem empfahl er die Drosselung der Zimmer-Temperatur auf lediglich 17 bis 18 Grad.

Dass der vehemente Unterstützer der Habeck'schen Energiewende sich mit solchen Ausritten für ein noch höheres Amt im Ressort seines mittelbaren Polit-Nachfolgern zu empfehlen scheint, würde davon zeugen, dass es Habeck gar nicht um ein Aufräumen in seinem Ministerium geht, sondern er einfach aus den Schlagzeilen kommen will. Man nähme einen Vertrauten aus der Schusslinie, um sich einen neuen Vertrauten in den inneren Kreis des grünen Ministeriums-Clans zu holen. Die Systemmedien geben schon mal den Vertrauensvorschuss: Denn, dass dessen Polit-Karriere bei den Grünen stattfand verschweigt der "Focus" in seinem Artikel über Müller geflissentlich...

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