Ärztekammer in der Sinnkrise

Kammer der Korruption: Jetzt auch Anzeige gegen Szekeres-Nachfolger Steinhart

Politik
Bild: Clemens Mosch, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0 (Bildausschnitt)

Wer gedacht hatte, die österreichische Ärztekammer kommt nach dem Abtritt des skandalumwitterten Ex-Präsidenten Thomas Szekeres aus den Negativschlagzeilen, wurde eines Besseren belehrte. Erst im Jänner mussten zwei Top-Manager gehen, weil sie im Verdacht standen, große Summen aus dem Bereich des Ärzte-Einkaufsservices "Equip4Ordi" (E4O) abgezweigt zu haben. Derselbe Dienst steht nun im Mittelpunkt der Vorwürfe gegen Neo-Chef Johannes Steinhart: Im Raum steht eine unlautere Wahlkampffinanzierung. Doch es ist nur ein Symptom für der den Zustand der Kammer: Die Probleme sind systemisch und es brodelt in der Ärzteschaft...

Unlautere Wahlkampf-Finanzierung?

Der gelernte Österreicher weiß nach Jahrzehnten des Proporzes: Alles, wozu rote Günstlinge und Funktionäre imstande sind, können auch ihre schwarzen Gegenparts. Dies gilt auch bei der Erzeugung schiefer Optiken. Vor ziemlich genau einem Jahr waren viele Ärzte froh, als sie Skandal-Szekeres loswurden: Der SPÖ-nahe Ärztevertreter hatte gegen impfkritische Ärzte gehetzt, unter seiner Ägide wurden aus den Beiträgen der Mediziner Luxus-Immobilien zu überteuerten Preisen angeschafft. Doch nun holen die kolportierten Malversationen auch seinen ÖVP-nahen Nachfolger Johannes Steinhart ein. 

Konkret geht es um einen Marketing-Zuschuss von 240.000 Euro, der im Vorjahr von E4O an eine Wiener IT-Firma überwiesen wurde. Aus diesem Geld erwarb man Lizenzen für eine Arztpraxis-Software: Dies behauptet die Anzeige von Anwälten der ausgelagerten Gesellschaft. Sie werfen Steinhart & Co. vor, diese Lizenzen an Wahlkampfgeschenke an Ärzte verteilt zu haben. Der wiederum streitet dies vehement ab, spricht von "unwahren" Vorwürfen, die eine "reine Erfindung" seien. Seine Liste habe durch keinerlei Zuwendungen von E4O profitiert, er sei Opfer einer "Kampagne". Das Naheverhältnis zu einem wegen der E4O-Betrugsvorwürfe entlassenen Mitarbeiter setzt ihm allerdings zu. 

Machtkampf, während Versorgung einbricht

Was an den Vorwürfen dran ist, wird sich weisen. Fix ist allerdings: Es gärt und brodelt in der Ärzteschaft, die Unzufriedenheit wächst - und so auch die Intrigen gegeneinander. Steinhart wollte zuletzt mithilfe seiner Unterstützer Erik Randall Huber, seinen Nachfolger als Obmann der Kurie niedergelassener Ärzte, absetzen lassen. Dieser wiederum gilt als Urheber der Vorwürfe gegen seinen Vorgänger. Dessen Unterstützer wiederum wollen die Vereinsspitze der Steinhart-Liste umbilden und diesen damit faktisch entmachten; Finanzreferent Frederic Tömböl spitzt auf den Posten als Fraktionschef und kündigt seine Kandidatur dafür an. 

Damit will er den Schaden in der Außenwirkung verhindern - doch der ist längst geschehen. Die größte Fraktion um Steinhart ist mit sich selbst beschäftigt; die zweitgrößte Fraktion leckt ihre Wunden nach dem Sturz ihrer skandalumwitterten Galionsfigur Szekeres. Auf der Strecke bleiben währenddessen die Anliegen und Sorgen der Ärzte. Und davon gibt es wahrlich genug. Unzählige Kassenstellen können nicht nachbesetzt werden, in manchen Bezirken droht die Versorgung zusammenzubrechen. Das maue Ergebnis der Honorar-Verhandlungen verärgert viele Mediziner. Als Sündenbock wurden letztlich die Wahlärzte dargestellt - was diese wiederum nicht auf sich sitzen lassen.

Polit-Packelei als Kardinalfehler der Ärztechefs

All dies ist aber nur symptomatisch für die tiefgreifenden Probleme einer Ärztekammer, die sich in den letzten Jahren als Liebkind der Corona-Einheitsfront gefiel. Wie Der Status aufdeckte, diktierte die damalige Kammer-Führung dem Impfgremium sogar die Impf-Empfehlungen. Eine maßlose Selbstüberschätzung, ebenso wie die Disziplinarverfahren, mit denen Szekeres & Co. ihre Kritiker eindeckten. In deren Fall stellte der Verfassungsgerichtshof unlängst fest, dass diese Verfahren unrechtmäßig sind. Zum Drüberstreuen fuhr die Ärztekammerspitze mit einem absurden Prozess gegen Prof. Andreas Sönnichsen wegen Impfbefreiungs-Attesten ein - dieser errang einen Freispruch.

Strasser: Kammer in "tiefer existenzieller Krise"

Scharfe Kritik am Agieren der gesamten Kammerführung übt auch Mut-Arzt Dr. Hannes Strasser von den "Freien Ärzten Tirol". Der systemkritische Mediziner und Bestseller-Autor (u.a. "Die Schwurbler hatten doch recht..." - hier bestellen!) spricht gegenüber Der Status von einer "tiefen existenziellen Krise" der Kammer. Knackpunkt hierfür sei das Verhalten der letzten Jahre: "In der Corona-Zeit 'packelte' die Ärztekammer-Führung mit der Regierungspolitik und arbeitete massiv gegen kritische Ärzte. Ihr Verhalten und das vieler Ärzte hat dem Ansehen der Ärzteschaft geschadet." 

Strasser kritisiert auch den Umstand, dass "das Establishment der Ärztekammer an einer Zusammenarbeit mit oppositionellen Gruppen überhaupt nicht interessiert und einfach 'weiterwurstelt'." Er nehme als Kammerrat jedenfalls wahr, dass "die Skandale der Ärztekammer und die schlecht gelaufenen Honorar-Verhandlungen der Kassenärzte für großen Unmut in der Ärzteschaft sorgen". Man fühle sich nicht mehr vertreten - und das könne nicht gut gehen. Er mahnt die Ärztekammer-Spitze zur sofortigen Umkehr: "So kann es nicht weitergehen, sonst wird die Ärztekammer nur mehr ein Problemherd sein und politisch überflüssig werden." 

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