Soziale Kälte, aber in Rot...

Weniger Arbeit & weniger Lohn: SPÖ führt Bürger mit irrem Modell hinters Licht

Soziales
Familie: Freepik; Rendi-Wagner: SPÖ-Parlamentsklub / Kurt Prinz, [url=https://commons.wikimedia.org/wiki/File:15.02.2023_„Rotes_Foyer“_mit_Rendi-Wagner,_Holzleitner_und_Muchitsch_(52690372496).jpg]Wikimedia Commons[/url

Dass sich Menschen teilweise für Hohn-Löhne halb zu Tode arbeiten müssen, womöglich nicht einmal ihre zahlreichen Überstunden ausbezahlt bekommen und sich dann erst recht kein würdevolles Leben leisten können, ist ein übler Schiefstand in Teilen der "freien Wirtschaft". Mitten in der höchsten Inflation seit 70 Jahren gibt nun die SPÖ scheinbar ihren Kampf für höhere Löhne auf. Ihr neuester Geistesblitz: Menschen am Existenzminimum sollen für Gehaltseinbußen künftig einen Tag länger in der Woche frei haben, an dem sie ihrer Familie keine leistbaren Freizeitaktivitäten gönnen können.

Rote Blender schwindeln Briten-Projekt zurecht

Im üblichen Zusammenspiel zwischen Gewerkschaften, Mainstream-Medien und Partei-Propaganda spielt sich die in Umfragen strauchelnde SPÖ als vermeintliche Arbeiterpartei auf. Sie fordert einen Übergang zur Vier-Tage-Woche und verweist dabei auf ein Pilotprojekt in Großbritannien, wo ein solches bei vollem Lohnausgleich ein voller Erfolg gewesen sei. Die Mitarbeiter wurden umgerechnet auf ihre Arbeitszeit produktiver, hatten weniger Krankenstände - und es kam zu weniger Kündigungen, sondern sogar zu Neuanstellungen. 56 der 61 Firmen wollten es beibehalten. Dieses Modell, das die "Work-Life-Balance" stark betont, klingt wie die eierlegende Wollmilchsau... oder etwa nicht? 

Die roten Genossen verschweigen allerdings in ihrem aktuellen Vorstoß zwei Dinge geflissentlich. Zum einen handelte es sich bei den 61 am Pilotprojekt teilnehmenden Briten-Firmen nicht maßgeblich um typische "Hackler"-Unternehmen. Mit einem Fish-and-Chips-Laden und einer Altenpflege-Organisation befand sich gerade einmal zwei Betriebe darunter, welche die Lebens- und Einkommensrealität durchschnittlicher Arbeiter abbilden. Der Rest reichte von Architekturbüros über Banken bis hin zu Technologie-Unternehmen - also eher nicht die Niedriglohn-Sektoren. Und: Beim SPÖ-Modell ist eigentlich kein voller Lohnausgleich vorgesehen, sondern sogar eine Lohnkürzung!

Weniger verdienen trotz Rekord-Inflation

Dies lässt zumindest eine Aussendung aus der Vorwoche vermuten: Dort ist die Rede von "95 Prozent des Nettogehalts bei 20 Prozent weniger Arbeitszeit". Das heißt in Wahrheit: Arbeiter sollen bei einer offiziellen Teuerungsrate von über 11 Prozent, die bei alltäglichen Gütern wie Lebensmittel und Energie ohnehin weitaus höher ausfällt, auf fünf Prozent ihres Nettogehalts verzichten. Für Personen, die etwa 1.700 Euro brutto verdienen - vom SPÖ-Blog "Kontrast" noch vor 18 Monaten als "existenzsichernder" Lohn bezeichnet - wäre das der Fall unter die Armutgefährdungsschwelle, die bei der letzten Erhebung im Jahr 2021 bei 1.371 Euro netto für Einpersonenhaushalte lag.

Die SPÖ verkauft ihren Vorstoß freilich andersherum: "Das Leben wartet auf niemanden [...] Gibt es Wertvolleres als Zeit?" Für Menschen, die sich für Hohn-Löhne kaputt arbeiten, klingt dies wie ein Schlag ins Gesicht. Zwar müssen sie dann tatsächlich weniger Zeit im Ausbeuter-Betrieb verbringen, der glaubt, Menschen leisten aus reinem Idealismus oft über die Regelarbeitszeit hinaus schwere Arbeit, um spätestens zum 50. Geburtstag aufgrund physischer & psychischer Überlastung wie wandelnde Leichen auszusehen. Bei finanzschwachen Familien heißt dies aber auch: Man verdammt sie um 50% länger pro Woche zum Daheimsitzen, weil sie sich Freizeitangebote nicht mehr leisten können...

"Mehr Freizeit" als unrealistische Folge

Dass die SPÖ ein solches Modell ernsthaft als "soziale Gerechtigkeit" verkauft, zeigt, wie sehr sich die einstige Arbeiterpartei unter ihrer Bilderberger-Chefin "Joy Pam" von der Lebensrealität der "Hackler" entfernt hat. Für Arbeiterfamilien in Regionen mit hohen Mietpreisen und Lebenshaltungskosten war es oft bislang bereits nötig, dass beide Elternteile in Vollzeit arbeiten, um überhaupt über die Runden zu kommen und den Kindern im Sommer einen viertägigen Campingurlaub am Gardasee bieten zu können.

Wenn ein Familienvater plötzlich teils über 100 Euro im Monat weniger nach Hause bringt, zugleich aber der Wocheneinkauf über ein Monat gerechnet um ein Vielfaches dieses Wertes teurer wird, ist er mitunter gezwungen, einen zweiten Job in Teilzeit anzunehmen, um seine Familie ernähren zu können. Die "neu geschaffenen" Arbeitsplätze würden also zum Teil von jenen eingenommen, denen man die Arbeitszeit-Verkürzung zuerst mit "mehr Freizeit" schmackhaft machen wollte: völlig absurd.

Für zigtausende Menschen, die in ihrem Hauptjob kein Einkommen zum Auskommen mehr verdienen, wäre die vermeintliche "32-Stunden-Woche" in der Realität eine 50-Stunden-Woche. Zumal davon die 95 Prozent Lohnausgleich offenbar die Maximalforderung sind: Übernimmt ein Arbeitsminister, der alleinerziehenden Müttern und anderen Teilzeitkräften die Sozialleistungen kürzen will, den Gedankengang, hieße 20 Prozent weniger Arbeit wohl auch ähnlich viel weniger Lohn...

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