Ausschaltung der Demokratie von oben

Jetzt kritisiert ihn sogar Klitschko: Selenski baut Ukraine zu autoritärem Staat um

Politik
Selenski: President.gov.ua, Wikimedia Commons; Klitschko: Kyivcity.gov.ua, Wikimedia Commons (beide CC BY 4.0); Komposition: Der Status.

Schon seit geraumer Zeit gibt es Spannungen in der ukrainischen Polit-Elite. Doch seit die Gegenoffensive verpuffte, treten diese immer offener zu Tage. Nun sparte Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko nicht mit Kritik an Ukraine-Machthaber Wolodymyr Selenski. Er warf dem Staatschef nämlich vor, dass die Ukraine sich unter seiner Führung immer mehr zu einem autokratischen Staat ohne Demokratie entwickle.

Risse in Ukraine-Junta sichtbar

Die Risse in der ukrainischen Militär-Junta scheinen immer größer zu werden. Bereits im ersten Kriegswinter, im November 2022 hatte Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenski dem Kiewer Bürgermeister kritisiert und ihm Fehler und Nachlässigkeiten bei der Stromversorgung der Hauptstadt vorgeworfen. Damals hatte Klitschko noch zu Zusammenhalt aufgerufen, das politische Geplänkel an sich abperlen lassen und Lösungen für die Stromausfälle versprochen. Auch mit der Öffnung von Bunkern gab es angeblich Probleme.

Im Dezember 2023 übte er leise Kritik an Selenski. In einem Interview erklärte er, dass es ihn nicht wundere, dass die Popularität des Präsidenten sinke. "Leute sehen, wer effektiv ist und wer nicht. Und es gab und gibt viele Erwartungen. Selenski zahlt für Fehler, die er gemacht hat", so Klitschko, der sich wenige Wochen später wieder in den Medien wiederfand, diesmal allerdings aufgrund einer Millionen-Villa in Hamburg.

Autoritärer Staat

Teilweise wurden Vermutungen laut, dass dieser Skandal aus dem Umkreis des Präsidenten befeuert wurde. Und nun ist Klitschko abermals prominent in den Medien, diesmal mit einem Interview in der kanadischen Zeitung "The Globe and Mail". Und in diesem lässt Klitschko ziemlich vom Leder. So verleiht er seiner Befürchtung Ausdruck, dass die Freiheiten und Reformen, für die die Ukrainer im Laufe von zwei prowestlichen Revolutionen ab dem Beginn dieses Jahrhunderts gekämpft hätten, zunichte gemacht werden.

Der jetzige Kiewer Bürgermeister war schon vor dem Maidan-Putsch vom Westen für hohe politische Ämter in der Ukraine vorgesehen. Er wollte sogar für das Präsidentenamt kandidieren, um den Einfluss Russlands zurückzudrängen. Im Interview erklärt er nun, dass er es als seine Pflicht ansehe, seine Stimme zu erheben, wenn sich die Ukraine von den demokratischen Grundsätzen entfernt, für die sie eigentlich kämpfen sollte. "Die Bewegung, die wir im Moment sehen, kann ich nicht als Demokratie bezeichnen. Es riecht nach Vertikalismus und Autoritarismus", so Klitschko.

Gleichschaltung der Medien und Zentralisierung

Besonders kritisiert der Ex-Boxer und nunmehrige Politiker die Gleichschaltung der Medien und auch zunehmende antidemokratische Tendenzen im Land. So hätten die  haben die wichtigsten Fernsehsender der Ukraine in den vergangenen 23 Monaten ein einziges Programm, den United News Telemarathon, ausgestrahlt. Nach Ansicht Klitschkos bleibe zudem kein Raum für abweichende Meinungen. Journalisten, die Präsident Selenski und seiner Regierung kritisch gegenüberstehen, gerieten immer weiter unter Druck.

Aber auch in der Verwaltung seien diese autoritären Tendenzen zu bemerken. So seien seit Beginn der russischen Invasion im Februar 2022 mehr als 200 Bürgermeister und Gemeinderatsvorsitzende im ganzen Land durch Militärverwalter ersetzt worden. "Dahinter steckt der Wunsch einiger Leute - ich kann ihre Namen nicht nennen - aber sie wollen, dass alles zentralisiert wird, und deshalb sehe ich zentralisierte Medien und Fernsehen in der Ukraine, und sie versuchen auch, die Macht zu zentralisieren, um eine Vertikale aufzubauen", so Klitschko.

Es sind harte Worte - denn er spielt damit auf den Begriff der "Machtvertikale" an, den auch Russlands Präsident Putin verwendet, um das Top-Down-System zu beschreiben, mit dem er vom Kreml aus regiert. Gerade aus dem Mund es Westen geförderten und hofierten Politikers, der mithilfe des US-Machtapparats und am "Regime Change" interessierten Globalisten als Bollwerk gegen den russischen Nachbarn eingesetzt wurde, ist so ein "Vergleich zwischen den Zeilen" eine beachtliche Unmutsbekundung.

Nur konstruktive Kritik

Allerdings dürften die Äußerungen Klitschkos Österreichs "McKanzler" Nehammer noch nicht den Schlaf rauben über die Frage, ob er noch mit beiden - also Selenski und Klitschko - Kuscheln kann und Umarmungen austauschen darf. Denn Klitschko will die Kritik nicht als Angriff auf Selenski verstanden wissen: "Bitte nehmen Sie die Kritik als Hilfe, um Ihnen zu zeigen, wo Sie besser werden und die Probleme beheben können. Kritik ist keine aggressive Aktivität, sondern eine Hilfe, keine Fehler zu machen". 

Bei seiner harten Adresse in Richtung des Präsidenten hebt er somit trotzdem den Zusammenhalt hervor:  "Es ist sehr, sehr wichtig, nie zu vergessen, wofür wir kämpfen. Wir wollen Teil der demokratischen, europäischen Familie sein. Wir wollen Teil der demokratischen Welt sein." Daher stimmt der Bürgermeister auch Selenski bei seiner Sichtweise zu, dass man in diesem Jahr während des Krieges keine Wahlen abhalten könne. Aber gut, Wahlen bezeichnen manche WEF-Jünger ohnehin als "schlecht für die Demokratie"...

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