Deindustrialisierung wirkt: Falscher Jubel über historisch niedrigen CO2-Ausstoß
Der CO2-Ausstoß ging in Deutschland im vergangenen Jahr massiv zurück und erreichte einen Wert, wie in den 1950er Jahren. Doch ein Grund zu feiern ist dies weniger. Denn einen Hauptanteil an den rückgängigen Emissonen hat die schwächelnde deutsche Industrie. Für den grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck ist dennoch klar, dies sei ein "historischer Erfolg".
Sinnbefreite Jubelmeldungen
"2023 sanken Deutschlands Treibhausgasemissionen auf 673 Millionen Tonnen CO2. Damit gingen die Emissionen um 46 Prozent gegenüber dem Referenzjahr 1990 zurück – und fielen auf den niedrigsten Stand seit den 1950er Jahren. Zugleich lag der CO2-Ausstoß rund 49 Millionen Tonnen CO₂ unter dem vom Klimaschutzgesetz abgeleiteten Jahresziel von 722 Millionen Tonnen CO2", heißt es in der Presseaussendung der umstrittenen Agora Energiewende, die dieser Tage eine Studie mit dem Titel "Die Energiewende in Deutschland: Stand der Dinge 2023" vorstellte.
Die Lobbyorganisation Agora Energiewende dürfte den meisten noch aufgrund der Graichen-Causa aus Habecks Ministerium ein Begriff sein. So war Staatssekretär Patrick Graichen - Ex-Chef der Agora Energiewende - in die Kritik geraten, weil er seinen Trauzeugen, Grünen-Politiker und Ex-Mitarbeiter bei der Agora Michael Schäfer zum Chef der Deutschen Energie-Agentur (dena) machen wollte - Der Status berichtete hier, hier und hier. Im Zuge dieser Affäre wurden clanartige Postenbesetzungen im Habeck-Ministerium offenkundig.
Voll des Lobes
"Die Emissionen haben 2023 den tiefsten Stand seit den 1950er Jahren erreicht. Gleichzeitig handelt es sich um den größten Rückgang von Jahr zu Jahr in diesem Zeitraum", erklärte der Deutschland-Direktor von Agora Simon Müller. Zugleich wies man darauf hin, dass rund 15 Prozent des Rückgangs langfristige Einsparungen seien, die sich vor allem aus der Zunahme erneuerbarer Energien, Effizienzsteigerungen und den Umstieg auf CO2-ärmere oder klimafreundliche Brennstoffe beziehungsweise Alternativen ergeben würden.
Ebenso zeigte man sich erfreut, dass die erneuerbare Energien 2023 erstmals einen Anteil von über 50 Prozent am gesamten Bruttostromverbrauch in Deutschland erreichten. Dass jedoch auch die Stromimporte massiv anstiegen und Deutschland erstmals seit langem zum Netto-Importeur wurde, passt allerdings nicht in den Freudentaumel in den auch Habeck verfiel, der den Rückgang der CO2-Emissionen im bayerischen Rundfunk als "historischen Erfolg" feierte.
Energiebereich liefert... aber was?
"Der Energiebereich liefert wirklich", der Solarausbau sei "durch die Decke" gegangen, und auch bei Windenergie gebe es positive Entwicklungen, so der Wirtschaftsminister. Dabei kam selbst Agora-Chef Müller nicht umhin zuzugeben: "Der krisenbedingte Produktionseinbruch schwächt den Industriestandort Deutschland. Wenn in der Folge Emissionen lediglich ins Ausland verlagert werden, ist auch für das Klima nichts gewonnen."
Denn die niedrigen Emissionen liegen vor allem in einem Produktionseinbruch der energieintensiven Industrie in Deutschland. "Während die gesamtwirtschaftliche Leistung nach vorläufigen Zahlen um 0,3 Prozent schrumpfte, ging die energieintensive Produktion 2023 um 11 Prozent zurück", heißt es dazu von Seiten der Energielobbyisten.
Kopf in den Sand
Aber Habeck will sich die Klimaerfolge nicht schlechtreden lassen. Daher erklärte der Wirtschaftsminister, der selbst nicht genau weiß, was eigentlich eine Insolvenz ist, dass die Wirtschaft selbst voll auf dem Klimapfad sei und daher die Reduzierung der CO2-Emissionen keine Gefahr für den Wirtschaftsstandort Deutschland darstellen würden. "Natürlich, ohne Frage, wir haben im letzten Jahr zu wenig produziert, beziehungsweise die Wirtschaft ist zu schwach gelaufen", so Habeck, den dies aber nicht weiter zu stören scheint.
Etwas Sorge scheint er aber doch zu haben. Denn er forderte zugleich mehr Geld für einen klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft und da dies viel Geld kostet, kritisierte er wieder die Schuldenbremse. "Wir haben uns ein bisschen die Hände hinter dem Rücken gefesselt und sind jetzt in einem Boxkampf", fachsimpelte der Grüne. Nun müsse man halt alles dafür tun, dass die Industrie nicht "weggeworben oder wegsubventioniert" werde, wie etwa von China und den USA.
Wer das zahlen soll, machte der Wirtschaftswunderwuzzi noch im Dezember deutlich. Nicht der Bürger zahle etwa Subventionen, sondern der Staat zahle die Entlastungen, wie bei der EGG-Umlage. (ab circa Minute 4:40). Woher der Staat das Geld bekommt - nämlich vom Steuerzahler - scheint ihm nicht aufzugehen...
Ein paar Gedanken zum Ausgang des Jahres vom Bundesminister Robert Habeck. pic.twitter.com/BhwTpqJXFr
— Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (@BMWK) December 22, 2023
Neue Anschläge auf die Bürger
Deutlich macht der Bericht der Agora Energiewende aber auch, wo demnächst noch einiges auf die Bürger zukommt. Denn laut der Agora hat der Gebäudesektor zum vierten Mal in Folge sein Klimaziel nicht erreicht. Zwar sanken die Emissionen hier um 3 Millionen auf 109 Millionen Tonnen CO2, dies lag aber lediglich am geringeren Heizbedarf wegen der milden Witterung - sprich am Klimawandel. Und damit sei man noch immer 8 Millionen Tonnen über dem nötigen Pfad zur Erreichung des Ziels für 2030.
Aber auch der Verkehrssektor ist für die Klimaapokalyptiker nach wie vor problematisch. Dieser verfehlte zum dritten Mal in Folge die Ziele. Zwar sanken auch hier die Emissionen, aber nur um 3 Millionen auf 145 Millionen Tonnen CO2 gegenüber 2022. Und das sind immer noch 12 Millionen Tonnen mehr, als bei den Weltumbauzielen vorgesehen. Zudem würde auch der Anteil von Elektroautos bei den Neuzulassungen stagnieren.
Hier solle mit der Anpassung von Steuern, Abgaben und Subventionen sowie mit dem Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel gegengesteuert werden. Bei den Gebäuden pocht man auf eine konsequente Umsetzung des neuen Heizgesetz und dem Gesetz für die kommunale Wärmeplanung. Unterm Strich: Für den Bürger werden die Klimapläne teurer und teurer. Aber laut Habeck zahlt ja zum Glück der Staat..
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