Skurrile Argumentationsmuster

Um die Hälfte mehr Rettungsfahrten: Rotes Wien erklärt es mit 'Grippewelle'

Gesundheit
Puls-Konzept: Freepik; Berufsrettung Wien: Radim Holiš, Wikimedia Commons, CC BY 3.0; Komposition: Der Status

Im Vorjahr gab es um nahezu 40 Prozent mehr Rettungsfahrten in der Bundeshauptstadt Wien als noch drei Jahre zuvor, selbst gegenüber den beiden "Pandemie-Jahren" zuvor war der Anstieg enorm. Das Rote Wien sucht händeringend nach einer Erklärung und macht den Bevölkerungsanstieg sowie eine "Grippewelle" verantwortlich. Bei genauerem Hinsehen kommt dies allerdings eher nicht infrage, zumal die Situation der Rettungen in Wien bereits seit Jahren eher an eine Bananenrepublik erinnert als an eine Weltstadt.

Berufsrettung: Um fast 40 Prozent mehr Fahrten

Knapp 53 Prozent der Rettungseinsätze in Wien wurden von der Berufsrettung durchgeführt, die in drei Jahren einen Zuwachs von fast 40 Prozent verzeichnete. Fuhr diese noch im Jahr 2019 lediglich 188.000 Einsätze, waren es im ersten Jahr der vermeintlichen Todesseuche mit 197.000 Einsätzen nur geringfügig mehr. Nach Einsetzen der Impf-Kampagne ab 2021 kam es hingegen zu einem sprunghaften Anstieg: Im Jahr 2021 waren es bereits 230.000 Einsätze, im Vorjahr dann sogar 260.000 Rettungseinsätze. Dabei wurden knapp 80 Prozent der Patienten in ein Spital gebracht. 

Eine solche zeitliche Korrelation kommt dem Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ), der Architekt des österreichweit schärfsten Corona-Regimes, allerdings nicht in den Sinn. Er redet sich vielmehr auf die gestiegene Wohnbevölkerung sowie auf eine "Grippewelle im Herbst" heraus. Zudem hätten die Menschen "durch die Pandemie" Arztbesuche aufgeschoben, weshalb es nun häufiger zu Notfällen komme. Die Behauptung wirkt bereits aus den Fingern gezogen, aber beim Vergleich mit noch früheren Jahren sowie der demographischen Entwicklung zerfällt die Argumentation noch mehr in ihre Kleinteile. 

Wien wächst - vor allem durch junge Migranten

So war der Bevölkerungszuwachs in den genannten Jahren marginal: Zwischen Jänner 2019 und Jänner 2023 stieg die Bevölkerung von 1.897.491 Personen auf nunmehr 1.982.442 Einwohner. Anders als viele andere Gebiete wird Wien aufgrund seines hohen Migrantenanteils und weiteren Zustroms seit Jahren immer jünger. Der größte Anstieg in diesem Zeitraum geschah im Vorjahr, als knapp 51.000 Menschen dazu kamen, auch bedingt durch die Fluchtbewegung aus der Ukraine - ebenfalls eher jüngere Menschen. Im Jahr davor stieg die Bevölkerung lediglich um 11.644 Personen - die Zahl der Rettungsfahrten allerdings um 33.000 Einsätze. In jenem Jahr blieb zudem die Grippewelle vollkommen aus. 

Auch generell taugt die "Grippe"-Erklärung nicht, um das Phänomen zu dokumentieren. Denn dementsprechend wäre davon auszugehen, dass es bereits zuvor in starken Grippe-Jahren zu einem Anstieg der Rettungsfahrten kam. Tatsächlich waren die Saisonen 2016/17 mit 4.400 geschätzten Influenza-Toten sowie 2017/18 mit 2.900 Grippe-Toten der schwerwiegendsten Jahrgänge der jüngeren Vergangenheit. Anhand eines Rechnungshofberichts aus dem Jahr 2019, der den Zeitraum 2013-18 evaluierte, sind dabei die Rettungsfahrten mehrerer genannter Jahrgänge exakt nachprüfbar - und diese geben eine solche Relation keinesfalls her. 

Keine Einsatz-Spitzen in starken Grippejahren

Im Jahr 2015 fuhr die Wiener Berufsrettung 146.350 oder etwa 58% der Einsätze, 2016 waren es 157.525 (61%), 2017 immerhin 150.629 (59%), 2018 waren es 151.652 (56%) - eine merkliche Spitze für die "schweren Grippe-Jahre" ist nicht herauszulesen. Zudem wuchs die Bevölkerung Wiens im besagten Zeitraum zwischen Jänner 2015 und 2019 um 100.054 Menschen und somit stärker als in den vergangenen vier Jahren. Bliebe also die Aufschiebung von Routine-Untersuchungen, die zu mehr Notfällen führen. Allerdings hätte dies bereits im Jahr 2020 zu einem steilen Anstieg führen müssen, der starke Anstieg tödlicher Herzinfarkte während der Lockdowns machte sich damals schon bemerkbar. 

Apropos Herz: Diese zählen bekanntlich zu den bekanntesten Nebenwirkungen des experimentellen mRNA-Injektionen; eine Schweizer Studie fand heraus, dass Herzmuskel-Schäden 800-mal häufiger auftraten, als zuvor angenommen. Selbst unter der häufig bemühten Behauptung, eine Corona-Erkrankung fördere deren Ansteigen ebenfalls, lassen sich die Zahlen des Vorjahres nicht recht argumentieren. Dort kursierte nämlich die weitaus mildere Omikron-Variante. Auch Verschleppungen von Untersuchungen durch Lockdowns fallen für das Jahr 2022 weg. Aber vielleicht ist am Ende doch "das Klima" bzw. "die Hitzewelle" schuld, wenn "Schneeschaufeln" gerade nicht in Betracht kommt. 

Wiener Rettungswesen seit Jahren marode

Was der Hilferuf nach einer Reformierung des Gesundheitswesen vonseiten des Roten Wiens allerdings sehr wohl schafft: Er lädt dazu ein, das systemische Versagen im Wiener Rettungswesen seit Jahren zu beleuchten. So wurde bereits 2011 vonseiten des Kontrollamts problematisiert, dass die durchschnittliche Wartezeit auf einen Notarzt in Wien von 9:30 Minuten im Jahr 2005 auf über elf Minuten gestiegen war. Nachdem sich die Wartezeit bis 2016 auf etwa acht Minuten verkürzte, war sie beim Rettungshofbericht bereits wieder auf 10,5 Minuten angestiegen. Dieser watschte zudem die "fehlende Bedarfsplanung" im Vergleich mit anderen Städten ähnlicher Größenordnung ab. 

Seitdem gab es dann regelmäßig eher halbherzige Versuche, um das Rettungs- und Notarztwesen zu entlasten. Etwa durch die Schaffung der Hotline 1450, die später als Corona-Hotline mit ewigen Warteschleifen zweckentfremdet wurde. Zwischendurch versuchte es Wien auch mit einer Rettungs-App, doch die Einsätze wurden immer zahlreicher. Nun, wo diese endgültig überhand nehmen, entblödet man sich nicht, das eigene Versagen durch absurde Erklärungen zu kaschieren. Hauptsache der "Elefant im Raum" muss auf gar keinen Fall angesprochen werden. Detail am Rande: Hacker wollte die Corona-Spritzen einst zur Voraussetzung für den Arbeitsplatz machen...

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