Europas Kriegswirtschaft: Energiemangel bremst Rüstungsindustrie
Der Krieg in der Ukraine verbraucht Unmengen an Munition. Und die Rüstungskapazitäten des Westens geraten an ihre Grenzen. Denn der Munitionshersteller Nammo in Norwegen, der derzeit Rekordgewinne einfährt, kann seine Produktion nicht erhöhen und das Werk erweitern. Schuld ist ein Stromengpass, der Stromversorger hat keine Energiereserven zu vergeben.
Schon seit längerem ist bekannt, dass die westliche Wirtschaft mit der Unterstützung der Ukraine an ihre Grenzen kommt. Allein der Munitionsverbrauch von 5.000 bis 6.000 Artilleriegeschossen täglich - und es würde wohl noch mehr sein, wenn es mehr Lieferungen gäbe - bringen die Wirtschaft ins Trudeln. Neben Problemen mit Lieferengpässen sind auch die Kapazitäten der Rüstungsindustrie nicht mehr auf solche Mengen ausgelegt. Zwar sollte nach NATO-Standards jeder Mitgliedsstaat für zumindest 30 Tage Munition bevorratet haben, aber zuletzt war klar, die Bundeswehr hat nur für 2 Tage Munition, genaue Angaben verweigert man aus Sicherheitsinteressen.
Munition wächst nicht auf Bäumen
Treffend stellte dann auch Neo-Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) fest, dass Munition nicht auf Bäumen wachse, egal wie viel Geld man für die Beschaffung zur Verfügung stelle. Eine Erkenntnis, die nicht neu ist. Schon der erste Weltkrieg hätte 1915 fast wegen Munitionsmangels abgesagt werden müssen. Dabei betraf die Knappheit beide Seiten, in Großbritannien musste wegen der "Shell-Crisis" sogar die Regierung zurücktreten, ihr warf man Planungsfehler vor.
Der lange Arm Chinas
Nun kommst ausgerechnet China den Europäern bei ihrer Unterstützung der Ukraine in die Quere. Der norwegische Rüstungskonzern Nammo, der mit 2.400 Mitarbeitern zuletzt 5 Milliarden Euro Jahresumsatz machte, und der auch durch die Entsorgung von Streumunition bekannt ist, kann seine Fertigungskapazitäten nicht erhöhen. Denn wie die Financial Times berichtet, scheitert eine geplante Erweiterung der Fabrik. Dabei sind die Auftragsbücher voll und die Nachfrage nach Artilleriegeschossen sei mehr als 15 Mal so hoch wie vor dem Ukraine-Krieg. Immerhin sind die dortigen Tagessätze auf ukrainischer Seite von 5.000 bis 6.000 Schuss gewöhnlich die Jahresbestellung eines kleinen europäischen Landes. Doch wegen eines Tik-Tok-Datenzentrums erteilte der Stromversorger der Erweiterung eine Absage.
Nicht genug Strom vorhanden
Dieser informierte Nammo, dass es wegen des Datenzentrums für Tik-Tok in Mittelnorwegen für das Nammos-Werk in Raufoss keine weiteren Stromkapazitäten gäbe. Denn allein das Datenzentrum hätte den Verbrauch einer kleinen Stadt, Tik-Tok, dass auch einer Hauptkunden des Stromanbieters ist, benötige den gesamten Strom in der Region. Denn laut Financial Times würden noch weitere Datenzentren gebaut, wie der norwegische Rechenzentrumsanbieter Green Mountain bestätigte. 2023 will Tik-Tok wohl drei Rechenzentren bauen und zudem gibt es die Option bis 2025 zwei weitere zu errichten. Auf die Nachfrage, ob es ein Zufall sei, dass ein in chinesischem Besitz befindliches Unternehmen die Expansion eines Rüstungsunternehmens behindere, antwortete der Geschäftsführer von Nammo, Morten Brandtzæg, dass dies nicht auszuschließen sei.
Kriegswirtschaft?
Dies dürfte Wasser auf die Mühlen der Politik sein. EU-Obere und deren Experten fielen schon zuletzt durch die Forderung auf, Europa in eine Kriegswirtschaft umzuwandeln. So erklärte erst im Februar diesen Jahres Sicherheitsexpertin Claudia Major von der Stiftung Wissenschaft und Politik, dass sich die westliche Wirtschaft auf die ukrainischen Bedürfnisse umstellen solle. Die Produktion von Waffen, Munition, Drohnen und Ausrüstung sollten nach ihrer Meinung Priorität eingeräumt werden. Denn "im Grunde genommen geht es hier nicht um einen Sprint, sondern um einen Marathon", und den werde gewinnen, wer am Schluss den längeren Atem hat, erklärte sie damals im Fernsehen. Kommen also bald weitere Einschränkungen der Bürger, um die Waffenproduktion für die Ukraine trotz Windrädern und Solarenergie sicherzustellen?