Journalismus als 'Verbrechen'?

Showdown im Fall Assange: Heute wird über Auslieferung entschieden

Welt
Bild (Assange 2014): David G Silvers / Cancillería del Ecuador, Flickr, CC BY-SA 2.0

Am heutigen Dienstag ist es so weit: Das schicksalhafte Urteil gegen Julian Assange soll gefällt werden. Es entscheidet sich dabei, ob er in Großbritannien, das ihn seit Jahren ohne Urteil im Hochsicherheits-Knast Belmarsh festhält, noch Rechtsmittel einlegen kann. Wird das Begehr abschlägig beschieden, folgt die Auslieferung an die USA, wo ihm 175 Jahre Haft drohen, weil er amerikanische Kriegsverbrechen in Afghanistan und im Irak aufdeckte.

Tag der letzten Chance für Assange

Seit fünf Jahren sitzt Assange im Gefängnis Belmarsh, das eigentlich für Schwerverbrecher gedacht ist und wohl nicht ohne Grund als "britisches Guantanamo" gilt. Dort hält man ihn in Einzel- und Isolationshaft. 23 Stunden am Tag muss der Aufdecker-Journalist in seiner Zelle verbringen, jeder Kontakt mit anderen Häftlingen wird ihm verweigert. Er leidet physisch und psychisch unter den knallharten Haftbedingungen, sein Allgemeinzustand ist schlecht. Ein Freund, der ihn vor einigen Monaten besuchte, attestierte ihm eine "Totenblässe". Echtes Tageslicht durfte er seit Jahren keines mehr sehen.

Auch seiner Frau Stella und seinen jungen Söhnen wurde teils monatelang der Zugang verweigert. Sie warnte vor den brutalen Folgen: Sollte es zu einer Auslieferung kommen, käme dies einem Todesurteil gleich. Vor dem Auftakt des aktuellen Prozesses zur Frage nach der Rechtskräftigkeit der Auslieferung sagte die Menschenrechtsanwältin in einer bewegenden Videobotschaft: "Sein Leben ist an jedem Tag, den er in Haft verbringt, in Gefahr. Und wenn er ausgeliefert wird, dann wird er sterben." Dabei gehe es eigentlich nicht nur um die Frage der Auslieferung: "Man hätte Julian niemals ins Gefängnis stecken dürfen".

Am heutigen Dienstag ab 10.30 Uhr britischer Zeit (11.30 Uhr MEZ) entscheidet sich sein Schicksal: 

Anderthalb Jahrzehnte des Unrechts

Die Sorge ist mehr als berechtigt: Längst sind Pläne bekannt, dass der US-Machtapparat zeitweise auch darüber nachdachte, Assange außergerichtlich ermorden zu lassen. Diverse Scharfmacher aus Übersee forderten ohnehin immer wieder seine Liquidierung. Und selbst im vergleichsweise "harmlosen" Fall, dass man ihm in Amerika tatsächlich ein zumindest scheinbar rechtsstaatliches Verfahren zugesteht, lautet die Strafandrohung auf 175 Jahre Freiheitsstrafe, wegen angeblicher "Spionage". Assange würde bei einer Verurteilung in einem US-Hochsicherheitsknast, festgehalten mit Massenmördern und anderen Schwerverbrechern, den Rest seiner Tage verleben müssen. 

Sein Vergehen? Vor 14 Jahren spielte er abertausende vertrauliche Dokumente über die Plattform "WikiLeaks" in die Öffentlichkeit. Diese belegten schwerste amerikanische Kriegsverbrechen in Afghanistan und im Irak. Mit der Veröffentlichung entblößte er die Ruchlosigkeit des Werte-Westens auf seinen Missionen, als Weltpolizei fernen Ländern angeblich "Freiheit und Demokratie" aufzuzwingen. Danach begann die beispiellose Hetzjagd auf den mutigen Aufdecker zwischen fingierten Vorwürfen, staatlichen Eingriffen und einem jahrelangen ecuadorianischen Botschaftsasyl in London, ehe britische Polizisten ihn 2019 dort verhafteten. Seitdem sitzt er ohne faires Verfahren im Knast.

Die bewegende, deutliche und schockierende Botschaft von Stelle Assange vor etwa einem Monat: 

Kickl kritisierte Schweigen zu Assange

Im Vormonat begann der Prozess, der letztgültig klären soll, ob Assange sich weiterhin mit rechtsstaatlichen Mitteln gegen die Auslieferung wehren darf. Im Werte-Westen hat man ihn längst weitgehend fallen gelassen. Jene Ampel-Politiker etwa, die noch vor wenigen Jahren seine Freilassung forderten, kuschen in Amt und Würden nun vor Washington und schweigen eisern zum Fall, während sie erst kürzlich Krokodilstränen über das Ableben des umstrittenen Kreml-Kritikers Alexej Nawalny vergossen. Eine deutsche Tageszeitung stempelte Assange in einem irren Kommentar sogar zum "Gefährder". Man will sein Denkmal zerstören, um ihn dann still & leise zu vergessen. 

Als politischen Stimme der Vernunft entpuppte sich hingegen einmal mehr FPÖ-Chef Herbert Kickl. Bei einer Pressekonferenz zu Macrons irren Bodentruppen-Plänen wies er auch auf das Schicksal von Assange hin: "Wenn Sie Nawalny ansprechen, dann sage ich Ihnen: Assange. Sie werden ja wissen, dass dieser Mann u.a. bei seinen WikiLeaks-Veröffentlichungen Papier an die Öffentlichkeit gebracht, die eines dokumentieren: Nämlich die systematische Eliminierung von politischen Gegnern der USA durch CIA-Killerkommandos." Ein Antrag, sich für seine Freilassung einzusetzen, wurde im Parlament aber schon vor vier Jahren von ÖVP & Grünen niedergestimmt

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