Mit Kanonen auf Spatzen...?

Angst vor China-Spionage: Biden lässt weißen Ballon mit Raketen abschießen

Welt
Symbolbilder (2): Freepik; Komposition: Der Status.

Es war eine groteske Szene, die sich wie eine Textzeile aus Nenas Welthit "99 Luftballons" anhört. Da fliegt ein weißer Ballon in den amerikanischen Luftraum und keiner weiß so recht, was die Absicht dahinter ist. Aber für den Fallesfall geht man einmal vom Schlimmsten aus und bringt die ganze Macht der Streitkräfte in Form einer Fliegerstaffel in Stellung, um das unbekannte Flugobjekt zu zerstören. Das Netz reagiert mit einer Mischung aus Verwunderung, Belustigung und Kopfschütteln. Brisant: Die Order kam direkt von Präsident Joe Biden, der den Ballon zuerst sicherheitshalber noch einmal quer über US-Territorium fliegen ließ...

Ballon beobachten, Ballon abschießen

Natürlich springt die Einheitspresse sofort auf das offizielle Narrativ der US-Regierung auf und spricht von einem "mutmaßlichen Spionageballon", den die heldenhafte US-Armee außer Gefecht setzte. Tagelang hatten Militärs das ominöse Objekt beobachtet, bevor am Samstag der Schießbefehl kam. Mehrere Kampfflieger stiegen auf und schossen mit Raketen auf den Ballon. Was wie ein "Overkill" wirkt, ist aber noch absurder: Denn, damit Personen am Boden keinen Schaden nehmen, ließ man den Ballon erst einmal über das ganze Land fliegen, ehe man ihn nahe der Atlantikküste vom Himmel holte. Dafür wurde sogar zwei Stunden lang der Luftraum in der Region gesperrt.

Falls es wirklich ein Spionage-Ballon war, wäre es wie das sprichwörtliche Schließen des Scheunentors, nachdem alle Pferde ausgebüchst sind. In diese Richtung richtet sich nun auch die Kritik der oppositionellen Republikaner: Diese werfen Präsident Biden zögerliches Handeln vor. Man hätte den Ballon vielmehr schon abschießen müssen, ehe er erstmals den US-Luftraum erreichte. Bidens Demokraten wiederum spielen nun den Scharfmacher, wollen mehr Härte gegen die vermeintliche gelbe Gefahr: "Wir müssen gemeinsam mit anderen Ländern daran arbeiten, dem entgegen zu treten, China abzuschrecken, ohne einen tatsächlichen Krieg mit China zu beginnen", so der Abgeordnete Adam Smith.

Ziviles Luftschiff oder "Spionage-Ballon"

"99 Kriegsminister, Streichholz und Benzinkanister, hielten sich für schlaue Leute": Das sang Nena im Jahr 1983, die damalige Warnung verhindert die Realsatire 40 Jahre später nicht so recht. Denn die Biden-Regierung macht den Ballon nun zur Staatsaffäre, Außenminister Anthony Blinken sagte sogar eine China-Reise ab, die er eigentlich am heutigen Sonntag antreten wollte. Er ließ verkünden: "Dass sich dieser Spionageballon im US-Luftraum befindet, ist ein Verstoß gegen unsere Souveränität und internationales Recht. Es ist unverantwortlich, dass die chinesische Regierung so etwas kurz vor meinem Besuch zugelassen und damit unsere geplanten Gespräche beschädigt hat". Verteidigungsminister Lloyd Austin wähnte überhaupt eine Ausspähung strategischer Standorte in den USA hinter dem Ballonflug... 

Peking hingegen spricht von einer Überreaktion in Washington. Man sei "stark unzufrieden" über den gewaltsamen Abschuss eines "zivilen, unbemannten Luftschiffs". Auch das offizielle China wittert darin eine "ernste Verletzung" internationaler Praktiken. Auch das ostasiatische Land will sich daher "notwendige Reaktionen" vorbehalten. Dies auch vor dem Hintergrund, dass man die USA mehrfach in Kenntnis gesetzt habe, dass der Ballon einem zivilen Zweck diene und lediglich "aufgrund höherer Gewalt" und "aus völligem Zufall" in den US-Luftraum eindrang. Man verwies darauf, dass sogar das Pentagon im Ballon keine erste Gefahr für Militär und Zivilbevölkerung gesehen habe. Am Freitag hatte Peking zudem beteuert, es sei ein harmloser Wetterballon. 

Bürger über US-Vorgehen verwundert

Während sich westliche Politiker nun aufplustern und den mahnenden Zeigefinger in Richtung China erheben, kursieren erste Medienberichte über die Sichtung eines ähnlichen Objekts über Kolumbien. Was die Mächtigen dieser Welt als wechselseitigen Affront einstufen, sorgt bei den einfachen Bürgern aber vielmehr für Verwunderung. Es macht sich der Eindruck breit, dass ein Raketenangriff auf einen Ballon dem sprichwörtlichen Beschuss von Spatzen mit Kanonen gleichkommt. Entsprechend fällt die allgemeine Bewertung des Vorfalls nicht besonders schmeichelhaft für die US-Weltmacht aus... 

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