Vor höchstem UNO-Gericht

Obwohl Gaza-Asylwelle droht: Ampel verteidigt Israel gegen Völkermord-Klage

Welt
Hintergrund: Freepik; Baerbock: BMEIA/Gruber, Flickr, CC BY 2.0; Netanjahu: Avi Ohayon / Government Press Office of Israel, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0 (beide freigestellt); Komposition: Der Status.

Die Vergeltung Israels gegen die palästinensische Zivilbevölkerung im Gazastreifen nach den Hamas-Angriffen vom 7. Oktober fordert hohen Blutzoll. Weit über 20.000 Menschen, darunter abertausende Kinder, fanden im israelischen Bombenhagel den Tod, Hunderttausende wurden obdachlos. Immer wieder fielen Vertreter der Netanjahu-Regierung mit radikalen Aussagen auf, die auf die Vertreibung und Vernichtung der Palästinenser abzielen. So zumindest der Vorwurf, den Südafrika vor dem höchsten UN-Gericht vorbringt, um den Staat wegen Genozids anzuklagen. Das offizielle Deutschland stellt sich felsenfest auf die Seite Israels. Die Folgen fürs eigene Land sind für die Ampel dabei zweitrangig.

Israel muss sich wegen Genozids verantworten

Die Vorwürfe in der 84 Seiten langen Klageschrift sind weitreichend: Israel begehe einen Völkermord an den Palästinensern, in dem es diese im Gazastreifen töte, ihnen schwere seelische und körperliche Schäden zufüge und Lebensbedingungen schaffe, die darauf ausgelegt seien, ihre "physische Zerstörung herbeizuführen". Südafrika sprach bei der ersten Anhörung vor dem Internationalen Gerichtshof von einem "systematischen Muster, das auf die Absicht eines Völkermordes hinweist". Darunter falle die fehlende Versorgung mit Essen, Wasser, Medizin, Treibstoff und weiter humanitärer Hilfe sowie die hohe Opferzahl. 

Brisant ist aber nicht nur der Vorwurf, der zeigt, dass abseits des Werte-Westens nahezu niemand vorbehaltlos hinter der überschießenden Vergeltung Israels steht. Sondern auch der Umstand, dass Südafrika in seiner Argumentation sich auf die Aussagen israelischer Minister stützt. Etwa auf jene von Verteidigungsminister Joaw Gallant, der von der "Auslöschung" und einem Kampf gegen "Tiere in Menschengestalt" sprach. Immer wieder schossen Mitglieder von Netanjahus Kabinett weit über das Ziel hinaus: So forderte der Kulturerbe-Minister einen Atomschlag gegen Gaza und der Finanzminister die dauerhafte Vertreibung der dortigen Palästinenser - Der Status berichtete

Vorwürfe werden zurückgewiesen

Die Einstufung der israelischen Vorgangsweise als Völkermord hätte eine hohe völkerrechtliche Bedeutung. Israel weiß das und will sich mit allem, was ihm zur Verfügung steht, gegen den Vorwurf wehren. Man weist den Vorwurf entschieden zurück: "Israel ist im Krieg mit der Hamas, aber nicht mit dem palästinensischen Volk", wandte der Rechtsberater des israelischen Außenministeriums ein.

Inwiefern diese Beteuerung mit der Realität zusammenhängt, steht auf einem anderen Blatt: So bezweifelte Staatspräsident Jitzchak Herzog offen, dass es in Gaza überhaupt unschuldige Zivilisten gebe. Seit Monaten rechtfertigt Israel den Beschuss ziviler Gebäude mit der Erzählung, die als Terroristen eingestuften Hamas-Kämpfer würden Zivilisten als  "menschliche Schutzschilde" benützen. Unter diesem Vorwand kam es zuletzt sogar zu einem Heckenschützen-Angriff auf die einzige katholische Kirche in Gaza. 

Volle Rückendeckung der Ampel

Auf hoher See und vor Gericht ist man in Gottes Hand - aber nicht zwingend allein. Denn Israel kann sich auf prominente Fürsprache der Ampel verlassen. Die deutsche Bundesregierung teilte in einer Presseaussendung mit: "Das Ziel der Hamas ist es, Israel auszulöschen. Israel verteidigt sich seitdem gegen den menschenverachtenden Angriff der Hamas.  Angesichts der deutschen Geschichte und des Menschheitsverbrechens der Shoa sieht sich die Bundesregierung der Konvention gegen Völkermord besonders verbunden. Diese Konvention ist ein zentrales Instrument des Völkerrechts, um das "nie wieder" umzusetzen."

Man wisse zwar, dass "verschiedene Länder die Operation Israels im Gazastreifen unterschiedlich bewerten". Den nun vor dem Internationalen Gerichtshof gegen Israel erhobenen Vorwurf des Völkermords weise die Bundesregierung aber entschieden und ausdrücklich zurück: "Dieser Vorwurf entbehrt jeder Grundlage." Man intendiere weiters, in der Hauptverhandlung als Drittpartei (auf Seiten Israels) zu intervenieren.

Eigene Interessen werden hintangestellt

Damit bleibt das offizielle Deutschland auf seinem Standpunkt. Seit Beginn der Vergeltungsschläge Israels in Gaza weigern sich Vertreter der Ampel-Regierung beharrlich, dessen mutmaßliche Kriegsverbrechen zu verurteilen. Stattdessen verweist man immer wieder auf das israelische "Selbstverteidigungsrecht". Bei UN-Abstimmungen zu einer humanitären Feuerpause konnte man sich nicht zu einer Zustimmung für den Schutz der Zivilisten durchringen. Aus der Unterstützung Israels auf Basis einer historischen Schuld macht man keinen Hehl. Und hat Rückendeckung von der Union: Ein CDU-Mandatar fordert sogar, deutsche Soldaten sollten bereit sein, für Israel zu sterben.

Unabhängig davon, wie die Verhandlung vor dem höchsten UN-Gericht ausgeht, dürfte sich Deutschland mit seiner offen Parteinahme für Israel selbst vor Gericht international isolieren. Dies gilt wohl ausgerechnet für die arabische Welt, in der das besserwisserische Auftreten von Außenminister Baerbock (Grüne) ohnehin bereits für Unmut sorgt. Für radikale islamische Gruppen, die auch in Europa einigen Zulauf besitzen, könnte Deutschland als vermeintlicher "Genozidbefürworter" zum Reibebaum werden, bis hin zu drohenden "Solidaritätsanschlägen". 

Wird Deutschland zur Aufnahme gezwungen? 

Zugleich ist die Bundesrepublik bei einer Asylwelle aus Gaza wohl einmal mehr eines der Haupt-Aufnahmeländer. Und zwar nicht nur wegen der politischen "Wir schaffen das"-Irrwege, der das offizielle Deutschland seit jeher geradezu hündisch anhängt. Sondern womöglich könnte man auch von der europäischen Gerichtsbarkeit dazu gezwungen werden. Denn nach Ansicht eines EuGH-Rechtsgutachters soll es künftig für staatenlose Palästinenser einfacher werden, einen Flüchtlingsstatus in der EU zu erhalten. Kritik an diesem Umstand übte zuletzt auch Maximilian Krah, der Spitzenkandidat der AfD zur EU-Wahl im Mai. 


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