Nach Internet-Abschaltung: Musk will Starlink für Gaza - Israel tobt
Entgegen der Ankündigung, bei seiner Vergeltung mit "größter Präzision" vorzugehen, bombt Israel im großen Stil die Wohngebiete & Infrastruktur in Gaza nieder. In der Nacht auf Samstag, als besonders massives Bombardement stattfand, brachen Internet und Mobilfunk zusammen, was auch internationale Helfer und Medien vor ein Problem stellte. Wie bereits im Ukraine-Krieg erklärte sich Elon Musk bereit, mit seinem "Starlink"-Satellitennetzwerk einzuspringen. Israel ist über die Ankündigung zutiefst empört.
Musk: Starlink für Hilfsorganisationen
Gerade in Kriegszeiten ist die Aufrechterhaltung der Kommunikationstechnik von großer Bedeutung, auch für die Sicherheit der Zivilbevölkerung. Vor diesem Hintergrund sprang der Twitter/X- & Tesla-Chef mit dem "Starlink"-System seines Unternehmens "SpaceX" bereits nach dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs ein und stellte es im Land kostenlos bereit. Als das Land das System hingegen für einen Drohnenangriff auf russische Einheiten außerhalb seines Territoriums verwenden wollte, legte sich Musk quer und drohte mit Abschaltung, wodurch das Manöver verhindert wurde.
Die ursprüngliche Bereitstellung wiederum wurde seinerzeit im Westen groß applaudiert, und sogar das US-Verteidigungsministerium "Pentagon" und die Regierungen anderer Länder unterstützten die Initiative, kam es doch den nach ihrer Ansicht nach "Guten" zugute. Doch Musk - generell kein Freund von Tugendhuberei - hält wohl nichts von einer Universalität westlicher Werte, ihm geht es um die Aufrechterhaltung verlässlicher Infrastruktur. Und so reagierte er auf politische Aufrufe, das System auch im Gazastreifen zu aktivieren, aufgeschlossen. Wenn es nach ihm geht, sollen anerkannte internationale Hilfsorganisationen das Starlink-Netz in Gaza nützen können.
Starlink will support connectivity to internationally recognized aid organizations in Gaza.
— Elon Musk (@elonmusk) October 28, 2023
[ComStar]
Politikerin warnte: Gefahr für Unschuldige
Vorausgegangen waren Meldungen vom UN-Welternährungsprogramm, der WHO und des UN-Kinderhilfswerks Unicef, zu seinen Mitarbeitern in der Region keinen Kontakt mehr zu haben. Die demokratische US-Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez, die sich seit Jahren für die Belange der Palästinenser einsetzt - und dafür ebenso lange teils berechtigte, teils aber überbordende Kritik einsteckt - warnte: "Journalisten, medizinische Fachkräfte, humanitäre Bemühungen und Unschuldige sind gefährdet."
Sie erinnerte daran, dass die USA in der Vergangenheit ähnliche Angriffen auf die kritische Infrastruktur verurteilt hätten. Zuletzt waren sie allerdings eines von nur 14 Ländern die gegen eine UNO-Resolution für eine humanitäre Feuerpause stimmten. Detail am Rande: Auch Österreich gehörte als einzige Nation unter den neutralen Staaten der Welt zu den Ablehnern dieser Resolution zum Schutz der Zivilbevölkerung - Der Status berichtete.
Cutting off all communication to a population of 2.2 million is unacceptable. Journalists, medical professionals, humanitarian efforts, and innocents are all endangered.
— Alexandria Ocasio-Cortez (@AOC) October 27, 2023
I do not know how such an act can be defended. The United States has historically denounced this practice. https://t.co/L9iV7TSs2u
Offizielles Israel über Musk-Angebot sauer
Gar keine Freude mit der Ankündigung, zumindest rudimentäre Infrastruktur im Gazastreifen aufrecht zu erhalten, hat man beim offiziellen Israel - und das, obwohl Musk glasklar nur von einer Teil-Öffnung seines Systems für humanitäre Zwecke sprach. Kommunikationsminister Schlomo Karhi erklärte: "Israel wird alle Möglichkeiten ausschöpfen, um diese Idee zu bekämpfen." Begründet wird dies damit, dass die "Hamas das System für terroristische Aktivitäten" verwenden würde. Er forderte von Musk, die Bereitstellung an die Forderung nach der Freilassung aller israelischen Geiseln zu koppeln. Bis dahin werde sein Ressort jedenfalls "jede Verbindung zu Starlink kappen".
Israel will use all means at its disposal to fight this.
— 🇮🇱שלמה קרעי - Shlomo Karhi (@shlomo_karhi) October 28, 2023
HAMAS will use it for terrorist activities. There is no doubt about it, we know it, and musk knows it. HAMAS is ISIS.
Perhaps Musk would be willing to condition it with the release of our abducted babies, sons, daughters,… https://t.co/pRNOlnINbZ
Wollte Israel eigene Brutalität verheimlichen?
Kritische Stimmen hatten zuvor bereits den Verdacht geäußert, dass die Abschaltung des Internets in Gaza keine versehentliche Kriegsfolge ist, sondern eine absichtliche Taktik Israels war, um sein knallhartes Vorgehen bei den Vergeltungsschlägen zu verschleiern.
Israel turned off internet in Gaza so that their war crimes can’t be documented.
— Censored Men (@CensoredMen) October 28, 2023
Please read that again.
I don’t think people quite understand how insane this is.
They are literally mass murdering women and children as you read this.
How can people support such evil!?
Auch die Verbindung zu Journalisten, welche die Situation vor Ort dokumentieren, brach in diesem Zeitraum ab
I've lost contact with Motaz Azaiza, one of the most important Palestinian journalists in Gaza. He hasn't posted in over 23 hours, hasn't responded to my texts. He says there's a target on his back for his reporting. There's no internet, no telecommunications.
— Mnar Adley (@MnarMuh) October 28, 2023
I hope he is ok. pic.twitter.com/vBnzXYqoOx
Tatsächlich wurden ausgerechnet in der Nacht, als die Internetverbindung in Gaza ausfiel, besonders schwere Bombardements geflogen. Nach und nach taucht Material auf, das aus der Zeit der Internet-Downtime stammen soll.
Gaza moments ago (sounds on):
— Muhammad Shehada (@muhammadshehad2) October 28, 2023
This is why Israel cut off internet, electricity & fuel; to unleash unimaginable sheer terror on the population without backlash.
The sounds of airstrikes alone are gut wrenching!
One of humanity's darkest chapters being written before our eyes! pic.twitter.com/FMz5Y5bmOI
Der Umstand, dass Israel das Internet in der Region mittlerweile wieder funktionsfähig machte, unterstreicht die These, dass Israel entscheiden will, was überhaupt gesehen werden darf und kann. Auch die Deutung, dass diese temporäre Wiederanschaltung nur dem Erkenntnisgewinn der israelischen Armee dienen soll, taucht nun auf.
By turning the Gaza Internet and cell towers off Israel has been unable to track the hacked devices of Hamas members. Israel was operating in an intelligence black hole. Now they turned the Internet back on because Israel needs to collect data. It’s not for humanitarian reasons.
— Kim Dotcom (@KimDotcom) October 29, 2023
Ein morbider Treppenwitz war vor diesem Hintergrund, dass das offizielle Israel am Samstag ein englischsprachiges Video-Statement im Netz teilte, welches die Bevölkerung Gazas erneut zur Evakuierung von Nordgaza aufrief. Denn zu diesem Zeitpunkt hatte die Zivilbevölkerung vor Ort wegen der gekappten Internetverbindung gar keine technische Möglichkeit, dieses anzuschauen...
There's obviously the question of why this evacuation order is delivered to Gazans in English, over an internet they now can't use.
— Glenn Greenwald (@ggreenwald) October 28, 2023
But the bigger point: why would anyone believe this "relocation" is "temporary" when key Israelis believe the W. Bank and Gaza should be annexed? https://t.co/GbP9J8eQAw
Gaza gleicht einem Trümmerfeld
Schockierende Bilder dokumentieren mittlerweile, dass das Bombardement Israels keineswegs mit "größter Präzision" stattfindet. In nur zwei Wochen wurden bereits über 7.000 Palästinenser getötet, darunter viele Kinder. Würde man diese Rate auf die Bevölkerungszahl Deutschlands hochrechnen, wären es über 280.000 Menschen - also etwa eine Stadt von der Größe Wiesbadens. Die folgenden Luftbilder entstanden übrigens noch vor der jüngsten verheerenden Bombennacht:
Palästina vor und nach der Zerstörung durch Israel. pic.twitter.com/kEgXKjwb4l
— Jonas Danner (@MrJonasDanner) October 27, 2023
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