Nehammer mimt in Brüssel den Harten

EU-Grenzschutz: Mauer, technische Infrastruktur oder "Türl mit Seitenteilen"

Politik
Bild: photonews.at/Georges Schneider, CC BY-NC-ND 2.0, Flickr

Am EU-Sicherheitsgipfel geht es neben dem Ukrainekrieg auch wieder um das Thema Migration. Seit Jahren kommt es dabei zu keiner Lösung, es wird diskutiert, es werden Pläne gemacht und indessen rollt die Welle illegaler Zuwanderung weiter. Auch Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer versuchte sich wieder einmal als starker Mann und Macher zu positionieren. Heraus kam, typisch für Österreich, eine Farce...

Dick aufgetragen, nichts dahinter? 

Wie schon im vorigen Jahr mit seinem "harten Männergespräch" mit Russlands Präsident Wladimir Putin wollte Österreichs ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer diesmal auch in der EU zeigen, wo Bertl - oder besser gesagt Karli - den Most herholt. So polterte er in Vorfeld des EU-Sicherheitsgipfels und ließ mit "knallharten Forderungen" aufhorchen. Für besseren Grenzschutz brauche es einen Zaun an den EU-Außengrenzen.

"Physische Infrastruktur und Barrieren sind notwendig, um diese Außengrenzen zu schützen", so der österreichische Kanzler gegenüber der deutschen Bild-Zeitung. Das Wort Mauer oder Zaun wagte er jedoch nicht auszusprechen. Auch Österreichs ehemaliger Kanzler Werner Faymann (SPÖ) erklärte bekanntlich 2015, Mauern würden nichts bringen und sprach stattdessen von einem "Türen mit Seitenteilen".

Nehammers Sturm im Wasserglas

Dass sich Nehammer gegenüber der "Bild" als starker Mann präsentiert - immerhin schreibt das Springer-Blatt "Erster EU-Regierungschef fordert Zaun um Europa" - wundert nicht. Denn daheim nimmt ihm diese Aussagen ohnehin niemand mehr ab. Und auch die Ankündigung, den EU-Migrationsgipfel blockieren zu wollen, ist wohl eher ein Versuch das sinkende ÖVP-Schiff noch etwas über Wasser zu halten und etwas politisches Kleingeld zu waschen, statt ein echter Widerstand gegen die EU.

Denn in der Regierung läuft nicht alles rund. Die Migrationszahlen sind im vergangenen Jahr explodiert, die Balkanroute wurde bekanntlich von seinem Parteifreund und Kurzzeit-Kanzler Sebastian Kurz bereits angeblich vor Jahren "geschlossen", nur um dennoch löchrig wie Schweizer Käse zu sein. Doch kann er weder seinen Vorvorgänger als schwarzer Kanzler, noch seinen Amtsnachfolger als schwarzer Innenminister anschießen. Also müssen wieder einmal neue Forderungen her... 

Altes ÖVP-Schema: Die EU muss...

Denn die Umfrage-Werte sind denkbar schlecht. Daher gilt es, die Bürger mit leeren Versprechungen zu locken und ihnen wieder Sand in die Augen zu streuen. Und nirgends geht das billiger als in Brüssel - heraus kommt am Ende erwartungsgemäß nichts. So erklärte auch Nehammer, dass der Schutz der EU-Außengrenzen eine Notwendigkeit und kein Wunsch seien. Denn wenn Europa seine Grenzen nicht schützt, führt dies den Schengenraum ad absurdum. Für den Bau von Zäunen, Mauern und Ähnlichem brauche es „auch finanzielle Unterstützung durch die EU“, so Nehammer weiter und beklagte zudem: "Leere Worthülsen werden nicht ausreichen."

Etwas, was der gelernte Österreicher allerdings schon seit Jahren von der ÖVP gewohnt ist. Hieß es früher "Wenn Du nicht mehr weiter weißt, bilde einen Arbeitskreis", ist es bei der ÖVP inzwischen die Anrufung der EU. Sei es beim Kampf gegen Teuerung und Inflation oder nun wieder beim Migrationsthema. Immer wird auf "Lösungen auf europäischer Ebene" verwiesen, statt selbst tätig zu werden und Maßnahmen zu setzen, sei es bei Preisdeckeln für Energie oder beim Grenzschutz.

Abfuhr vorprogrammiert

Was bei Nehammers Pseudo-Aufstand herauskommen wird, dazu bedarf es keiner großen Phantasie. Sofort erteilten andere Staatschefs seinen Rufen nach "technischer Infrastruktur" eine Abfuhr. Unter anderem der luxemburgische Premier Xavier Bettel. "Es wäre eine Schande, wenn eine Mauer in Europa gebaut würde mit den europäischen Sternen drauf", erklärte er und wünschte sich vielmehr Geld für Entwicklungshilfe und andere Programme. Griechenlands Regierungschef Kyriakos Mitsotakis ließ hingegen durchblicken, dass ihm bis zu einem gewissen Grad egal sei, was die EU mache, Griechenland baue auf jeden Fall einen Zaun, ob mit EU-Geld oder auch ohne.

Auch Italiens neue Regierungschefin Georgia Meloni sprach sich für wirksame Grenzkontrollen aus. Sie betonte, sie stimme allem zu, was illegale Migration kontrolliert. Deutschlands Kanzler Scholz hielt sich zunächst bedeckt und verwies auf eine "gute gemeinsame Formulierung" des Gipfels. Worin von der Mobilisierung von EU-Fonds zur Verstärkung von Kapazitäten für die Grenzkontrolle und Infrastruktur sowie zur Überwachung die Rede sei, allerdings nicht von "technischer Infrastruktur" im Nehammerschen Sinne. Was am Gipfel am Schluss rauskommt? Vermutlich wieder leere Worte... 

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