Krise in der Bauwirtschaft

Wohnungsnot zementiert: Rekordrückgang bei Baugenehmigungen

Politik
Bild: Freepik

Noch nie sah es so schlecht im Baugewerbe bezüglich der Baugenehmigungen für Wohnhäuser aus, wie im April. Laut Statistischem Bundesamt war ein Rekordrückgang zu einem Vormonat zu verzeichen. Lediglich im März 2007 waren die Zahlen schlechter. Und dies in Zeiten, wo ohnehin schon eine Wohnungsnot herrscht.

In Deutschland fehlen so viele Wohnungen wie seit Jahren nicht mehr. Bundesweit gab es mit Ende 2022 ein Wohnungsdefizit von rund 700.000 Wohnungen, zu diesem Ergebnis kam zuletzt eine Studie des Hannoveraner Pestel-Instituts und des schleswig-holsteinischen Instituts "Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen Kiel" (Arge). Und es ist bei weitem keine Besserung der Situation in Sicht. Wie Erhebungen des deutschen Statistischen Bundesamtes ergaben, hält der Minustrend in der Bauwirtschaft ungebrochen an und verschärft sich sogar noch.

Über 50 Prozent weniger Baugenehmigungen für Zweifamilienhäuser

So kann man leider mit Rekordzahlen aufwarten, was den Rückgang der Baugenehmigungen in Deutschland betrifft. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum - und schon da sah es alles andere als rosig aus - gingen allein heuer von Jänner bis April die Zahlen der genehmigten Wohnungen um 27,3 Prozent zurück. Besonders betroffen waren vor allem die Baugenehmigungen für ein Zweifamilienhäuser (minus 52,1 Prozent) und Einfamilienhäuser (minus 33,5 Prozent). Für die Grünen sicher ein Grund zur Freude, vertreten sie doch die Ansicht, dass derartige Bauvorhaben ohnehin schlecht für das Klima sind und zu viel Boden versiegeln würden. Aber es zeigt, dass die Wirtschaftskrise voll durschschlägt. Denn laut Statistischem Bundesamt dürften hauptsächlich hohe Kosten für Baumaterialien und zunehmend schlechtere Finanzierungsbedingungen zum Rückgang der Bauvorhaben beitragen.

Drastischer Einbruch auch bei Mehrfamilienhäusern

Aber es trifft nicht nur den kleinen Häuslebauer. Ebenso gibt es bei Bauvorhaben von Mehrparteienhäusern mit minus 27,1 Prozent einen drastischen Rückgang. In absoluten Zahlen heißt dies, dass trotz bereits bestehender massiver Wohnungsnot rund 32.600 weniger Anträge auf Wohnungsbau gestellt wurden, als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Bei Einfamilienhäuser sind dies 9.200 Wohnungen weniger und die Zahl der Baugenehmigungen ging auf 18.300 zurück. Bei den Zweifamilienhäusern minus 5.800, gebaut werden wohl nur auf 5.300. Und bei den Mehrfamilienhäusern - der zahlenmäßig stärksten Gebäudeart - verringerte sich die Zahl der genehmigten Wohnungen  um 17.900 auf 48.200.

Wohnungsnot zementiert

Selbst bei der Regierung aus SPD, Grünen und FDP ist man aufgrund der Zahlen allmählich alarmiert. Denn nicht nur, dass man vom eigenen Regierungsplan pro Jahr 400.000 neue Wohnungen zu schaffen meilenweit entfernt ist, 2021 waren es 293.393 Wohnungen neu gebaute Wohnungen, im vergangenen Jahr 295.300, heuer rechnet die Bauindustrie mit bestenfalls 250.000 fertiggestellten Wohnungen, auch für die Zukunft lassen die massiv sinkenden Zahlen der Baugenehmigungen alles andere als eine Entspannung der Situation vermuten. Für den Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Tim-Oliver Müller, ist damit klar: "Gerade in den Ballungsgebieten und ihrem Umland wird damit die Wohnungsnot zementiert."

Ampel will gegensteuern

Dass nun die Ampel händeringend nach Lösungen sucht, trägt auch nicht zur Beruhigung bei. So will man zukünftig mehr Tempo bei Baugenehmigungen machen und bürokratische Hürden abbauen. Wie dies die Zahl der Baugehemigungen erhöhen soll, wenn ohnehin keine gestellt werden, bleibt fraglich. Zudem erinnert es fatal an die Ampel-Maßnahmen um erneuerbare Energien zu stärken, indem man die Bewilligungen für Windkrafträder vereinfachte und Umwelt- sowie Naturschutzgründe, die einen Bau verhindern könnten, einfach mehr oder weniger abschaffte. Aber auch beim Vergaberecht will man Entbürokratisieren und zugleich auch bei Förderstandards wieder zu mehr "Verhältnismäßigkeit" zurückkehren. So kritisierte FDP-Finanzminister Lindner etwa, dass die Politik durch immer höhere Wohnungsbaustandards die Preissteigerungen auch selbst vorantreibe. Aber auch eine "Liberalisierung der Grunderwerbssteuer" brachte Lindner in die Debatte ein. So solle jedes Bundesland selbst festlegen können, ob es auf die Grunderwerbssteuer bei selbst genutztem Wohnraum verzichten will. Ob dies bei Inflation, Selbstmord-Sanktionen und überall weiter steigenden Kosten hilft, bleibt fraglich.

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