Ausstieg 'moralische Pflicht'

Politik im Blindflug: Gewessler kennt Gas-Verträge mit Russland gar nicht

Politik
Bild: Bild: BMF/Wenzel / CC BY 2.0 / Flickr

Möglichst schnell aus den russischen Gaslieferungen aussteigen: Das war die Parole, welche die Regierung vor 2 Jahren ausgab. Passiert ist bisher bis auf die Ankündigung wenig. Kein Wunder, denn das Gas aus Russland ist nicht so schnell zu ersetzen, zumindest nicht zu einem günstigen Preis. Zuletzt preschte die grüne Umweltministerin Leonore Gewessler wieder vor, um den Verzicht auf russisches Gas zu erzwingen. Nun musste sie zugeben, sie kennt die Verträge überhaupt nicht.

Aktionismus ohne Sachverstand

Reiner Aktionismus und großartige Ankündigungen ohne Kenntnisse und Sachverstand: So lässt sich wohl das Agieren der schwarztürkis-grünen Regierung am schnellsten zusammenfassen. Es ist noch keine zwei Wochen her, da musste die grüne Umweltministerin Leonore Gewessler feststellen, dass es mit dem vor zwei Jahren angekündigten Verzicht auf die russischen Gaslieferungen nicht so richtig funktioniert. Teilweise betrug die Importquote bis zu 98 Prozent.

Und es folgte die nächste Ankündigung. Ein Ausstieg aus den OMV-Lieferverträgen, die bis 2040 laufen würden und auch eine Änderung des Gaswirtschaftsgesetz, die die Versorger dazu anhalten sollen, nicht in Russland einzukaufen.

Ohne Kenntnis der Verträge

Doch, was sich auf Pressekonferenzen so leicht dahinsagen lässt, um einen Hauch von Aktionismus zu versprühen, wird schnell von der Realität eingeholt. So auch der billige Populismus der Ministerin. Denn in der ZiB2 musste Gewessler eingestehen, dass sie die Verträge zwischen der OMV und Gazprom weder gesehen habe, noch deren Inhalt kenne.

Dabei erklärte sie, dass sie sich an die Gesetze halten müsse. Schließlich sie die OMV eine Aktiengesellschaft, die sich nicht im Alleineigentum oder im Mehrheitseigentum der Republik befinde, weshalb auch die E-Control ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichtet sei. Gefordert bei dem Ausstieg aus russischem Gas seien daher vor allem die OMV, die ÖBAG und das Finanzministerium, so Gewessler.

Abnahme- und Lieferverpflichtungen?

Bei dem Ausstieg gehe dabei vor allem auch um eine "moralische Verpflichtung" und um aus der "Erpressbarkeit" zu entkommen, so Gewessler, die mit einem Bombensplitter in der ZiB herumwedelte. Für den geplanten Ausstieg habe sie zudem auch das Wifo damit beauftragt, den volkswirtschaftlich besten Weg dazu zu skizzieren. Wie dieser aussehen soll, ist allerdings noch offen.

Bisher wurde immer kolportiert, dass die Verträge mit der Gazprom, die bis 2040 laufen, eine Abnahmeverpflichtung Österreichs vorsehen und selbst wenn man kein Gas abnimmt, dieses zu bezahlen sei. Im Gegenzug ist vermutlich auch Russland zur Lieferung bestimmter Mengen verpflichtet, was das Argument der Erpressbarkeit etwas kritisch zu betrachten macht, denn bisher waren sowohl die Sowjetunion als auch Russland derartigen vertraglichen Verpflichtungen immer nachgekommen, ungeachtet der Weltlage.

Grüne Planwirtschaft gegen Wirtschaft

Und das russische Gas würde zu einem akzeptablen Preis vermutlich auch weiter fließen, würde sich die Ukraine, in bisher an den Zahlungen für den Transit ganz gut verdiente, nicht die entsprechenden Verträge mit Russland auslaufen lassen und somit die Gasversorgung Österreichs maßgeblich gefährden. Daher kündigte Gewessler bereits vor zwei Wochen den Weg in eine grüne Zwangs- und Planwirtschaft an.

"Wir sehen aktuell ein klares Marktversagen. Es gibt genug nicht-russisches Erdgas – aber die Energieunternehmen kaufen dieses nicht. Wenn der Markt versagt, muss der Staat eingreifen. Ich bin der Überzeugung: Die Zeit für eine gesetzliche Diversifizierungspflicht ist gekommen", erklärte sie damals ihren Willen, Unternehmen den Kauf russischen Gases faktisch verbieten zu wollen.

Für den Steuerzahler bedeutet dies im Zweifel nicht nur weiterhin hohe Energiepreise, sondern eventuell auch Pönalen an Russland aufgrund der Vertragsauflösungen.

Verzicht nicht so einfach möglich

Dabei hatte die Wirtschaft bereits im März 2023 vor den Phantastereien der Regierung und der grünen Ministerin gewarnt. Selbst bei einer kompletten Umstellung auf grüne Energie im Zuge der "Energiewende" müsste man in Dekaden und nicht in Jahren rechnen. Bis die Industrie komplett aus Erdgas ausgestiegen sei, würde es gut 20 Jahre dauern, schätzte damals der Vorstandschef des Aluminium-Hersteller AMAG Gerald Mayer. Auch der CEO der steirischen Stoelzle Glasgruppe, Georg Feith, kam bei seinen Schätzungen auf eine ähnliche Dauer.

Ebenso warnte Wifo-Chef Gabriel Felbermayr vor den EU-Plänen bis 2027 komplett auf russisches Gas zu verzichten. Das Herunterfahren auf Null schaffe neue Abhängigkeiten, erklärte er gegenüber der deutschen Presseagentur: "Ein gewisses gemischtes Portfolio sollte es in einer dann hoffentlich herrschenden Nachkriegswelt sein und nicht eines, das sich nur auf amerikanisches Flüssiggas kapriziert", warnte Felbermayr vor einem alleinigen Setzen auf US-Frackinggas.

Man darf gespannt sein, zu welchem Ergebnis dann die von Gewessler beauftragte Studie des Wifo kommt. Und ob sich die Regierungspolitik vielleicht auch wieder mehr mit Realitäten statt mit Moral beschäftigt, zumal letztere ja eigentlich eher das Fachgebiet der Kirchen ist...

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