Keine Distanzierung von Blockade

'Israel hat das Recht...': Ampel-Sprecher verharmlosen Kriegsverbrechen

Politik
Hintergrund: Freepik (2); Screenshots: Twitter (3), YouTube; Komposition: Der Status.

Die neuerliche Eskalation im Nahost-Konflikt erschüttert auch viele Menschen hierzulande. Während man sich in der Ablehnung der brutalen Methoden beim Hamas-Angriff weitgehend einig ist, scheuen sich mächtige Kreise geflissentlich, ebenso auf kritische Distanz zu den fragwürdigen Vergeltungsschlägen Israels zu zu gehen. Auch auf mehrfache Rückfrage von Journalisten wollte sich die Ampel-Regierung nicht vom überschießenden, völkerrechtlich problematischen Vorgehen gegen die Palästinenser distanzieren. Stattdessen betonte man das "Recht Israels, sich zu verteidigen"...

Gaza-Totalblockade ist völkerrechtswidrig

Angesichts dessen, dass die grüne Außenministerin viel darauf gibt, angeblich "vom Völkerrecht her" zu kommen, würde man meinen, dass die Bundesregierung genau im Auge behält, ob sich die Kriegsparteien an völkerrechtliche Vorgaben halten. Doch irgendjemand dürfte in der zugehörigen Vorlesung geschlafen haben, denn Vertreter der Bundesregierung distanzierten sich partout nicht von der Total-Blockade des Gaza-Streifens, die Israel in die Tat umsetzte. Bei der Absperrung unter anderem von Essen, Strom und Wasser als Kollektivstrafe für 2 Mio. Menschen, darunter 1 Mio. Kinder, handelt es sich um einen klaren Verstoß gegen die Genfer Landkriegskonvention. 

Entsprechend scharf fiel die Kritik von UN-Menschenrechtskommisar Volker Türk aus Österreich aus: Es sei unter dem humanitären Völkerrecht "verboten", Menschen von zum Überleben notwendigen Gütern abzuschneiden. Sogar EU-Chefdiplomat Josep Borrell, sonst eher ein Scharfmacher im Sinne des Westens, erklärte, dass die Maßnahme in krassem Widerspruch zum Völkerrecht stehe. Doch die Ampel-Regierung hatte sich hierzu bislang nicht geäußert. Also versuchte der kritische Journalist Florian Warweg (Nachdenkseiten), bei der Bundespressekonferenz ein entsprechendes Statement von Vertretern der Bundesregierung zu erhalten. 

"Solidarität mit Israel" hat Vorrang

Die Antwort war schockierend: So meinte eine Sprecherin des Bundeskanzleramtes etwa, dass für Scholz "die Solidarität mit Israel im Vordergrund" stehe. Es sei demnach auch klar, dass Israel das "völkerrechtlich verbriefte Recht" habe, sich gegen die Hamas-Angriffe zu verteidigen. Einzelne Maßnahmen würde man dabei "nicht bewerten wollen". Selbst auf die Erinnerung, dass hochrangige internationale Vertreter die Total-Blockade Gazas nicht vom Völkerrecht gedeckt wurde, kam erneut dieselbe Antwort. 

Insgesamt noch vier weitere Male wurde dieselbe Frage von zwei weiteren Journalisten gestellt, auch an den Sprecher des Außenministeriums. Aber dort kamen dieselben Stehsätze: Die Solidarität mit Israel stehe im Vordergrund und Israel habe "das völkerrechtlich verbriefte Recht, sich zu verteidigen". Von der systematischen Aushungerung der Zivilbevölkerung durch das offizielle Israel wollte man sich dabei nicht distanzieren oder erklären, ob diese Vorgehensweise im Einklang mit dem Völkerrecht stehe.

Völkerrecht erlaubt "nationalen Befreiungskrieg"

In seiner journalistischen Bewertung erklärt Warweg, dass diese Argumentation für die Bundesregierung "schnell zu einem Bumerang" entwickeln könnte. Denn bedenkt man, dass sowohl die UNO, als auch die USA und sogar das offizielle Deutschland die Palästinensergebiete weiterhin als besetzte Gebiete betrachten, sehe die Sache mit dem Völkerrecht anders aus.

Denn das Völkerrecht räume laut renommierten Professoren in diesem Gebiet besetzten Völkern ausdrücklich das Recht ein, zu "bewaffneter Gewalt zu greifen, um ihr Recht auf Selbstbestimmung zu verwirklichen" respektive einen "Krieg der nationalen Befreiung zu führen". Dabei dürften allerdings nur militärische Ziele angegriffen werden, schob Warweg auf Twitter/X hinterher. Sprich: Die völkerrechtliche Hauptproblematik mit der Vorgehensweise militanter Palästinensergruppen wäre nicht der bewaffnete Aufstand radikaler Palästinenser-Gruppen, sondern die Gewalt gegen Zivilpersonen.

Detail am Rande: Zusätzlich gibt es auch die vom politologischen Generalkonsens abweichende Meinung, dass radikale Siedler-Gruppierungen aufgrund ihrer teilprofessionellen Bewaffnung nicht als reine Zivilisten, sondern womöglich als Kombattanten anzusehen wären. Alleine dieser Umstand zeigt bereits, wie gefährlich die Argumentation der deutschen Bundesregierung eigentlich ist...

Israelische Kriegsverbrechen ausgeblendet

Während die Öffentlichkeit im Westen sich weiter geschlossen hinter Israel versammelt und Horror-Geschichten aus mitunter fragwürdigen Quellen unhinterfragt übernimmt, um ein Verständnis für das harte Vorgehen Israels zu erzeugen, wird das Leid auf der anderen Seite völlig ausgeblendet. Dass offenbar im Gazastreifen bei den vermeintlich mit "großer Präzision" ausgeführten Gegenschlägen eine Schule getroffen wurde und infolgedessen 30 Schüler und 11 UN-Mitarbeiter starben, wurde von den meisten Medien im Westen schlichtweg ignoriert. Auch Vorwürfe des angeblichen Einsatzes weltweit geächteter Phosphormunition wurden bereits erhoben.  

Gaza-Auslöschung - und Mega-Flüchtlingsstrom?

Indes eskaliert in Israel die politische Kriegsrhetorik immer weiter. Wie Der Status berichtete, forderte eine Knesset-Abgeordnete aus der Netanjahu-Partei bereits den Einsatz von Atomwaffen gegen Gaza. Eine Kollegin aus einer weiteren Regierungspartei stellte heraus, dass es für sie in Gaza "keinerlei Unschuldige" gebe. Beide plädierten dafür, den Gazastreifen dem Erdboden gleichzumachen. Nun ordnete Israel wegen weiterer Angriffe an, dass sich 1,1 Mio. Zivilisten in den Süden der Region begeben sollen, um angeblich sicher zu sein. Früher oder später könnte allerdings die große Vertreibung einsetzen. Den Mega-Flüchtlingsstrom dürfte einmal mehr Europa abbekommen...

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