Kein Glück im Verteidigungsressort

Deutschland: Pannen-Ministerin Lambrecht erklärt Rücktritt

Politik
Bild: NATO North Atlantic Treaty Organization, CC BY-NC-ND 2.0 , Flickr

Tragbar war sie in Berlin für die Ampel-Regierung schon länger nicht mehr. Nun tritt Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) zurück. Für viele war der Rücktritt der 57-Jährigen, deren Amtsführung von einer ganzen Reihe von Patzern begleitet war, nur mehr eine Frage der Zeit. Nun stellt sich die Frage der Nachfolge. Abermals könnte irgendeine Quote statt Kompetenz den Ausschlag geben.

Erlebt hat Christine Lambrecht während ihrer Amtszeit als Verteidigungsministerin viel. Mit Pumps stolperte sie bei einem Truppenbesuch durch Mali, mit ihrem Sohnemann unternahm sie einen Helikopterflug auf Steuerkosten und zu Neujahr veröffentlichte sie ein wenig vorteilhaftes Video in sozialen Medien. Darin steht sie in Berlin, Böller und Raketen knallen im Hintergrund und sie erklärt mit zerzausten Haaren: "Mitten in Europa tobt ein Krieg. Damit verbunden waren für mich ganz viele besondere Eindrücke ... viele, viele Begegnungen mit interessanten, mit tollen Menschen. Dafür sage ich ein herzliches Dankeschön."

Zweifelhafte F35-Beschaffung

Neben derartigen Hoppalas war auch ihre Amtsführung immer wieder Ziel von Kritik. So allein die Beschaffung der F35-Kampfflugzeuge, die einige Fragen aufwirft. 10 Milliarden Euro soll der Deal den deutschen Steuerzahler kosten. Dafür gibt es ein Komplettpaket für 35 Maschinen einschließlich Wartung, Service und späteren Uprades - in Summe 286 Millionen Euro pro Flieger also: Ein stolzes Sümmchen.

Die Schweiz hingegen schloss vor einem Jahr ein ähnliches Geschäft ab, was Dauer und Wartung betrifft. Sie bestellte 36 Maschinen - aber zahlte nur rund sechs Milliarden Franken bzw. Euro dafür. Damit kommt sie auf einen Stückpreis von 167 Mio. Euro pro Flieger. Dies zeigt die Unfähigkeit der deutschen Beschaffer oder ein besonderes Verhandlungsgeschick der Eidgenossen.

Zudem wurde von deutscher Seite auch auf Gegenschäfte völlig verzichtet. Hingegen fließen fast 50 Prozent des schweizerischen Auftragsvolumens durch Beteiligungen und Gegengeschäfte in die Schweiz zurück.

Keine Fortschritte an der Materialfront

Und auch in anderen Bereichen tat sich wenig bis nichts. Weder bei der Beschaffung von Waffen noch Munition waren Fortschritte zu vermelden. Und auch für die Haushaltsplanung 2023 war kein Mehrbedarf oder gar erhöhte Bestellungen angemeldet worden. Nun wäre es natürlich falsch, Lambrecht die alleinige Schuld am nicht einsatzfähigen Zustand der Bundeswehr zu geben. Vor ihr dilettierten sich schon Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Ursula von der Leyen (CDU) und viele andere durch das Amt. Denn Geld für die Truppe auszugeben war seit Jahren politisch nicht opportun, ganz egal welches Parteibuch der Minister hatte.

Ganz anders bei den Waffen-Lieferungen für die Ukraine: Hier wurden die Geldmittel für das laufende Jahr sogar von 2 Mrd. Euro im Vorjahr auf satte 2,2 Mrd. Euro in diesem Jahr erhöht. Zuletzt hatte sich Lambrecht allerdings geziert, zusätzliche schwere Waffen für die Konfliktregion freizugeben. Das brachte sie ins Visier von FDP und Grünen - soll Lambrecht den Platz also für überzeugtere Kriegstreiber räumen?

Rücktritt wegen medialer Fokussierung

Seit dem Wochenende machten jedenfalls schon Gerüchte über einen kommenden Rücktritt Lambrechts die Runde. Nun ist er Gewissheit. In einer Erklärung des Verteidigungsministeriums schrieb Lambrecht: "Die monatelange mediale Fokussierung auf meine Person lässt eine sachliche Berichterstattung und Diskussion über die Soldatinnen und Soldaten, die Bundeswehr und sicherheitspolitische Weichenstellungen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger Deutschlands kaum zu.“  Sie habe sich daher dafür entschieden, ihr Amt zur Verfügung zu stellen, denn die Bundeswehr müsse im Vordergrund stehen. Zudem dankte sie allen, "die sich jeden Tag für unsere Sicherheit engagieren". Sie wünsche ihnen "von Herzen alles erdenklich Gute für die Zukunft".

Schwierige Nachfolge

Wer nun nachfolgt, ist noch offen. Als mögliche Nachfolger wurden bereits der bisherige Arbeitsminister Hubertus Heil, der SPD-Vorsitzende Lars Klingenbeil, Kanzerlamtschef Wolfgang Schmidt oder die Wehrbeauftragte des Bundestages Eva Högl genannt. Davon haben die meisten ihren Wehrdienst verweigert, selbst Klingenbeil, der Sohn eines Offiziers. Gebunden ist Scholz zudem dadurch, dass er verkündet hatte, das Kabinett nach Quote zu besetzen.

Er bräuchte also wieder eine Frau als Verteidigungsminister, was bei zivildienenden Männern dann auch keinen großen Unterschied mehr macht. Aus der Koalition könnte er auch noch auf die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses und Scharfmacherin Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) zurückgreifen, was allerdings einen größeren Kabinettsumbau bedeuten würde.

Weitere Artikel, die Sie interessieren könnten