Multipolare Weltordnung

BRICS-Treffen: Kampfansage an US-Vorherrschaft und Dollar-System

Politik
Symbolbilder: Freepik (2), Pixabay; Komposition: Der Status

Der "Freie Werte-Westen" ist längst nicht mehr das erstrebenswerte Vorbild für viele Länder und auch nicht mehr der dominante globale Faktor. Stattdessen bildet sich um den BRICS-Staatenverbund, der am 22. bis 24. August in Südafrika ein Treffen abhält, ein Gegengewicht. Befeuert wurde diese Entwicklung auch gerade durch den Ukraine-Krieg, bei dem sich der Westen eigentlich auf der moralischen Gewinnerseite wähnte. Doch in Johannesburg könnten weitere Schritte zum Ende des US-Dollar-Imperialismus eingeleitet werden.

USA auf absteigendem Ast

McDonald's, Coca Cola und "In God We Trust" haben zunehmend ihre Strahlkraft eingebüßt. Denn viele Länder erinnern sich nur allzu gut an die von Bomben begleiteten Demokratieausflüge der USA oder an Regime-Chance-Versuche mit unterschiedlichsten Mitteln rund um den Globus. Daneben hat "God's own Country" auch nicht mit Versprechungen oder häufiger Drohungen gespart, wenn es darum ging, die einen Interessen durchzusetzen und mögliche Abweichler schnell wieder auf Linie der Interessen des US-Imperialismus zu bringen.

Funktionierte dies nicht wie gewünscht, kamen eben jene Bomben oder mehr oder weniger verdeckte Aktionen von Syrien bis zum Maidan zum Einsatz oder man landete auf einer Liste der "Schurkenstaaten" und wurde mit Sanktionen überzogen.

Ukraine als Augenöffner

Der Konflikt in der Ukraine dürfte dabei für viele Staaten - zumindest jene, die nicht der NATO oder der EU angehören - zum sprichwörtlich letzten Stoß geworden sein, der den Stein ins Rollen brachte. Ein Augenöffner, der zeigte, wie skrupelos die USA eigentlich gewillt sind, ihre Interessen durchzusetzen. Von freien Werten eines freien Westens keine Spur, wobei dies zumeist ohnehin nur Lippenbekenntnisse waren.

Sanktionen gegen Russland und dabei vor allem die Abschneidung vom internationale Zahlungsverkehrssystem SWIFT sowie das Einfrieren von Staatsvermögen und auch die Maßnahmen gegen Privatpersonen, die in dem Verdacht stehen, regimetreu bzw. nicht putinfeindlich genug zu sein, machten vielen Staaten klar, wie angreifbar sie eigentlich sind. Seien es afrikanische oder südamerikanische Länder oder auch Saudi-Arabien oder die Vereinigten Arabischen Emirate.

Wer garantiert ihnen, dass sie nicht plötzlich auf einer Liste der Schurkenstaaten stehen, denen im Ernstfall sogar "die Demokratie eingebombt" wird? Oder sich, weil sie US-Forderungen nicht nachkommen wollen, auf einmal vom Zahlungsverkehr abgeschnitten und mit Sanktionen überzogen werden?

BRICS-Zulauf durch Ukraine-Krieg

Das Russland trotz der Sanktionen nicht in die Knie brach, wie es die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock ausdrückte und wünschte, lag dabei zuförderst an der Tatsache, dass sich zwischen Smolensk und Naukan, Irkutsk und Norilsk zahlreiche begehrte Bodenschätze befinden, die immer ihre Abnehmer finden. Will die EU kein Öl oder Gas aus Russland, findet sie jemand anderes und verkauft es im Zweifel gewinnbringend an die EU weiter. Zudem hat Russland, welches bereits seit Jahren vom Westen mit Sanktionen belegt ist, seine Wirtschaft neu aufgestellt und auch diplomatische Schritte gesetzt, die sich jetzt auszahlen.

Der sogenannten BRICS-Staaten-Verbund (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika), erfreut sich regen Zulaufs. So haben seit dem Ukraine-Krieg unter anderem Algerien, Argentinien,  Ägypten, Bahrain, Indonesien, der Iran oder auch Saudi-Arabien ihren Willen zur Mitgliedschaft bekundet - Insgesamt 19 Nationen, wie im Juni Anil Sooklal, Südafrikas Botschafter bei der Gruppe, bei einem Vorbereitungstreffen in einem Interview erklärte. Mittlerweile sind es 23 Staaten.

Wirtschaftliche Macht der BRICS

Dabei darf nicht vergessen werden - von Seiten der G7-Staaten, die sich immer noch für die Führung der Welt berufen halten, wird dies allerdings verdrängt - dass laut dem Internationalen Währungsfonds die BRICS-Länder, gemessen an der Kaufkraftparität, einen größeren Anteil an der globalen Wirtschaftstätigkeit als die G7-Staaten haben.

So erinnerte vor rund einer Woche die südafrikanische Ministerin für internationale Beziehungen und Kooperation, Naledi Pandor, bei einer Pressekonferenz daran, dass Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika zusammen circa 42 Prozent der Weltbevölkerung und fast 30 Prozent des Weltterritoriums, etwa 27 Prozent des weltweiten BIP und rund 20 Prozent des internationalen Handels auf sich vereinen.

Und dazu kommt noch die Rohstoff-Frage. Tritt Saudi-Arabien den BRICS bei, wären 35 Prozent des weltweiten Ölangebots in den Händen des Bündnisses. Rechnet man weitere beitrittswillige Staaten oder Sympathisanten dazu, darunter den Iran, Venezuela, Mexiko, Libyen, die Vereinigen Arabischen Emirate und eine Reihe afrikanischer Länder, wären es sogar bis zu 57 Prozent der Weltproduktion, und bei den Kohlewasserstoff-Reserven wären es 70 Prozent. Von anderen Rohstoffen gar nicht zu reden.

34 Staaten bei BRICS-Gipfel

Und in wenigen Tagen werden sich in Südafrika die Vertreter von insgesamt 34 Staaten einfinden, die unter dem Motto "BRICS und Afrika: Partnerschaft für wechselseitig beschleunigtes Wachstum, nachhaltige Entwicklung und inklusiven Multilateralismus" beraten werden. Dabei steht auch die Ausrichtung der Welt hin zu einer multipolaren Weltordnung ganz oben auf der Agenda. Denn im Rest der Welt ist man es zunehmend leid, sich von den westlich-liberalen Regierungen zu westlichen Narrativen wie "Demokratie" und "Menschenrechten" (beziehungsweise deren Zerrbilder) schulmeisterlich belehren zu lassen.

Zumal man die "Segnungen" dieser westlichen Exportgüter oftmals in der eigenen Nachbarschaft zur Genüge beobachten und kennenlernen konnten. Kein Wunder also, dass auch Bolivien, Honduras, Kuba und Venezuela an dem Treffen teilnehmen und zumindest Bolivien und Venezuela bereits um Aufnahme ansuchten. War ja Mittel- und Südamerika bisher ein Gebiet, welches die USA als eigenen Vorgarten betrachteten.

Kampfansage an US-Dollar

Und dazu, so zeigen die Staaten bereits, sind sie auch gewillt, die Dollar-Dominanz im weltweiten Handel zu schwächen oder gar zu brechen. So wird international zunehmend unter Umgehung des US-Dollars in den Landeswährungen gehandelt. China kann somit in Saudi-Arabien Öl mit Yuan einkaufen. Auch Russland verkauft seine Waren - wie das Gas, welches Österreich bezieht - nurmehr gegen Rubel. Und auch andere BRICS-Staaten rechnen zunehmend unter Auslassung des Dollars in ihren Währungen ab.

Bis die BRICS jedoch eine eigene Währung, vielleicht auch mit Golddeckung einführen, wie immer wieder gemutmaßt wird, dürfte noch einige Zeit vergehen. Vielmehr wird man, was für den Anfang augenscheinlicher wäre, eine Rechnungswährung für den Handel untereinander aus der Taufe heben, wie es ähnliches schon mit dem sogenannten Transferrubel für den Handel der Ostblockstaaten miteinander bis zum Fall des Eisernen Vorhanges gab.

Neues Selbstvertrauen gegenüber der alten Welt

Für den Westen, der die Entwicklung verschlafen hat und sich seiner bestimmenden Rolle zu sicher war, dürfte es also zunehmend ungemütlich werden. Während man ziemlich allein das Ukraine-Pferd reitet, hält sich der Großteil der Welt aus dem Konflikt heraus, schließlich gibt es auch in anderen Weltgegenden, oftmals nicht ohne Einmischung oder Zündelei der USA, auch genug andere Kriege und Bürgerkriege, so dass dieser Konflikt alles andere als etwas besonders ist.

Auch von der russischen Alleinschuld-These hält man wenig und sieht auch eine beträchtliche Verantwortung der USA, die zudem eine friedliche Beilegung verhindert. Nicht umsonst waren afrikanische Staatschefs zuletzt auf Friedensmission in Kiew und Moskau, eine Initiative, die dem Westen gut angestanden wäre, von diesem jedoch nur belächelt wurde. Aber es zeigt, auch das diplomatische Pendel scheint sich von Europa und Washington wegzubewegen.

Schlechte Zeiten für den "Westen"

Dass die Ratingagentur Fitch Anfang August den USA wegen zu hoher Schulden die Bestnote entzog und sie abstufte, dürfte die Pläne der BRICS-Staaten weiter befeuern. Denn es sind nicht wenige Schwellenländer, die bisher auch den Dollar nutzten, aber mit einer beständigen Knappheit konfrontiert waren. Ein neues BRICS-Geldsystem - und wenn es nur der Verrechnung dient - könnte daher auf Rohstoffen und Realwerten fußen. Der Dollar als Leit- und Spekulationswährung wäre dann zunehmend obsolet. Für die USA noch eher verkraftbar, als für Europa, da das Land selbst über viele Rohstoffe verfügt.

Aber in Europa zeigen die Selbstmord-Sanktionen und der Wegfall der russischen Rohstoffe sowie die neue Abhängigkeit von den USA bereits Wirkung. Die Wirtschaft stottert. Und war es bisher der Technologische Fortschritt, der den "Laden am Laufen" hielt, ist dieser zunehmend dahin. Dies wird sich in Zukunft noch stärker auswirken, denn ohne Rohstoffe, seltene Erden etc. keine Chips und keine technischen Neuentwicklungen. Und ohne Energie auch letztlich keine Produktion mehr. Dann werden sich viele Länder vielleicht fragen: Wozu brauchen wir die eigentlich noch...?

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