Er holte Janich aus Philippinen-Knast

Anwalt Haintz erklärt: So mies tricksten Behörden, um Janich zu verhaften

Meinung
Haintz: haintz-legal.de; Janich: Facebook; Komposition: Der Status

Fünf lange Monate saß der deutsche Aufdecker-Journalist Oliver Janich, ein Urgestein der alternativen Medienszene, vordergründig wegen eines "Meinungsdelikts" in Abschiebehaft auf den Philippinen. Unermüdlich kämpft sein Anwalt Markus Haintz für Gerechtigkeit und erreichte so, dass Janich am 20. Januar wieder nach Hause durfte. Im Gespräch mit "Der Status" erklärt Haintz, wieso es sich beim Vorgehen der deutschen Justiz um eine Schikane gegen einen unbotmäßigen Kritiker handelt und welche weiteren Schritte nun bevorstehen.

Der Status: Nach über fünf Monaten wurde Oliver Janich aus der Abschiebehaft entlassen. Wie haben Sie als sein Anwalt diese Zeit erlebt - und wie gelang es letztendlich, dass er wieder zu seiner Familie zurückkehren durfte?

Haintz: Ich bin von der Situation nicht persönlich betroffen, dennoch ist eine Haftsache im Ausland stets kompliziert und erfordert auch eine andere Kommunikation als ein „Standardfall“. Ich bin hier aber nicht das Opfer, das ist Herr Janich. Am Ende konnte die Freilassung dadurch erreicht werden, dass die falschen Behauptungen deutscher Behörden, Janich sei auf der Flucht und es laufe ein Passentziehungsverfahren gegen ihn, aus der Welt geschafft werden konnte.

Ein paar Worte über Ihre Arbeit: Sie sind nicht nur Anwalt, sondern auch Aktivist und Reporter und kamen somit in den letzten drei Jahren viel umher. Viele Bürger haben zumeist nur die Lage in Europa am Schirm - aber wie erlebten sie die gesellschaftliche und geopolitische Lage außerhalb Europas? Wo ist das Widerstandspotenzial des einfachen Volkes aktuell am größten?

Das hängt davon ab, was man mit Widerstandspotenzial meint. Die Franzosen lassen sich sicherlich mit am wenigsten gefallen. Aber auch in Deutschland und Österreich war das Widerstandspotenzial gegen die staatlichen Machtüberschreitungen zwischen 2020 und 2022 sehr groß. In ärmeren Ländern dagegen, zum Beispiel in Südamerika, richtet sich der Unmut der Bevölkerung in aller Regel gegen die Lebensbedingungen und den politischen Kampf „rechts“ gegen „links“ und weniger gegen Coronamaßnahmen etc.  

Es wurde viel über die Hintergründe der Janich-Verhaftung kolportiert . Aber was konkret wirft ihm die deutsche Justiz nun tatsächlich vor? Und mit welcher Begründung hält sie diese Vorwürfe für brisant genug, um seine Auslieferung zu begehren? 

Die Vorwürfe sind nicht im Ansatz „brisant“ genug um eine Auslieferung zu erreichen. Zu den Vorwürfen geben wir im Moment keine weitere Stellungnahme ab, diese können teilweise aber auch recherchiert werden.

Wie geht es nun im "Fall Janich" weiter? Welche rechtlichen Verteidigungsstritte stehen unmittelbar und mittelbar an - und wie beurteilen Sie aktuell die Chancen auf einen vollständigen Freispruch oder gar eine Einstellung des Verfahrens gegen seine Person?

Wir haben am 27. Januar gegen den Strafbefehl des Amtsgerichts München Einspruch eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Der entsprechende Schriftsatz wurde auf unserer Kanzleiwebsite veröffentlicht. Die Chancen, das Verfahren wieder zu eröffnen sind durchaus gut, da gravierende Prozessrechte unseres Mandanten beschnitten worden sind. Insbesondere erfolgte die Verhaftung auf den Philippinen rechtswidrig und unter Zuhilfenahme eines „Tricks“ deutscher Behörden, die wahrheitswidrig ein Passentziehungsverfahren und eine vermeintliche Flucht gegenüber den philippinischen Behörden behaupteten.

Den detaillierten Einspruch gegen den Strafbefehl können Sie hier im vollen Wortlaut lesen.

Inwiefern wirkt sich das laufende Verfahren auf die Möglichkeiten von Herrn Janich aus, brisante Aufdeckungen, Enthüllungen und Kommentare zum täglichen Geschehen zu tätigen, aus?

Zumindest bis über unseren Antrag entschieden wird, steht Herr Janich unter Bewährung. Aufgrund der unklaren Rechtslage bezüglich diverser Äußerungsdelikte in Deutschland, wird er sich künftig „vorsichtiger“ ausdrücken müssen. Wir gehen aber davon aus, dass wir die Vorwürfe in einem rechtsstaatlichen Verfahren entkräften können.

Janich ist nicht der einzige Akteur aus dem systemkritischen Bereich, den die Justiz in den letzten Wochen und Monaten verfolgte. Inwiefern haben Sie das Gefühl, hier sollen Exempel statuiert werden, um die kritische Szene "abzuschrecken"? 

Hier verweise ich zunächst auf unseren Schriftsatz. Wenn deutsche Behörden wahrheitswidrig ausländische Behörden dazu bewegen, deutsche Staatsbürger rechtswidrig zu verhaften, dann liegt der Verdacht nahe, dass ein politisches Exempel statuiert werden sollte. Im konkreten Fall kam die wahrheitswidrige Aussage von einem BKA-Beamten. Aus der philippinischen Akte ergibt sich, dass ein deutscher Polizist - wahrheitswidrig - am 21. Januar 2022 und am 8. Juli 2022 den philippinischen Behörden mitteilte, dass Janich „flüchtig“ sei und dass gegen ihn Passentziehungsmaßnahmen durch die deutsche Botschaft eingeleitet worden seien. Aufgrund dieser falschen Aussagen wurde unser Mandant rechtswidrig verhaftet und seiner 5 Monate seiner Freiheit beraubt.

Wie können sich einfache Bürger am Besten vor dem langen Arm einer möglichen "Gesinnungsjustiz" schützen, wenn sie es wagen, an vorderster Front gegen die herrschenden Zustände aufzustehen? Ist dem "deutschen Rechtsstaat" in dieser Form überhaupt noch zu trauen?

Der deutsche Rechtsstaat hat massive Probleme, vor allem auch damit, gleiche Sachverhalte gleich zu bewerten. Es entsteht immer mehr der Eindruck, dass für Regierungskritiker andere Maßstäbe herrschen, als für „Normalbürger“.

Vielen Dank für das Gespräch!

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