Schließungswelle erreicht die Großen

Wirtschaftskrise: Möbelhaus Kika/Leiner schließt über die Hälfte der Filialen

Wirtschaft
Bild: Shadster, CC BY-SA 4.0, Wikimedia Commons

Es sieht nicht gut aus in der Wirtschaft. Neben mehreren Großpleiten zieht nun auch der neue Eigentümer des Möbelhändlers Kika/Leiner die Notbremse. Mehr als die Hälfte der Filialen sollen geschlossen werden. Rund 1.900 Mitarbeitern droht die Entlassung. Der Handelsverband in Deutschland warnte zudem zuletzt von einer "Pleitewelle".

Es ist kaum eine Woche her, da verkaufte die Signa Retail Holding des Tiroler Investors und ehemaligen Kanzler-Intimus Rene Benko nach rund 5 Jahren die Möbelkette Kika und Leiner. Das operative Geschäft mit insgesamt 39 Filialen übernahm ein Managementteam rund um den ehemaligen Kika/Leiner-Manager Hermann Wieser. Die Immobilien wurden von der Supernova-Gruppe des deutsch-österreichischen Fachmarkt-Unternehmers Frank Albert übernommen. Nun sickerte durch: Der neue Eigentümer plant "tiefgreifende Restrukturierungen".

Filialschließungen und Entlassungen

Denn es läuft im Unternehmen alles andere als rund. Man habe das Unternehmen mit einem operativen Verlust von 150 Millionen Euro übernommen und somit ist "das operative Geschäft der Kika/Leiner Gruppe massiv sanierungsbedürftig, es besteht akuter Handlungsbedarf", so die neuen Eigentümer. "Wir sind angetreten, um Kika/Leiner zu retten. Und wir retten jetzt, was zu retten ist", fasst Kika/Leiner-Geschäftsführer Hermann Wieser die aktuelle Situation zusammen. "Aus diesem Grund wurden sofort alle notwendigen Maßnahmen zur Sanierung von Kika/Leiner eingeleitet."

Und das bedeutet tiefgreifende Maßnahmen. So sollen wohl 23 Filialen geschlossen und rund 1.900 Mitarbeiter entlassen werden. Betroffen sind mit der Schließung mit Ende Juli 2023 die Leiner-Standorte Judenburg, Wels, Linz, Steyr, Amstetten, Vöcklabruck, Villach und Wien-Nord sowie die Kika-Standorte in Lienz, Mistelbach, Liezen, Ried, Feldbach, Leoben, Saalfelden, Horn, Unterwart, St. Johann, Wörgl, Stockerau, Imst, Eisenstadt und Wien-Ottakring.

Gründe für Schieflage

Als Gründe für die Schieflage des Unternehmens werden unter anderem "Management-Fehler, explodierende und nicht an die Rahmenbedingungen angepasste Kosten, komplizierte, personalintensive Abläufe, falsche Markenstrategien, zu geringe Flächenproduktivität, viel zu hohe Overheadkosten" genannt. Für die Mitarbeiter versucht man bestmögliche Lösungen zu finden, darunter auch eine eigene Jobplattform mit überregionalen Anbietern aus Handel und Gewerbe wie Obi, Billa, Bipa, Penny, Tedi, Müller, Deichmann, Action, NKD. Und auch ein Fonds soll zur Abfederung von Härtefällen eingerichtet werden.

9.000 Geschäftsschließungen für 2023 erwartet

Das Kika-Leiner-Dilemma passt dabei nahtlos in die Insolvenzen wie die des Modehändlers Peek & Cloppenburg oder schon 2021 der Adler Modegruppe. Zuletzt klagten auch Möbelhäuser in Deutschland über einen Kundenrückgang von 30 bis 40 Prozent - und dies noch vor dem Sommerloch. Im April warnte zudem der deutsche Handelsverband vor einer weiteren Verschlechterung der Situation und einer Schließungswelle. Insgesamt 9.000 Geschäfte würden 2023 schließen, prognostizierte der HDE.

Diese 9.000 Geschäftsschließungen sind zwar weniger als im vergangenem Jahr, als 11.000 schlossen - damals erklärte man die Zahl mit Corona und einem auch dadurch bedingten Nachholbedarf - aber 9.000 Schließungen ist fast doppelt so viel, wie in den Vor-Corona-Jahren. Von 2015 bis 2019 waren in der Regel rund 5.000 Geschäftsschließungen im Handel pro Jahr zu verzeichnen.

Es steht also zu erwarten, dass die Zahlen für Österreich - hier ist die Inflation noch deutlich höher als im benachbarten Deutschland - nicht viel anders ausfallen werden.

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