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'Private' Geheimdienst-Agenten

Akte Molfar: Wie Todeslisten-Agentur für Kiew das Kriegsnarrativ im Westen steuert

Welt
Symbolbilder (2): Freepik; SBU-Logo: Wikimedia Commons (public domain); Molfar-Logo: Molfar, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0; Komposition: Der Status.

Vor wenigen Tagen berichtete "Der Status" exklusiv über eine bedrohliche ukrainische Todesliste, die auch Dissidenten in Europa & den USA ins Visier nimmt. Auch FPÖ-Chef Herbert Kickl, mehrere freiheitliche EU-Abgeordnete und alternative Medienmacher stehen darauf. Doch das ist nicht alles: Die ominöse Agentur war instrumental dabei, die im Westen transportierten Narrative zu den Vorfällen in Butscha, zur Sprengung des Kachowska-Staudammes oder bei der Erzählung angeblich zahlreich nach Russland verschleppter ukrainischer Kinder, zu fabrizieren. Einige weitere "Recherchen" sind von einer Präzision, die man sonst eben nur von Geheimdiensten kennt.

+ + + Hier geht's zum "Der Status"-Aufdeckerartikel über die ukrainische Molfar-Todesliste & die zugehörigen Netzwerke + + +

Butscha & Dammbruch: Molfar prägte Narrativ

Nützlich ist dabei das weltweite Journalisten-Netzwerk von über 1.000 Personen, auf das Molfar laut eigenen Angaben zurückgreifen kann. Und dieses hilft ihnen, Infos breit in alle Welt zu streuen, ganz gemäß dem eigenen Narrativ. So übernahm etwa "Euronews" die Story zu Verschleppungen ukrainischer Kinder nach Russland, die wochenlang hierzulande medial rauf und runter gespielt wurde. In einem Interview sprach Molfar-Chef Artem Starosiek über die für Privat-Rechercheure in einem Kriegsland eigentlich undenkbare Präzision, mit der man etwa die persönlichen Daten von über 1.600 russischen Soldaten, die sich in Butscha aufhielten, und ihrer Verwandten ausforschte.

Noch größeren Einfluss hatte man auf die Rezeption der Sprengung des Kachowska-Staudammes. Hier nutzte Molfar dutzende Stand-, Luft- & Satellitenbilder, welche angeblich belegen sollen, dass die Russen entgegen jeder Logik (Der Status berichtete) für dessen Zerstörung verantwortlich seien. Dabei identifizierte man auch Offiziere der russischen Armee, welche dafür verantwortlich seien. Die europäische Niederlassung des transatlantischen Springer-Mediums "Politico" berief sich auf den Molfar-Text und nahm ihn als Untermauerung für die dünne ukrainische Behauptung, man habe einen Telefonanruf abgehört, in dem Russland seine Täterschaft zugebe.

Molfar-CEO ist "Aspen Institute"-Jünger

Molfar ist nicht irgendein unbekanntes Rechercheportal mit einer britischen Postkasten-Adresse, sondern einer der zentralen "Open Source Intelligence" (OSINT)-Akteure der Ukraine. Die Firma wurde vor 10 Jahren von Artem Starosiek gegründet. Dieser durchlief laut der wichtigen ukrainischen Zeitung "Kyiv Post" ein Programm der transatlantischen Denkfabrik "Aspen Institute", über dessen Ausrichtung Der Status berichtete. Bekannt wurde die globalistische Einrichtung nicht nur durch Ex-CEO Walter Isaacson, Ex-CEO von CNN und WEF-"Agenda Contributor", sondern auch durch die Mitgliedschaft der scheinrechten italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni.

Für Starosiek war es ein perfektes Sprungbrett: Zuerst agierte er in leitender Position bei mehreren "Venture Capital"-Firmen. Vor fünf Jahren gründete er die OSINT-Firma "Molfar". Unter dem von US-Geheimdiensten geprägten "OSINT"-Begriff versteht man die geheimdienstliche bzw. geheimdienstähnliche Sammlung offen verfügbarer Informationen, auch über Privatpersonen, um sie in einem Dossier zusammenzufügen. Spätestens mit dem laufenden Konflikt wurde die nachrichtendienstlich engagierte Firma zur führenden OSINT-Agentur der Ukraine. In dieser Funktion beeinflusste Molfar maßgeblich die Berichterstattung über den Ukraine-Konflikt auch im Westen. 

Feindesliste mit Adressen & Passnummern

Die eigenen Recherchen werden sehr detailliert dargelegt und erreichen mitunter ein Millionenpublikum. Einige davon zielen auf die Identifizierung von russischen Soldaten ab. So sammelte man für einen Bericht über einen Raketenangriff in Dnipropetrowsk im Jänner des Vorjahres die persönlichen Daten von 55 Personen, die dem Regiment angehörten, das demnach dafür verantwortlich sei. Ein Molfar-Bericht über 167 angebliche "Russen-Spione", die im Westen aktiv seien, erreichten sogar hiesige Medien. Infos über 37 private russische Armee-Unternehmen breitete Starosiek sogar selbst in einem Gastartikel für die "Kyiv Post" aus

Die Molfar-Agenten sammeln in Geheimdienst-Manier die Infos über Privatpersonen. Diese können detailliert sein: Unter den "Feinden der Ukraine" findet sich neben der Kategorie für "ausländische Propagandisten", unter der sich auch Politiker & Medienschaffende aus Österreich befinden (Der Status berichtete) auch eine Liste, die Geistliche des Moskauer Patriarchats der ukrainisch-orthodoxen Kirche auflistet. Andere Dossiers widmen sich russischen Geheimdienst-Absolventen, russischen Regimentern, angeblichen Kriegsverbrechen und "russischen Agenten" im Frontgebiet. Häufig wird dabei auch deren Wohnadresse oder sogar die Passnummer (!) auf der Feindesliste vermerkt. 

Bespitzelung in Geheimdienst-Manier

Gerade als Journalist eines Mediums, das Tiefenrecherche & Netzwerk-Analyse zu den wichtigsten Stärken zählt, erscheint es mir naheliegend, dass manche Molfar-Information nicht "Open Source" ist, sondern aus dem Geheimdienst-Bereich stammt. Und stellenweise scheint auch Molfar dies anzudeuten. Zur Frage, wie man auf Personalien der "Russen-Spione" (im westlichen Datenschutz-Dschungel!) kam, meinte Starosiek kryptisch: "Jemand" habe eine Liste durchgestochen. Eine sonderbare Formulierung für eine exklusive Aufdecker-Geschichte. Käme sie von Informanten aus dem russischen Apparat, könnte man dies so benennen. Offenbar will er seine Quelle verschleiern.

In der Folge hätten sich Verdachtsfälle erhärtet, indem Molfar die Telefonnummern der mutmaßlichen Spione orten und mittels Bots auf Telegram überprüfen habe können. Hierbei schnüffelte man einem russischen Diplomaten bei seinen Tätigkeiten beim Europarat in Straßburg sowie bei internationalen Organisationen in Wien nach. Einen anderen Diplomaten beschattete und durchleuchtete man im Zuge seiner Tätigkeiten für die russische Botschaft in Kanada. Es sind Methoden, die weniger an journalistisch-technische Recherche, sondern mehr an Geheimagenten-Filme erinnern; real bestenfalls noch an die Zeit, als Wien im Kalten Krieg die "Hauptstadt der Spione" war.

MI6: Briten-Geheimdienst involviert?

Als Quelle könnte hier einmal mehr der britische Geheimdienst MI6 gedient haben. Nach den Aufdeckungen von "The Intel Drop" machte sich Molfar zwar auf Twitter/X über einen solchen Link lustig - was allerdings nicht heißt, dass er nicht besteht. Hier kommt Informationen der russischen "Foundation to Battle Injustice" (FBR) zentrale Bedeutung zu, die Aussteiger aus ukrainischen Geheimdienstkreisen als Informanten gewonnen haben will. Molfar hätte den Befehl zur Anlegung der "Feindesliste" demnach direkt von MI6-Chef Richard Moore erhalten. Dieser hatte im Vorjahr Russen öffentlich dazu aufgerufen, sich als Spione und Informanten gegen ihr Heimatland zu betätigen.

Der Teufel steckt im Detail: Moore sprach davon, dass "britische Spione mithilfe künstlicher Intelligenz dafür sorgen, den Waffen-Nachschub der Russen einzudämmen". Wenige Monate zuvor veröffentlichte Molfar seinen meistgeklickten Artikel, es ging um die "Analyse aller bekannten Fakten zur Zerstörung und Kaperung von Systemen zur elektronischen Kriegsführung und Radartechnologien" im Wert von über 1 Mrd. US-Dollar. Die brisanten und üblicherweise der Geheimhaltung unterliegenden Informationen will man aus "offen zugänglichen Quellen" gesammelt haben - mit einem kleinen Team, das daneben noch andere aufwändige Recherchen durchführte.

Kuscheln mit SBU-Chef für Cybersicherheit

Eine Zusammenarbeit oder zumindest Synergie zwischen MI6 und der laut eigenen Angaben aus dem "European Endownment for Democracy" (EED) finanzierten Agentur ist also glaubwürdig. Noch offensichtlicher ist das Naheverhältnis zu ukrainischen Geheimdiensten. Dmytro Zolotuchin, früherer Vize-Informationsminister und Gründer der ebenfalls vom EED finanzierten ukrainischen "OSINT Academy" lobte die Arbeit, welche Molfar bereitstelle. Er illustrierte dies am Beispiel eines der Diplomaten, den Molfar als "Spion" benannt hatte. Der Einfluss der OSINT-Gruppen sei dabei so groß, dass ihre Informationen weltweit zum Rauswurf russischer Diplomaten aus Ländern geführt hätten.

Beim größten ukrainischen IT-Fachgipfel "iForum" moderierte Starosiek ein Podium mit Ilja Vitjuk, dem Cybersicherheitschef des ukrainischen Geheimdienstes SBU. Das belegt zwar noch keine unmittelbare Zusammenarbeit. Allerdings würde es auch in Österreich etwa Fragen nach der Netzwerk-Wirkung von Ex-Kanzler Kurz aufwerfen, wenn plötzlich beim "4Gamechanger"-Gipfel oder in Alpbach sein Boss & US-Tech-Investor Peter Thiel als "Palantir"-Gründer mit dem ÖVP-nahen Staatsschutz-Chef Omar Haijawi-Pirchner ein Pläuschchen hielte. Es für eine vollständige Zufallsbesetzung zu halten, würden die meisten politisch interessierten Bürger für realitätsfremd betrachten.

Indizien für Molfar als Tippgeber

Noch viel interessanter ist aber, was Vitjuk damals zu sagen hatte: Mithilfe seiner "Partner" habe man die Lieferung iranischer Drohnen-Lieferungen an Russland blockiert. Man setze zwar stark auf Hacker, aber auch auf "ukrainische Spezialisten, die OSINT-Informationen erheben". Sie würden die Infrastruktur, IP-Adressen und Betriebssysteme ihrer Ziele auskundschaften, um einen Zugang zu ihren Gerätschaften vorzubereiten. Er erwähnte auf diese Weise erhaltene Informationen zu den Adressen russischer Politiker, Militärs und Geheimdienst-Mitarbeiter. Außerdem würden von den Partnergruppen, die er nicht öffentlich als Akteur benennen wolle, hierfür Telegram-Chatbots eingesetzt.

Es sitzt dort also der SBU-Cybersicherheitschef und erzählt dem CEO eines der wichtigsten ukrainischen OSINT-Unternehmen, dass streng geheime Akteure genau die Informationen einholen würden, die eben just dessen Firma einholt. Es wirkt wie die Perfektion der "Chatham House"-Regeln, wo nach Eliten-Geheimtreffen zwar offen darüber gesprochen werden darf, was ausgeheckt wurde - aber nicht genau, wer welche Äußerung tätigte. Die Wahrscheinlichkeit, dass "Molfar" eine Rolle in den SBU-Aktivitäten zur Auskundschaftung angeblicher "Feinde der Ukraine" spielt, ist also nicht bloß "russische Propaganda" der FBR, sondern sehr wahrscheinlich.

"Große & kleine Fische" auf Feindesliste

Wie Der Status aufzeigte, finden sich auch heimische Politiker und Journalisten alternativer Medien auf der Ukraine-Todesliste. Hier spielt die Identität bzw. Prominenz besonders bei den "kleinen Fischen" eine Rolle. So klingt die Enthüllung über die Aussetzung von Kopfgeld auf EU-Mandatar Roman Haider glaubwürdig. Aus österreichischer Warte mag er einer der mutigen FPÖ-Politiker sein, die in Brüssel unermüdlich für unsere Interessen kämpfen. In der "Big Picture" ist er Listenzweiter der drittgrößten Fraktion eines unbedeutenden, neutralen Landes, dessen Regierung im EU-Zusammenhang farblos bleibt. Der Vorteil, einen solchen Auftrag zu erfinden, wäre also entsprechend gering. KPÖ-Mann Werner Murgg wiederum ist überhaupt Regionalpolitiker einer Nicht-Parlamentspartei.

Ähnlich bei Markovics: Hierzulande kennt man ihn als Ex-Identitären-Theoretiker, Autor, Teilnehmer am Anti-Globalisten-Forum in Chisinau im Vorjahr und Vertreter des Suworow-Instituts. Dass dieses den russischen Philosophen Alexander Dugin nach Wien einlud, ist dem polit-medialen Komplex gerne eine Geschichte wert. Letztlich ist die Behauptung, Dugin sei der oberste "Putin-Einflüsterer", aber westliches Wunschdenken. Als "Beleg" für die Markovics' "Gefahr" für die Ukraine dient Molfar sein 2.000-Follower-X-Konto. Ginge es nicht um in "OSINT"-/Geheimdienst-Manier recherchierte "Netze", sondern globale Bekanntheit, wäre er ebenso wenig wie Murgg auf der Liste.

Ernstzunehmende Bedrohung für Dissidenten

Aus Sicht kritischer Stimmen hierzulande ist die Todesliste also durchaus ernst zu nehmen. Einerseits wegen der mittelbaren Finanzierung aus dem eigenen Steuergeld - denn das EED als Molfar-Partnerin wird aus Mitteln der EU-Kommission und der EU-Staaten finanziert. Es funktioniert nach Modell des US-"National Endowment for Democracy", das wie die "Canada Files" belegen, im Zusammenspiel mit NATO & dem Stiftungsnetz des US-Milliardärs & "Regime Changers" George Soros versucht, weltweit die öffentliche Meinung im Sinne des Werte-Westens und seiner Eliten zu beeinflussen. Wie Der Status aufzeigte, gab es bei EED & NED auch personelle Näheverhältnisse. 

Viele der von FBR & "Intel Drop" behaupteten Vorwürfe mögen abenteuerlich anmuten, sie wirken jedoch glaubwürdig. Selbst wenn sich nur Teile davon als wahr herausstellten, bergen sie eine riesige Gefahr. Denn die "Feindesliste" existiert und heimische Dissidenten aus dem politischen & medialen Bereich stehen nun mal drauf. Sie findet sich auf einem wichtigen OSINT-Portal, das beste Verbindungen zu ukrainischen & westlichen Eliten, zur Mainstream-Presse besitzt und Geheimdiensten auch im harmlosesten Fall nur als Stichwortgeber dient. Jeder, der Zusammenhänge öffentlich kritisch hinterfragt, könnte selbst ins Visier von Agenten, Kopfgeldjägern & Trittbrettfahrern geraten.

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