USA muss Garantien abgeben

Auslieferung aufgeschoben: Etappensieg für Assange - mit fahlem Beigeschmack

Welt
Symbolbild: Freepik; Plakat: Anthony Crider, Flickr, CC BY 2.0; Assange: David G Silvers/Cancillería del Ecuador, Flickr, CC BY-SA 2.0 (freigestellt); Komposition: Der Status.

Am heutigen Dienstag sollte eigentlich die endgültige Entscheidung darüber fallen, ob Julian Assange in Großbritannien weitere Rechtsmittel ergreifen darf gegen seine Auslieferung an die USA, die ihn bis zu 175 Jahren wegsperren wollen, weil er ihre Kriegsverbrechen aufdeckte. Letzten Endes wurde darüber nicht endgültig geurteilt - aber es könnte sich zumindest etwas in seine Richtung bewegen. Denn das zuständige Gericht verlangt US-Garantien, deren Einholung hat nun eine aufschiebende Wirkung. Zugleich muss er in der Zwischenzeit in Haft verbleiben.

Schutz vor Todesstrafe: Gericht fordert US-Garantie

Nachdem der Aufdecker-Journalist ohne Verurteilung seit 5 Jahren im als "britisches Guantanamo" bezeichneten Hochsicherheits-Knast Belmarsh in Einzel- und Isolationshaft verbrachte, scheint Großbritannien nun zumindest ein Restinteresse an etwas Rechtsstaat zeigen zu wollen. Die Warnung von Stella Assange, dass ein Auslieferung wohl den Tod ihres Mannes zur Folge hätte, war wohl zu eindrucksvoll, als dass man sich den Schuh anziehen will, ihn willfährig ans Messer geliefert zu haben. Eine unmittelbare Auslieferung ist vom Tisch, die USA haben nun eine dreiwöchige Frist zur Äußerung, ehe eine weitere Anhörung am 20. Mai über die weitere Vorgehensweise entscheidet.

In diesem Zeitraum soll Washington garantieren, dass im Umgang mit Assange im Falle einer Auslieferung sämtliche Gesetze zum Schutz der Meinungsfreiheit Beachtung finden - und zudem, dass eine Todesstrafe definitiv nicht infrage kommt. Das ist im Ernstfall freilich ein schwacher Trost: Denn die USA drohen ihm mit bis zu 175 Jahren Haft, u.a. wegen angeblicher "Spionage". Der amerikanische Machtapparat sinnt nämlich auf Rache, nachdem Assange mit der Veröffentlichung tausender geheimer Dokumente nachwies, mit welcher Ruchlosigkeit die USA bei ihren Militäreinsätzen in Afghanistan und im Irak vorgingen, einschließlich brutaler Kriegsverbrechen. 

Aufschub der Auslieferung mit großem "Aber"

Können die USA ihre Garantien abgeben, dann wird in zwei Monaten erneut über sein Schicksal entschieden - weigert sich Washington, darf er weiter in Großbritannien gegen seine Auslieferung berufen. Der nunmehrige "Zwischenstand" hinterlässt Kommentatoren im kritischen Lager mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Zum einen wurde seine Berufung praktisch zugelassen und er wird nicht sofort in die USA ausgeliefert. Zum anderen bleiben die Vorwürfe aber weiter aufrecht, einige Argumente seiner Verteidiger wurden verworfen - etwa die US-Verschwörung, ihn zu ermorden.

Vor allem wird er wohl bis zu einem weiteren Jahr in Belmarsch verbringen müssen, und weiter um sein Recht kämpfenIn der Zwischenzeit muss er weiterhin physisch und psychisch zermürbende und zerstörende Haftbedingungen über sich ergehen lassen, obwohl sein Allgemeinzustand schlecht ist. Das Damoklesschwert, in absehbarer Zeit für das "Verbrechen" des investigativen Journalismus bis ans Lebensende weggesperrt zu werden, besteht weiterhin - ebenso wie die Gefahr, noch vor der Auslieferung zu versterben. Nicht Fisch und nicht Fleisch: Es ist wie ein Silberstreif am Horizont, aber in einer finsteren, wolkenbehangenen Neumond-Nacht.

Stelle Assange in einer ersten Stellungnahme nach der Verhandlung:

Anlass zu verhaltener Freude oder großer Sorge?

Wir haben einige Stimmen zu den Neuigkeiten im Fall Assange gesammelt - teilweise sind es dieselben Kommentatoren, die sich zuerst über den Hoffnungsschimmer freuten, aber dann bei genauerer Analyse des Gerichtsprotokolls feststellen mussten, dass der Etappensieg einen fahlen Beigeschmack hat. Wieso der politische Ruf nach seiner Freilassung nicht lauter ist, will ebenso wenig einleuchten. Auch nach dem aktuellen Urteil meldeten sich unter Politikern vor allem Oppositionelle zu Wort.

Unrühmlich ist die Rolle der deutschen Ampel-Regierung, deren Politiker vor einigen Jahren noch exakt dies forderten - diese hehren Absichten aber in vorauseilendem Gehorsam beim Eintritt ins Ministeramt an der Garderobe abgaben. In Österreich stimmte die schwarz-grüne Regierung einen Antrag, sich für die Freilassung einzusetzen, schon vor einigen Jahren nieder. Zuletzt erinnerte einzig FPÖ-Chef Herbert Kickl mahnend an die Ungerechtigkeit, die Assange widerfährt - Der Status berichtete

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