Bis aufs letzte Hemd...

Ansturm auf Schuldnerberatung: Viele Bürger können sich Leben nicht mehr leisten

Soziales
Symbolbilder (2): Freepik; Komposition: Der Status.

Inflation, stark gestiegene Lebensmittelpreise und Energiekosten auf Rekordhöhen. Das sorgt dafür, dass sich immer mehr Österreicher das tägliche Leben nicht mehr leisten können und Hilfe bei der Schuldnerberatung suchen. Dort stiegen allein im vergangenen Jahr die Erstkontakte um 10 Prozent im Vergleich zu 2021. Und auch die Privatkonkurse verzeichneten ein deutliches Plus.

Die staatliche Schuldnerberatung erlebte im Vorjahr einen regelrechten Ansturm. 18.565 Menschen hatten einen Erstkontakt mit der staatlich anerkannten Stelle. Das waren rund 10 Prozent mehr als 2021. Grund sind die massiv gestiegenen Lebenserhaltungskosten aber auch noch die langen Nachwirkungen der Corona-Politik. Aber auch die Anhebung der Zinsen, die zu einer Erhöhung von Kreditzinsen führten, bringen mit den anderen Teuerungen zusammen immer mehr Menschen in finanzielle Nöte.

Teuerungen in der Mitte angekommen

Dabei ist das Problem, dass mit dem Einkommen kein Auskommen mehr zu finden ist, auch in der Mitte der Gesellschaft angekommen, die zuvor keine Probleme damit hatte, über die Runden zu kommen. "Menschen, die bisher ihr Auslangen gefunden haben, indem sie sparsam gelebt haben, kommen nun an ihre Grenzen", so Clemens Mitterlehner, Geschäftsführer der ASB Schuldnerberatungen GmbH, Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldenberatungen in einer Aussendung.

Zudem wird auch eine Anhebung des Existenzminimums gefordert. Dieses liege nach wie vor bei 1.110 Euro und sei zu "gering und zu wenig zum Leben", befindet der Experte. "Mit 1.110 Euro lässt sich das Leben nicht finanzieren. Die Schuldenberatungen fordern daher dringend eine deutliche Anhebung des Existenzminimums", so Mitterlehner.

Deutlicher Anstieg bei Privatinsolvenzen

Noch stärker als die Erstkontakte stieg zudem im vergangenen Jahr die Zahl der Privatinsolvenzen. Insgesamt 8.176 Privatkonkurse wurden 2022 eröffent, dies ist eine Steigerung von 13,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dabei warnt die Schuldnerberatung jedoch, dass die massiven Teuerungen noch gar nicht voll in den Zahlen niederschlagen.  Die höchsten Anstieg bei den Privatinsolvenzeröffnungen gab es dabei in Niederösterreich mit einem Plus von 27,8 Prozent zu verzeichnen. Aber auch Salzburg (+25,2 Prozent), Tirol (+24,7 Prozent), Oberösterreich (+23,9 Prozent) und die Steiermark (+20,3 Prozent) hatten überdurchschnittliche Steigerungen zu verzeichnen.

Tipps der Schuldnerberatung

Auch wenn es Angesichts der Teuerungen für viele nicht einfacher wird, hat die Schuldnerberatung auch Ratschläge, wie man es vermeiden kann, inden Schuldenstrudel zu geraten:

  • Einen ehrlichen Überblick über Einnahmen und Ausgaben schaffen, etwa mit einem Haushaltsbuch
  • Einsparpotenzial suchen, Mitgliedschaften und Abos überprüfen, ob sie tatsächlich nötig sind
  • Ansprüche auf finanzielle Unterstützung und Sozialleistungen klären
  • Bargeld verwenden und die Karte daheimlassen, um Spontankäufe zu vermeiden
  • Das Konto nicht überziehen. Ein Kontoüberzug ist ein sehr teurer Kredit – und keine „Einkaufsreserve".
  • Vorsicht vor den Auswirkungen von „gefährlichen Schulden" bei Miete, Energiekosten, offenen Strafen oder Alimenten!
  • Vorbeugend kostenlose Unterstützung bei der Budgetberatung holen, um einen besseren Überblick über Optimierungsmöglichkeiten der eigenen finanziellen Situation zu bekommen
  • Kostenlose Unterstützung bei der Schuldenberatung holen, wenn die Schulden nicht mehr fristgerecht bezahlt werden können
  • Nicht zu lange warten! Je früher man sich Hilfe holt, desto besser kann geholfen werden.

Im Ernstfall: Bürger helfen Bürgern

Wenn auch all diese Tipps nicht weiterhelfen, müssen Bürger allerdings nicht glauben, dass sie mit ihren Sorgen alleine sind, nur weil die Regierung sie zuerst in eine missliche Lage bringt, um sie dann im Regen stehen zu lassen. Denn vor Kurzem gründete sich etwa das Solidaritäts-Netzwerk "Gschissene Rechnung". Dort können Bürger notleidenden Menschen in unserem Land in Notlage helfen, wenn unvorhergesehene Rechnungen plötzlich ganze Familien in Existenzsorgen bringen - Der Status berichtete über das Projekt und seine Funktionsweise. Nach einer technischen Wartungspause öffnet die zugehörige Telegram-Gruppe am heutigen Mittwochabend wieder. 

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