Totalversagen der Politik

Warteschlangen vor Arztpraxis - Spitalsärzte haben die Nase voll

Politik
Bild: Freepik

Das Gesundheitswesen wurde in Österreich jahrelang von der Politik stiefmütterlich behandelt und zusammengespart. Die Corona-Zeit und die damit einhergehenden Maßnahmen verschlechterten die Lage noch einmal zusätzlich. Inzwischen gibt es einen eklatanten Ärztemangel. In Osttirol bildete sich zuletzt vor einer Augenarztpraxis eine Warteschlange von mehr als hundert Menschen. Und in Wien sorgt eine Umfrage unter 2.000 Spitalsärzten für einen Schock - zwei Drittel erwägen aufgrund der Arbeitsbedingungen eine Kündigung.

Prekäre gesundheitliche Versorgungslage 

Die Versorgungslage im Gesundheitsbereich ist in Österreich alles andere als rosig. So muss man in einigen Regionen schon wirklich Glück haben, wenn bei einem Norfall auch wirklich die Rettung kommt. Etwa in der Steiermark, wo im vergangenen Jahr in einigen Bezirken nicht genug Notärzte zur Verfügung standen. Auch viele Ärztestellen können nicht nachbesetzt werden, um eine wohnortnahe und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Dies führte in der grünen Mark sogar zu mehreren Petitionen und Anfragen an die Landesregierung und auch an den Bundesgesundheitsminister.

Riesige Warteschlange in Osttirol

Aber nicht nur die Steiermark ist von Problemen bei der Gesundheitsversorgung betroffen. Im Osttiroler Lienz bildete sich am Montagmorgen - dem 9. Jänner - eine riesige Schlange vor der Praxis eines Augenarztes. Teilweise warteten bis zu 150 Personen gleichzeitig vor der Praxis des Wahlarztes, da an diesem Montag die Jahrestermine und die Neupatientenanmeldungen stattfanden. Zum Teil stellten sich die Menschen bereits ab 5 Uhr 30, drei Stunden vor Öffnung der Ordination an.

Die Gründe dafür sind von der Politik hausgemacht. Der Osttiroler Nationalratsabgeordnete Gerald Hauser sieht in diesen Zuständen ein epochales Versagen der Regierungen. "Es gibt viel zu wenig Kassenstellen, nicht nur für Augenärzte! Derzeit sind allein in Tirol 8 Kassenstellen für Augenärzte, davon 2 für Osttirol, ausgeschrieben", macht er seinem Ärger Luft.

Es braucht einen Systemwechsel

Bereits seit geraumer Zeit fordert daher der freiheitliche Gesundheitssprecher im Nationalrat Gerhard Kaniak einen Systemwechsel. "Mehr Kassenärzte im Gesundheitssystem gibt es nur mit einer Systemänderung, an der kein Weg vorbeiführt ... Das heißt, dass Kassenverträge für niedergelassene Ärzte attraktiver gemacht werden müssen", erklärte Kaniak, der zeitgleich Vorsitzender des Gesundheitsausschusses ist. So müsse es etwa ermöglicht werden, dass Wahlärzte auch halbe oder viertel Verträge von den Kassen bekommen, womit sie ein bis zwei Tage in der Woche auch als Kassenärzte tätig sein können. Und um die Versorgungssicherheit herzustellen müssten auch "starke, attraktive Perspektiven für junge Ärzte geschaffen werden, ihre berufliche Zukunft als Landarzt zu sehen".

Versagen der schwarz-grünen Regierung

Doch seitens der Bundesregierung wird seit Jahren nichts getan. "Ganz im Gegenteil, inmitten der größten Gesundheitskrise wurden Budgets gekürzt und das Gesundheitspersonal an seine Grenzen gebracht. Dabei wurde auch die Mittelverschwendung der Regierung mit ihrer komplett fehlgeleiteten Corona-Politik sichtbar, zum Beispiel bei der COVID-19-Impfstoffbeschaffung: 300 Millionen Euro will Schwarz-Grün aufgrund von Abnahmeverpflichtungen 2023 dafür ausgeben, obwohl noch 20 Millionen Impfdosen gelagert sind", kritisiert Kaniak, der zugleich darauf verweist, dass die Regierung es noch nicht einmal für nötig befunden habe, den Krankenanstaltsfinanzierungsbeitrag an die Inflation anzupassen.

Schockumfrage und schlechtes Zeugnis für Wiener Gesundheitsverbund

Allerdings treffen viele Versäumnisse nicht nur die Bundesregierung sondern auch die Landesregierungen. Von  1.894 Wiener Spitalsärzten, die  an der von Peter Hajek Public Opinion Strategies durchgeführten Studie teilgenommen haben, denken immerhin zwei Drittel immer wieder daran zu kündigen und das Spital zu verlassen. Besorgniserregend ist auch, dass 91 Prozent keine Verbesserung der Arbeitsbedingungen erwarten.

Zudem haben auch 90 Prozent der Ärzte Verständnis dafür, dass die Pflegekräfte in den Spitälern ihren Job an den Nagel hängen. "Jeder Arbeitgeber, dem von seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein so verheerendes Zeugnis ausgestellt wird, muss sich überlegen, was er tun kann, um die Mitarbeiterzufriedenheit zu heben beziehungsweise die Beschäftigten zu halten. Das rate ich auch dem WiGeV (Wiener Gesundheitsverbund) und den anderen Wiener Spitalsbetreibern dringend an", so Stefan Ferenci, Vizepräsident der Ärztekammer Wien.

Ärzte wollen Zeit für Patienten

Dabei ist für die meisten Ärzte ihr Berufung. 48 PRozent überlegen als Wahlärzte weiter zu arbeite, 23 Prozent wollen das Bundesland wechseln oder ins Ausland gehen und 22 Prozent erwägen, sich nach der Kündigung im Spital als Kassenärzte niederzulassen. Für Ferenci ist daher klar, die Spitalsärzte sind es leid, Patienten wie am Fließband abfertigen zu müssen, dies würde auch nicht ihrem Behandlungsanspruch entsprechen.

Das sei auch einer der Gründe, weshalb das öffentliche Gesundheitssystem zunehmend unattraktiver wird. Auch für Peter Hajek ist die Studie alarmierend:  "Die Stichprobe ist repräsentativ und besitzt mit der aufgezeigten Rücklaufquote eine hohe Validität. Die Ergebnisse sind eindeutig, es besteht kein Zweifel an der Stimmung unter Wiens Spitalsärztinnen und -ärzten."

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