Sinnloser PR-Gag: Gewessler will 18-Jährigen ein Klimaticket 'schenken'
Ein Jahr vor der Nationalratswahl brennt der Hut bei den Grünen: Als Beiwagerl der ÖVP in der Koalition droht ihnen beim Urnengang ein Fiasko. Also rückt "Klima"-Ministerin Leonore Gewessler aus, um einmal mehr die Werbetrommel für ihr Prestigeprojekt "Klimaticket" zu rühren. Doch was bringt jungen Erwachsenen ein Ticket, mit dem sie in vielen Fällen nichts anfangen können, etwa weil oft schon wenige Kilometer außerhalb der Ballungsräume sinnvolle öffentliche Verbindungen fehlen?
Mobilitäts-Umerziehung mit Steuergeld
Irgendwie will das Klimaticket nicht so recht begeistern: Anders lassen sich die hochnotpeinlichen PR-Aktionen der grünen Ministerin nicht erklären. Zuletzt sorgte sie mit einer Tattoo-Aktion für Stirnrunzeln, wo sich Festival-Besucher ein Klimaticket-Tattoo stechen lassen konnten, um ein Jahr lang kostenlos mit den Öffis durchs Land zu fahren. Nun versucht sie es mit einer weniger aggressiven Methode: Mit 120 Mio. Euro aus unserem Steuergeld will sie Erstwähler ködern, indem sie ihnen ein österreichweites Klimaticket zum 18. Geburtstag "schenkt"; den Gutschein dafür können sie drei Jahre lang einlösen.
Neben dem vorgezogenen Wahlzuckerl soll das grüne Jungbürgerbuch im Scheckkartenformat offenkundig auch die jungen Menschen umerziehen: "Mit dieser Aktion wird das Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln für junge Menschen noch attraktiver," jubiliert Gewessler. "Das ist wichtig, denn erleben junge Menschen den öffentlichen Verkehr positiv, zeigen sie auch später ein klimafreundlicheres Mobilitätsverhalten". Will sie damit die nächste Generation bereits auf eine Welt vorstellen, wie sie ihre Mobilitäts-Beirätin gerne hätte: Dass die meisten Menschen in der Zukunft tunlichst kein Auto mehr haben sollen und bei Wind & Wetter kilometerweit radeln müssen?
Ab dem nächsten Jahr bekommen junge Erwachsene anlässlich ihres 18. Geburtstags einmalig und kostenlos ein österreichweites #KlimaTicket. Sie haben drei Jahre lang Zeit, es einzulösen. (1/2) pic.twitter.com/qft4hy4xAr
— Leonore Gewessler (@lgewessler) October 18, 2023
Realität lautet: Schlechte Öffi-Verbindungen
Unter Umständen könnte Gewessler die Rechnung allerdings ohne den Wirt machen: Denn gerade in ländlichen Gebieten empfinden viele Bürger das Öffi-Angebot ziemlich frustrierend. Viele Arbeitsstellen sind ohne ein eigenes Auto gar nicht zu erreichen. Und oft fährt außerhalb der Stoßzeiten, in den Abendstunden oder am Wochenende gar kein Bus. Es beginnt beim Versuch, die Öffis als "logische, umweltfreundliche Alternative im Alltag" zu positionieren - und endet in einer Farce. Eine öffentliche Anreise zum abendlichen Kaffeehaustratsch mit den Freundinnen mündet für so manche junge Frau dann mit einem Gratis-Klimaticket im Geldbeutel, aber ohne Anschluss im Nirgendwo.
Dieses Problem ist teilweise auch hausgemacht: Während Gewessler massenhaft Propaganda für ihr Klimaticket fuhr, vernachlässigte man den Ausbau neuer Verbindungen, nur wenige Relationen und Schienenkilometer kamen in dieser Legislaturperiode dazu. Im Vorjahr häuften sich Berichte empörter Bürger, die in überfüllten Zügen keinen Platz mehr fanden, da man Angebot und Ausstattung des Rollmaterials nicht verbessert hatte. Selbst Reservierungen wurden storniert. Auch Umsteige-Relationen enden oft im Frust, wenn diese durch Verspätungen nicht erreicht werden können und die Betroffenen dann an trostlosen Provinzbahnhöfen ausharren müssen.
Bundesweites Ticket als Nischen-Angebot
Unerklärlich an der neuen PR-Aktion ist auch, weshalb Gewessler auf Biegen & Brechen das österreichweite Ticket forcieren und verschenken will. Denn für die allermeisten Menschen, insbesondere jüngere Menschen, werden die meisten Öffi-Wege in der Region stattfinden. Hätte man allen jungen Erwachsenen ein Bundesländer-Ticket geschenkt, dann hätte die Belastung für den Steuerzahler nur etwas mehr als ein Drittel, jedenfalls weniger als die Hälfte ausgemacht. Und die mittlere Stufe des "dreistufigen Modells", mit der man zwei Bundesländer bereisen können sollte, wurde inzwischen politisch ohnehin auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben.
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