Umfaller in Richtung 'große Koalition'

ÖVP bereits auf 'Babler-Linie': Keine Asyl-Obergrenze mit der Volkspartei

Politik
Hintergrund: Mstyslav Chernov, CC BY-SA 4.0, Wikimedia Commons; Babler: Andreas Babler/Team Basis, CC BY 2.0, Flickr; Nehammer: Cenbutz2, CC BY-SA 4.0, Wikimedia Commons

Die ÖVP verabschiedet sich wieder von einem ihrer Pläne und entpuppt sich abermals als reine Ankündigungspartei, die den Bürgern zwar alles verspricht, aber am Ende Null umsetzt. Forderte die ÖVP noch selbst 2016 Asylobergrenzen, will man nun nichts mehr davon wissen. Obwohl die Asylzahlen zuletzt deutlich über der damaligen Obergrenze lagen.

Auch im neuesten Österreich-Plan von Bundeskanzler Karl Nehammer und der ÖVP wird einer harten Asylpolitik das Wort geredet. Grenzschutz, Abschiebungen und Remigration sowie weniger Anreize durch Sachleistungen und Bezahlkarten statt Bargeld für Migranten. Zwar fragen sich vermutlich viele Bürger, wieso die Volkspartei, die seit nahezu 37 Jahren in der Regierung ist, nun einen Plan bis 2030 schmiedet, mit Dingen, die man auch in den vergangenen Dekaden bereits hätte angehen können. Doch mit einer scharfen Asylpolitik scheint man es auch in Zukunft nicht allzu ernst zu meinen.

Ein Schritt vor, zwei Schritte zurück

So betont man auch im Österreich-Plan nicht nur wieder, dass es eine "Gesamtlösungen im Europäischen Asylsystem" brauche, obwohl man selbst zugibt, dass die Asylpolitik der EU seit Jahren von Scheitern geprägt ist. Auch medial vollzog die ÖVP nun wieder eine interessante Kehrtwende. So erklärte am Mittwoch in der ZiB2 ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker, dass man gegen eine Asylobergrenze sei, wie sie der burgenländischen SPÖ-Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil zuletzt in der Höhe von 10.000 Asylanträgen pro Jahr forderte und sich damit den Zorn seiner Genossen zuzog.

Auch, als ORF-Moderatorin Margit Laufer etwas überrascht darauf hinwies, dass es ja eigentlich die ÖVP gewesen sei, die noch 2016 eine Asyl-Obergrenze von 37.000 Anträgen gefordert und sogar mit der SPÖ beschlossen habe, blieb Stocker dabei: eine Obergrenze brauche es nicht.

ÖVP-Fake News

Als Grund nannte der schwarze Generalsekretär allen Ernstes, dass es ÖVP-Innenminister Gerhard Karner ja gelungen sei, die Asylzahlen zuletzt zu halbieren. Dabei kann man diese Senkung von 50 Prozent nur als Erfolg verkaufen, wenn man die wirkliche Zahlen nicht nennt. Denn 2022 wurden in Österreich ganze 112.272 Asylanträge gestellt - mehr als sogar 2015 und 2016 - 2023 dann immerhin noch  58.686. Dies mag zwar eine Senkung um 50 Prozent sein, ist aber immer noch deutlich höher als die damals beschlossene Obergrenze, was die ÖVP dennoch versucht, als Erfolg zu verkaufen. Und vor allem trotzdem noch die dritthöchste Antragszahl aller Zeiten. 

Und auch, dass Österreich auch im vergangenen Jahr die zweithöchste Pro-Kopf-Quote von Asylanträgen innerhalb der EU hatte, scheint für Stocker kein Grund zur Beunruhigung. Auf Facebook kommentierte FPÖ-Chef Herbert Kickl die Stocker-Aussage: "Und wieder fällt die ÖVP der Bevölkerung in den Rücken und schwenkt auf Babler-Linie um. Die selbsternannten 'Asylbremser' wollen also gar keine Obergrenze mehr. Dabei haben sie eine solche 2016 vor der Wahl selber beschlossen mit der SPÖ…"

Ausgestreckte Hand für Babler-SPÖ?

Dabei stellt sich durchaus die Frage, wieso die ÖVP nun von ihren eigenen Forderungen abrückt. Ist es der Versuch, sich die Babler-SPÖ gewogen zu machen, um nach der Wahl doch wieder in einer Regierung mitmischen zu können? Immerhin hatte auch Babler nach den Doskozil-Vorstoß bezüglich Obergrenzen klar mitgeteilt: "Obergrenzen sind kein Lösungsansatz, weil sie die Realität nicht ändern. Sie können maximal ein Zielwert sein. Mit einem europäischen Lösungsansätzen können wir Österreich tatsächlich entlasten."

Und zuletzt war ja bekanntlich der Kärntner SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser mit dem Vorschlag einer möglichen Großen Koalition vorgeprescht, um einen freiheitlichen Kanzler Herbert Kickl zu verhindern. Während Doskozil diesem Vorschlag wenig abgewinnen konnte, zeigten sich der Tirols SPÖ-Chef Georg Dornauer dem nicht abgeneigt. Und auch Wiens Bürgermeister Michael Ludwig bezeichnete den Vorschlag als "schlüssig". Aber auch aus ÖVP-Kreisen gibt es Befürworter. Zwar erreichen SPÖ und ÖVP nach derzeitigen Umfragen nicht die notwendige Mehrheit, aber mit Grünen oder Neos lässt sich zur Not vermutlich noch ein Mehrheitsbeschaffer finden.

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