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Nach historischem FPÖ-Wahlsieg

Wirbel um Wahlkarten: Jetzt E-Voting aus ÖVP gefordert – Gefahr des Wahlbetrugs

Politik
Symbolbilder (2): Freepik; Komposition: Der Status.

Das Wahlergebnis vom Sonntag ist ein wahrer Erdrutsch: Die ÖVP verlor zweistellig, die FPÖ verdoppelte sich nahezu und sprang vom dritten auf den ersten Platz. Die SPÖ unterbot ihren historischen Tiefststand noch einmal und die Grünen verloren 40% ihrer Wähler. Ausgerechnet nach dem Ergebnis dieser Schicksalswahl prescht Gemeindebund-Chef Johannes Pressl (ÖVP) mit dem Vorschlag vor, auf E-Voting umzustellen. Dabei kippte der Verfassungsgerichtshof dieses schon einmal wegen mangelnder Sicherheit der Wahl...

ÖVP-Gemeindebund-Chef will E-Voting

Begründet wird der Vorstoß kurioserweise mit den Problematiken bei den Wahlkarten: Deren Auszählung frisst unzählige Freiwilligen-Stunden, viele gehen auf dem Postweg verloren und ein erheblicher Anteil der ankommenden 1,4 Mio. Wahlkarten sei ungültig. Bislang galt dem System jede Kritik an der Briefwahl freilich als "Verschwörungstheorie", profitierten doch v.a. SPÖ & Grüne, während die FPÖ abgewatscht wurde. Doch diesmal war der FPÖ-Wahlsieg so umfassend, dass in manchen Bezirken die Blauen selbst bei der Briefwahl noch die Nase vorne hatten. Trotz mutmaßlich neuerdings scheinbar en bloc schwarzwählenden Altersheimen ließ sich das Ergebnis nicht mehr drehen.

Gemeindebund-Chef Pressl macht sich nun für eine Umstellung auf ein E-Voting-System stark. Seine skurrile Begründung: Schon bei Volksbegehren würden viele Unterschriften elektronisch per "ID Austria" geschehen. Ein absurder Vergleich, unterstützt man diese doch mit seiner Unterschrift, während die Grundessenz demokratischer Wahlen ist, dass sie geheim zu erfolgen hat und eben nicht zuordenbar sein darf, wer "falsch" gewählt hat. Das System sei angeblich "bequemer, weniger fehleranfällig und enorm Steuergeld sparend." Er wünsche sich "mehr Mut in dieser Frage" und eine "offene breite gesellschaftliche & politische Diskussion zum digitalen Wählen"

Unzählige Warnungen vor Ungereimtheiten

Doch tatsächlich klaffen Anspruch und Realität auseinander. Schon vor Jahren schrieben Stanford-Mitarbeiter zum E-Voting: "Technik fügt dem Wahlprozess weitere Schritte hinzu und erhöht die Fehleranfälligkeit, alle außerhalb des Blickes der Wähler. [...] Mit der Einführung elektronischer Maschinen-Abstimmung erhöht sich auch die Möglichkeit betrügerischer Apparaturen und Praktiken. [...] Es wäre für die beauftragte Firma einfach, verfälschte Ergebnisse zu produzieren. [...] Außerdem haben Wähler keine Möglichkeit, ihre Stimme zu verifizieren und es gibt keine Möglichkeit, mit elektronischer Stimmabgabe eine Neuauszählung durchzuführen."

Auch die US-NGO "Verified Voting" äußerte schon 2005 ihre Bedenken, dass "die Gelegenheiten zum Wahlbetrug größer sind als jemals zuvor". Ihr Gründer, ebenfalls in Stanford IT-Professor bezeichnete E-Voting einst als "gefährlicher als die Papier-Wahl". Nachdem die Demokraten 2016 die Mär der "russischen Einflussnahme" zugunsten Trumps behaupteten, erneuerte die Gruppe ihre Bedenken. Als dieser 2020 einen Wahlbetrug zugunsten Bidens in den Raum stellte, sprach die NGO dann hingegen plötzlich von der "sichersten Wahl aller Zeiten", obwohl die systemischen Probleme weiter bestanden. Immer so, wie man's eben braucht...?

Dennoch bestehen Bedenken weiterhin: Ausgerechnet im Zuge einer "Smart City"-Konferenz wurde kürzlich moniert, dass es bei E-Voting aller Art "einige Probleme [...] bei Transparenz, Schutz der Privatsphäre und der Integrät & Sicherheit des Wahlprozesses" gäbe. Entsprechende Herausforderung gelte es zu bewältigen - und sie bestünden bei elektronischer Vor-Ort-Wahl, bei Systemen mit optischen Scans, bei Internet-Abstimmung und bei E-Fernabstimmungen. Und im Vorjahr warnte ein Rundfunk-Syndikat in den USA: "Die Ratschläge von Cybersecurity-Experten sind eindeutig: Großflächige Online-Stimmabgabe ist zum aktuellen Zeitpunkt keine gute Idee."

VfGH kippte E-Voting wegen Unsicherheit

Der Gemeindebund argumentiert hingegen mit der E-Voting-Praxis in Estland und sieht diese als Vorbild für Österreich. Dabei wurde diese Möglichkeit vom Verfassungsgerichtshof nach ihrer einzigen Anwendung bei der ÖH-Wahl 2009 gekippt. Die Begründung des Gerichts: "Dass beim E‐Voting im Gegensatz zur Papierwahl Fehler oder Manipulationen – Programmierfehler in der Software oder zielgerichtete Wahlfälschung durch Manipulation – einerseits schwerer zu erkennen und andererseits von größerer Tragweite sein können." Vor diesem Hintergrund ist die Sache sogar einem Kommentator der eigentlich ÖVP-nahen "Presse" nicht ganz geheuer.

Ganz anders die Politologin Katrin Stainer-Hämmerle, die sich nur wenige Tage vor der Wahl in einer ORF-Analyse dazu verstieg, Nehammer ohne tiefere Begründung zum "besseren Kanzler" als Kickl zu erklären. Sie fordert gemeinsam mit ÖVP-Pressl nun das Revival: "In Estland ging die Entwicklung weiter und dort blickt man heute auf eine 20-jährige gute Erfahrung mit E-Voting zurück. Österreich sollte nun auch wieder den Schritt wagen und Pilotprojekte zulassen." Das Schicksal über die Wahlentscheidung von Millionen Österreichern und in der Folge den Umgang mit ihrem Steuergeld durch entstehende Regierung soll also in der Hand von "Pilotprojekten" liegen...

Mehr Manipulaton als bei Briefwahl?

Die Manipulations-Möglichkeiten wären mannigfaltig - und das, obwohl die "österreichischen Wahlkarten schon nicht ohne sind", wie auch die "Presse" schreibt. Bei diesen könne man zwar "ebenso wenig nachprüfen, ob nicht Stimmenkauf dahintersteht oder alle Stimmen einer Familie zu Hause vom Patriarchen ausgefüllt wurden. Aber die Manipulation nach der Stimmabgabe ist bei einer Wahlkarte nicht so einfach. Und falls sie gelingt, hat der Fälscher nur eine Stimme gewonnen und nicht wie beim E-Voting möglicherweise Tausende." Denn die "sicherste und demokratischste Wahlmethode" bleibe die Urnenwahl vor Ort.

Immer wieder ist die Manipulationsmöglichkeit bei Wahlkarten etwa durch Fremdbeantragung Thema. Vor einigen Jahren äußerten sogar die Grünen (!), die tendenziell davon profitieren, ihre Sorge, dass in Wiener Altersheimen eine Verfälschung zugunsten der SPÖ möglich seien. Erst bei der EU-Wahl gab es in Wien einigen Wirbel um einen Fall, bei dem für eine betagte Dame offenbar ungefragt ein "Wahlkarten-Abo" an ein Pflegeheim, in dem sie nur kurzzeitig wohnte, abgeschlossen wurde. In Deutschland gab es vor einigen Jahren sogar einen aufsehenerregenden Fall, als eine Pflegeheim-Mitarbeiterin die Bewohner bestach, ihre politisch aktiven Angehörigen zu wählen.

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