Bezahlte Anzeige
Auch Gespräche mit FPÖ führen

SPÖ-Urgestein Androsch: Vranitzky-Doktrin war ein Fehler

Politik
Bild: ÖB Berlin, CC BY 2.0, Wikimedia Commons

Die vergangene Nationalratswahl könnte das Gesicht der Republik maßgeblich verändern. Immerhin gehören die beiden ehemaligen Volksparteien, die sich seit Jahrzehnten das Land untereinander aufgeteilt hatten, zu den großen Verlieren. Auch wenn es derzeit danach aussieht, als würde man mit taktieren letztlich ein "weiter so" versuchen, gibt es auch Stimmen, die einen Kurswechsel fordern. Eine davon ist Ex-SPÖ-Minister Hannes Androsch.

Mit 32 Jahren wurde er 1971 Finanzminister und später auch Vizekanzler und sollte den Posten bis 1980 behalten. Er diente somit SPÖ-Kanzler Bruno Kreisky in 4 Kabinetten, bevor er seinen Hut nehmen musste. Von der SPÖ wurde Hannes Androsch noch 2003 mit der Viktor-Adler-Plakette, der höchsten Auszeichnung, die die SPÖ zu vergeben hat, geehrt. Seit seiner Zeit als aktiver Politiker haben sich aber sowohl die Republik als auch die SPÖ stark verändert. Ungeachtet seiner Skandale war er ein Minister der für die SPÖ glorreichen Kreisky-Zeiten, als die Partei noch die Arbeiter hinter sich wusste, bei 50 Prozent stand und österreichische Kanzler noch wussten, wie man Neutralität schreibt.

Vranitzky-Doktrin ein Fehler

Angesichts der Ergebnisse der Nationalratswahl vom Sonntag, lässt es sich Androsch auch nicht nehmen, das Ergebnis zu kommentieren und seine Ansichten darzulegen. In einem Interview in der "Kleinen Zeitung" fordert er dabei ein grundlegendes Umdenken in der einstmals so stolzen Arbeiterpartei, die nun von den Realitäten überrollt wurde und ihr historisch schlechtestes Ergebnis einfuhr. Und dabei räumt er auch mit den Brandmauern in den Köpfen der Genossen auf.

Denn die Vranitzky-Doktrin, nach der die SPÖ nicht mit der FPÖ zusammenarbeiten dürfe, sei ein Fehler und habe die FPÖ auch erst groß gemacht. Schon Alt-Kanzler Bruno Kreisky, mit dem Androsch bekanntlich nicht immer auf bestem Fuße stand, habe sie als "schweren historischen Fehler" bezeichnet. Denn sie enge die Sozialdemokratie mehr ein als sie nutze und schmälere die Verhandlungsbasis. Habe doch die ÖVP dadurch stets 2 Möglichkeiten, die SPÖ nur eine.

Keine Wählerbeschimpfung

Zwar übt Androsch als altgedienter SPÖler natürlich Kritik am politischen Mitbewerber FPÖ, vor allem an der "anti-europäische Ausrichtung, Putin-Freundlichkeit und Ideen, Österreich in eine Festung zu verwandeln", aber dies ist teilweise Geplänkel. Vor allem wenn man bedenkt, dass die FPÖ ursprünglich für einen Beitritt war, diesen Kurs dann aber änderte, weil man Bürokratismus und Zentralismus der Brüsseler Gremien kritisierte und deren Auswirkungen für Österreich fürchtete. Womit man, betrachtet man die Entwicklung nicht falsch lag - Anti-EU heißt halt nicht automatisch "anti-europäisch".

Aber Androsch macht auch deutlich, dass man die Realität der Wahlen anerkennen müsse. "Man kann nicht 30% der Wähler, die nur ihrer Unzufriedenheit Ausdruck gegeben haben, ins Eck stellen. Sonst wird die FPÖ noch stärker", so der Ex-Vizekanzler. Zumal auch ein nicht unbeträchtlicher Teil der Wähler früher auch einmal ÖVP und SPÖ ihre Stimme gegeben haben dürften.

Gespräche mit allen Parteien

Vor dieser Maßgabe und auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die SPÖ seit den 70er Jahren fast 600.000 Mitglieder verloren habe, so Androsch, müsse man sich endlich bewegen. Und dazu würde auch gehören, dass man sich überlegt, mit der FPÖ Gespräche über eine Koalition zu führen. "Das kann keine einzelne Person entscheiden. Die SPÖ-Führungsgremien müssen sich das überlegen, um wieder festen Boden unter die Füße zu bekommen", so Androsch.

Zudem, so erklärt er, hält er Gespräche mit allen Parteien für wichtig, um "anstehende Herausforderungen zu besprechen". Womit er nicht unrecht hat, immerhin geht es um das Wohl der Bürger, also des Souveräns und seine Belange und nicht um parteipolitisches Geplänkel oder Idiosynkrasien oder Befindlichkeiten irgendwelcher Ideologen oder Berufspolitiker. Für den derzeitigen Obergenossen Andreas Babler scheint er zudem nicht viel übrig zu haben: "Wenn was falsch war, dann seine Ansagen", so der Kommentar.

+++ Folgt uns auf Telegram: t.me/DerStatus & auf Twitter/X: @derStatus_at +++

Dir gefällt unsere Arbeit? Unterstütze uns jetzt mit deiner Spende, damit wir weiterhin berichten können!

Kontoinhaber: JJMB Media GmbH
IBAN: AT03 1500 0043 9102 6418
BIC: OBKLAT2L
Verwendungszweck: Spende

Weitere Artikel, die Sie interessieren könnten