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Nach NÖ-Wahlschlappe

Es brodelt bei den Genossen: Rendi-Wagner unter Beschuss

Politik
Bild: SPÖ-Frauen/Astrid Knie, CC BY-SA 2.0, Flickr

Die Wahl in Niederösterreich erschüttert auch den Bund. Während die ÖVP in ihrem Stammland massive Verluste einfuhr und das historisch schlechteste Ergebnis verzeichnen musste, konnte nur die FPÖ von dem schwarzen Rekord-Minus profitieren. Die SPÖ konnte trotz der Krisen nicht bei den Niederösterreichern reüssieren. Nun droht ein Machtkampf innerhalb der SPÖ-Führung, der der bisherigen Parteichefin Pamela Rendi-Wagner den Vorsitz kosten könnte. Bis zur Landtagswahl in Kärnten wird es aber vermutlich noch eine Schonfrist geben.

Teuerungen, Inflation, Energiekrise, steigende Mieten - die derzeitige Gemengelage sollte eigentlich, so könnte man glauben, für eine sozialdemokratische Arbeiterpartei nahezu aufgelegt sein, um von Wahlsieg zu Wahlsieg zu eilen. Doch bei der niederösterreichischen Landtagswahl am 29. Jänner 2023 mussten die Genossen eine herbe Schlappe hinnehmen. Denn das Wahlergebnis in Niederösterreich war geprägt von Rekorden: Das schlechteste Wahlergebnis für die ÖVP in der Zweiten Republik, der Verlust der Absoluten für die ÖVP, der Verlust der Mehrheit in der Landesregierung für die ÖVP, der zweite Platz für die FPÖ und ebenfalls das schlechteste Ergebnis in der Geschichte der SPÖ in Niederösterreich.

Schlechter Tag für Sozialdemokratie

Wenn die derzeitige SPÖ-Vositzende Pamela Rendi-Wagner das schlechte Ergbnis von 20,8 Prozent (bisher waren es 21,57 Prozent bei der Wahl 2013) damit kommentiert, dass es "kein einfacher Tag für die Sozialdemokratie" sei und Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch darauf verweist: "Da gibt es nichts schönzureden. Der Verlust des zweiten Platzes schmerzt und muss auf Landesebene eingehend analysiert werden", ist dies zu kurz gegriffen. "Ratlos, planlos, hilflos" trifft auch auf die SPÖ zu, nicht nur auf die schwarz-grüne Bundesregierung.

Noch mehr auf Themen konzentrieren

Und auch wenn SPÖ-Vizeklubchef im Parlament Jörg Leichtfried in einer Aussendung empfiehlt, "die Sozialdemokratie müsse sich jetzt noch viel stärker um jene Themen kümmern, die die Menschen beschäftigen, wie die Teuerung, etwa bei Mieten oder Pensionen" und die SPÖ-Verluste seien "eine Folge der Show-Migrationspolitik der ÖVP, die den FPÖ-Erfolg befeuert hat", trifft dies nicht des Pudels Kern, sondern ist ein Anzeichen für die Realitätsverweigerung innerhalb der obersten Zirkel. Denn nicht erst nach der SPÖ-Klausur Anfang Jänner erklärte man Teuerung und auch Migration zur Chefsache.

Allein es fehlt der Glaube

Hier gibt es allerdings ein massives Glaubwürdigkeitsproblem. Etwa wenn die SPÖ-Vorsitzende noch im Sommer beim ORF-Gespräch , als die Migrationswelle bereits über die Grenzen rollte, noch immer kein Problem mit illegaler Einwanderung erkennen wollte. Oder wenn die SPÖ-Vorsitzende in der ZIB2-Jahresbilanz mit Ahnungslosigkeit brilliert, von den tatsächlichen Arbeitslosenzahlen keinen blassen Schimmer hat, die Anti-Teuerungs-Vorschläge der SPÖ nicht zu verteidigen und zu begründen weiß und sich schließlich bei der Frage, ob sie nicht "zum Wohl der Partei zur Seite treten" wolle, trotzig darauf beruft: "Ich nehme mir als erste Frau in der Sozialdemokratie auch das Recht, als Spitzenkandidatin zu kandidieren. Ich bin jetzt gewählte Vorsitzende. Ich bin es, ich bleibe es, und ich habe auch vor als Spitzenkandidatin zu kandidieren." Das Glaubwürdigkeitsproblem liegt allerdings nicht allein bei Rendi-Wagner. Wenn die SPÖ im Bund danach ruft, dass die Regierung endlich Maßnahmen gegen die Teuerungen treffen müsste, in roten Bundesländern wie Wien oder Kärnten aber gleichzeitig die Kosten für die Bürger nach oben schnalzt, bekommt sie dafür genauso die Quittung, wie die Regierung, die immer auf Brüssel und die EU verweist, um ihre Untätigkeit zu kaschieren.

Rufe nach Abberufung

Auch wenn der SPÖ-Spitzenkandidat und Landesparteivoristzende in Niederösterreich Franz Schnabl am Wahlabend Personaldebatten ausschloss - was hätte er auch anderes sagen sollen, außer gleich seinen Rücktritt zu verkünden - ist klar, dass die Diskussion wieder Fahrt aufnimmt. Erste deutliche Worte kamen etwa vom Traiskirchner SPÖ-Bürgermeister Andreas Babler, der in der ZIB2 Tabula rasa forderte und meinte: "Das ist keine super Leistung, um das höflich zu sagen." Auch der SPÖ-Bürgermeister von Trumau Andreas Kollross stellte fest: "Wir haben als SPÖ ein Glaubwürdigkeitsproblem." Und er macht für das schlechte Wahlergebnis auch die personelle Aufstellung verantwortlich. ""Personen spielen da immer eine Rolle", sagt er, "es wird ja nicht nur die Partei gewählt", erklärt er und meint damit aber nicht nur die Landespartei sondern auch die Bundespartei.

Personalkarussell

Und es beginnt schon. Laut Krone-Informationen beginnt das Personalkarussell bereits sich zu drehen. So soll in Niederösterreich der bisherige  AMS-Chef Sven Hergovich als Gegenkandidat zum bisherigen SPÖ-Vorsitzenden Franz Schnabl nominiert werden. Auch in der Bundes-SPÖ ist damit zu rechnen, dass der Wiener Bobo-Partie neues Ungemach aus dem Burgenland droht. Denn die Anhänger des dortigen Landeshauptmanns Hans-Peter Doskozil werben fleißig für ihn als alternativen, besseren Vorsitzenden. Zuletzt positionierte sich Doskozil selbst auch immer mehr als "Gegenkandidat". Nun als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz verfügt er auch über eine bundespolitische Bühne. Allein die Wahl in Kärnten wird die Obmann-Debatte im Bund noch etwas ausbremsen. Denn dort regiert die SPÖ seit der Wahl 2018 mit 48 Prozent. Umfragen sahen aber auch hier zuletzt Verluste von rund 6 Prozent auf die SPÖ zukommen. Aber es sind noch 34 Tage Zeit - eine Schonfrist für die erste Frau an der Spitze der SPÖ. Zumal auch der Kärnter Landeshautpmann und SPÖ-Chef Peter Kaiser vor der Wahl keine internen Streitigkeiten gebrauchen kann. "Klar ist, die Wahl in Niederösterreich hat der SPÖ insgesamt jedenfalls keinen Rückenwind beschert", stellte er am Wahlabend fest.


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