Westliche Medien-Konstruktionen

Angekündigte Revolutionen finden nicht statt: Erdogan bleibt Favorit bei Stichwahl

Politik
Bild: Orhan Erkılıç/Voice of America, Wikimedia Commons (public domain)

Im Vorfeld der türkischen Präsidentschaftswahl schrieb die westliche Medienlandschaft eine bevorstehende Ablöse Erdogans durch seinen Herausforderer Kilicdaroglu herbei - am Ende rettete sich gerade noch in eine Stichwahl, da Erdogan die absolute Mehrheit denkbar knapp verfehlte. Nachdem auch der drittplatzierte Kandidat Ogan eine Wahlempfehlung für den Amtsinhaber gab, scheint dessen Bestätigung am Sonntag eine reine Formsache. Doch selbst daraus wird man ihm in Europa eine Quasi-Niederlage konstruieren - wohl auch vor dem Hintergrund, dass Erdogan für Washington und Brüssel nicht steuerbar genug ist.

Amtsinhaber als Favorit bei Stichwahl

Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast: Zahlreiche Umfragen wurden im Vorfeld der ersten Runde in Auftrag gegeben, dabei wurde auch ein Stichwahl-Szenario abgefragt. Durch die Bank schnitt Kemal Kilicdaroglu besser ab als Recep Tayyip Erdogan, doch am Wahltag war alles anders: Der Präsident kam auf 49,52% der Stimmen, sein Herausforderer nur auf 44.88% - damit war der Abstand größer als in der ersten Runde in Brasilien zwischen Lula und Bolsonaro, wo die Systemmedien die Stichwahl nur als eine Aufschiebung ihres Favoriten sahen, ehe es dann so knapp wurde, dass einige Bolsonaro-Unterstützer bis heute eine Wahlmanipulation zu seinen Ungunsten nicht ausschließen.

Bei Erdogan, dessen Abgesang man seit sechs Jahren herbeischreibt, ist alles anders. Seit Monaten überschlug man sich mit der Behauptung, ein Machtwechsel in Ankara sei "realistischer denn je", die Opposition geeint, das Präsidialsystem aber "in der Krise". Eine Methode, welche West-Medien für die "Bösen" in ihrer Interessensregion reservieren: So schrieb man bereits zwei Wahlzyklen lang den Sturz des ungarischen Premierministers Viktor Orbán herbei, ehe dieser Zweidrittelmehrheiten bei den Urnengängen einfahren konnte. Die Behauptung von Wahlmanipulation, auf der anderen Seite stets "böse Verschwörungstheorie", wird bei Siegen des "falschen" Kandidaten oft in den Raum gestellt... 

Erdogan für Westen zu wenig "steuerbar"

Die angesagte Revolution wollte nun auch am Bosporus ausbleiben - also musste ein anderes Narrativ her: Man schrieb ein Ergebnis von nahezu 50 Prozent zur Niederlage und erzeugte künstliche Stimmung, welche Wahlempfehlung der Drittplatzierten Sinan Ogan abgeben würde. Angesichts dessen, dass dieser stets als "Ultranationalist" dargestellt wurde. Ein besonders absurdes Vorgehen, da eigentlich immer klar war, dass dieser dem konservativen Kandidaten Erdogan politisch näherstehen wird als dem Sozialdemokraten Kilicdaroglu, der bei seiner CHP-Übernahme jeden, zuvor in der Parteibasis durchaus Zuspruch führenden anti-westlichen Linksnationalismus, als Alleinstellungsmerkmal kippte. 

Damit war nun der Weg frei, der x-te "Hoffnungsträger" des Westens zu werden: Denn auch wenn Erdogan nie an der türkischen NATO-Mitgliedschaft rüttelte, so gilt er Brüssel & Washington als zu wenig "steuerbar". Dass er auch die Gesprächskanäle nach Moskau offenhält und andererseits gute Beziehungen zu arabischen Ländern aufrecht hält, missfällt dem Westen: Selbstbewusste Länder innerhalb ihres Interessensbereichs, die einer multipolaren Welt Vorschub leisten können, schmälert die US-Hegemonie. Brüssel wiederum macht ihm zum Vorwurf, nicht "proeuropäisch" genug zu sein, weil er nach 30 Jahren leerer Beitrittsversprechen lieber eigene Interessen verficht als jene der EU-Granden. 

Türken wollen nicht an Woke-Kultur teilnehmen

Am Sonntag ist es nun so weit und die Stichwahl steht bevor. Mittlerweile stellt sich auch in der hiesigen Medienlandschaft die Resignation ein, dass sich auch der nächste "Hoffnungsträger", unter dessen Führung man ein leichteres Spiel mit der Türkei hätte, verabschiedet. Man muss nun einräumen, dass Erdogan haushoher Favorit für eine Wiederwahl ist. Dazwischen wird dann verwundert einmal festgestellt, dass Erdogan insbesondere bei den Auslandstürken in Deutschland und Österreich überdurchschnittlich gute Ergebnisse einfährt. Dabei stimmen diese Kreise hierzulande eher aus Vorteilen für ihre Community und nicht aus Überzeugung überwiegend für formell "linke" Parteien wie SPÖ/SPD. 

Tatsächlich haben die meisten Türken in Deutschland & Österreich eine konservative Lebenseinstellung, viele sind religiös und traditionell. Für die AfD-Regionalpolitikerin Irmhild Boßdorf ist das Ergebnis kein Zufall: "Wie eine linke Bundesregierung damit umgehen kann, dass die Mehrheit der hier ansässigen türkischen Bürger ihre Ideale einer offenen, liberalen Gesellschaft nicht teilt, steht zur Debatte. Wir können es aber auch nachvollziehen, dass religiöse Türken ihre Kinder lieber nicht auf die grünen Regenbogenschulen schicken und an der Woke-Kultur teilnehmen wollen." Tatsächlich dürften Erdogan bei vielen Auslandstürken seine markigen rhetorischen Aussagen zugute kommen. 


Gegen Einmischung in Innenpolitik anderer Länder

Man freue sich jedenfalls auf den nächsten Wahlgang und vor allem "die Blicke der deutsche Medien und Regierung, wenn die Türken wieder einmal zeigen, dass sie sich in diese Gesellschaft nicht integrieren wollen". Dabei sei aber auch klar, dass die übliche Einmischung der besserwisserischen Polit-Granden Fehl am Platz ist: "Egal wer am Ende gewählt wird - eine anständige Regierung sollte die Entscheidungen des türkischen Volkes nicht moralisch kommentieren und sich nicht in die innenpolitischen Angelegenheiten anderer Länder einmischen." 

Damit spricht sie auch einen zentralen Punkt an, der auch unter deutschsprachigen Patrioten oft vergessen wird: Nur, weil es nicht im hiesigen Interesse liegt, wenn er Türken in Europa zum Kinderreichtum aufruft oder unzählige Migranten "weiterschickt", kann es aus Sicht seines Landes nachvollziehbar sein. Und auch wenn ein Integrationsunwillen weiter Teile der Community unweigerlich zu ethnischen Spannungen führen kann, die den sozialen Frieden gefährden - ob man als wertkonservativer Mensch daran Anstoß nehmen will, wenn türkische Zuwanderer nicht mit Pride-Flaggen durch unsere Straßen laufen? 

Kilicdaroglu als Kandidat der Globalisten

Diese komplexen Fragen haben viele Facetten - und so viel ist auch klar: Mit einer Abwahl von Erdogan in der Türkei, werden ihre Auswanderer in Europa dadurch nicht auf einen Schlag ihre Ansichten und ihr selbstbewusstes Auftreten als Community aufgeben - im Gegenteil. Dafür machte Kilicdaroglu längst klar, dass seine Außenpolitik eine Abkehr vom türkischen Selbstbewusstsein am geopolitischen Parkett steht: Er will den Schmusekurs gegenüber EU & NATO. Er würde auch den Beitritt des historisch neutralen Schweden zum transatlantischen Bündnis sofort abnicken. 

Dass Kilicdaroglu bereits im Vorjahr etwa bei der US-Denkfabrik "German Marshall Fund" antanzte, die einst auch die grünen WEF-"Junge Weltführer" Annalena Baerbock und Cem Özdemir förderte und im Einflussbereich der Rockefeller-Stiftung sowie des Stiftungsnetzwerks von George Soros steht, sollte ebenfalls als Warnsignal dienen. Letzterer war mittelbar etwa in "Regimewechsel" in Serbien vor zwanzig Jahren sowie in der Ukraine im Jahr 2014 involviert. Auch beim "Arabischen Frühling", dessen Ziel die Destabilisierung des südlichen & östlichen Mittelmeerraums war, hatte er seine Finger im Spiel. Apropos: Kilicdaroglu warb auf seinen Plakaten unter anderem mit einem "neuen Frühling"... 

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