Gekaufte Medien?

Deutsche Regierung zahlte 1,5 Mio. Euro Staatsknete an System-Journalisten

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Deal: Freepik; Hintergrund: Monika Angela Arnold, Berlin, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0; Komposition: Der Status.

Unabhängiger Journalismus ist eine tragende Säule der Pressefreiheit - und die wiederum ist ein Kernmerkmal einer funktionierenden Demokratie. Dass es in deutschen Medien-Häusern mit der vermeintlichen Staatsferne nicht weit her sei, bemängeln Kritiker seit geraumer Zeit. Nun beweist eine Antwort auf eine Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion erstmals schwarz auf weiß, dass in den letzten fünf Jahren etwa 1,5 Mio. Euro Steuergeld an Journalisten der Systemmedien verteilt wurden. Alleine fast 900.000 Euro griffen dabei ARD- & ZDF-Leute ab.

Steuergeld an Journalisten: Klotzen statt kleckern

Die bekannt gewordenen Umstände zeichnen ein deutliches Sittenbild einer journalistischen Landschaft, die sich in den vergangenen Jahren mehr als Regierungslautsprecher denn als kritische vierte Macht im Staate, die den Mächtigen auf die Finger schaut, präsentierte. Als einer der größten Verteiler von Zahlungen präsentierte sich dabei das Bildungsministerium mit 46 Aufträgen an Staatsfunk-Leute, von denen 30 Journalisten mit gesamt 198.807,36 Euro profitierten. Dazu kommen noch einmal 96.232,40 Euro für 27 Journalisten privater Medienanstalten.

Ähnlich gönnerhaft mit dem Geld der Steuerzahler war das Landwirtschaftsministerium: 142.081,04 Euro für öffentlich-rechtliche und 161.022,13 Euro für private Journalisten macht gesamt über 300.000 Euro, die zur Verteilung kamen. "Tichys Einblick" problematisiert hierbei, dass sich darunter "auffällig viele 'freie' Journalisten" befänden, was zur Frage einlade, ob das Ministerium "bevorzugt Aktivisten (die sich oft auch Journalisten nennen)" fördere. Diese These begründet das Medium mit einer Parallele zum Umweltministerium, wo 92.208,22 Euro im privatmedialen Bereich ausschließlich an "freie Journalisten" flossen.

Auch andere Ministerien waren nicht geizig: Das Arbeits- und Sozialministerium verteilte 110.760 Euro an Staatsfunk-Journalisten für die "Moderation" seiner Veranstaltungen. Aus dem Verkehrsministerium flossen immerhin 81.506 Euro an ARD- und ZDF-Mitarbeiter für denselben Zweck. Aus dem Finanzministerium - bis Ende 2021 in den Händen des nunmehrigen SPD-Kanzlers Olaf Scholz - waren es auch noch 64.232 Euro. Auffällig ist auch noch der Geldfluß von 32.367,50 Euro an ein und denselben ZDF-Journalisten aus dem Bundespresseamt. Dies geschah ausgerechnet in der Zeit, als dies mit Steffen Seibert ein Ex-ZDF-Mann leitete. 

Anonyme Ziffern-Auflistung zur Verschleierung? 

Um wen es sich bei diesem ominösen "Journalist 102" handelt, ergibt sich nicht aus der Auflisten - es ist der einzige (Dauer-) Auftrag des betreffenden Rundfunk-Mitarbeiters. Auch über die übrigen Personalien versucht die Bundesregierung in der Beantwortung mit anonymen Nummerbezeichnungen den Mantel des Schweigens zu breiten. So ist zur Stunde etwa auch die exakte Identität von "Journalist 71" unbekannt. Diese Person wurde als "Freie Journalistin" mehrfach vom Umweltministerium häufig als Moderatorin gebucht. Ein weiteres Mal wiederum erhielt dieselbe Person als WDR-Mitarbeiterin eine Überweisung vom Landwirtschaftsministerium. 

Im Fall anderer "Ziffernjournalisten" ist die Recherche bereits weiter, sowohl die "Nachdenkseiten" als auch "Pleiteticker" veröffentlichten die mutmaßlichen Identitäten mehrerer auf der Liste erwähnter Personen. So soll sich hinter "Journalist 97" die heutige Pro-Sieben-Moderatorin und ehemalige Tagesschau-Sprecherin Linda Zervakis befinden. Diese habe in einer fünfstelligen Höhe abkassiert, alleine im Vorjahr waren es demnach rund 12.000 Euro aus dem Bundeskanzleramt, unter anderem für "Moderation eines Gesprächs mit dem Bundeskanzler". Ihr Management rechtfertigte dies damit, dass sie ja "als Moderatorin, nicht als Journalistin" tätig geworden sei. 

Staatsfunk-Größen kassierten bei mehreren Ministern

Dabei ist sie nicht das einzige Tagesschau-Gesicht, das sich unter den Aufgelisteten befinden soll. Denn "Pleiteticker" spricht von Veranstaltungen, welche von Judith Rakers moderiert wurden - einmal im Arbeits-, einmal im Wirtschaftsministerium. Die Rede ist von einer mutmaßlichen Summe von rund 10.000 Euro - normale Bürger müssen dafür mehrere Monate lang arbeiten. Eine Ziffern-Zuordnung wurde hier nicht veranstaltet, im Gegensatz zur stellvertretenden ZDF-Chefredakteurin Anne Gellinek, die sich hinter "Journalist 58" verbergen soll. "Deutsche Welle"-Journalistin Monika Jones (Journalist 21) soll sogar mit bis zu 40.000 Euro profitiert haben. 

Manche ÖRR-Mitarbeiter keilten bei mehreren Ministerien um Kohle - darunter laut "Pleiteticker" die aus dem ZDF-Morgenmagazin bekannte Anja Heyde (Journalist 6), hier gab es demnach Aufträge aus gleich fünf Ressorts. Angela Elis, zuvor für ARD, ZDF und 3Sat tätig soll als "Journalist 49" ebenfalls im Sold mehrerer Ministerien gestanden haben. Andrea Thilo (Journalist 73) soll sieben Aufträge erhalten haben, davon gleich sechs vom Bildungsministerium. Bei Shelly Kupferberg (Journalist 10; RBB & Deutschlandfunk) öffneten laut dem Portal bis zu vier Ministerien das Geldbörserl. In vielen Fällen zeigen sich die Betroffenen bislang allerdings nicht sonderlich an Aufklärung interessiert...

Ominöse "Leerstelle" im Außenministerium

Auf einige weitere Ungereimtheiten weist "Nachdenkseiten"-Autor Florian Warweg hin. So werden für das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit bei gleich mehreren Journalisten angeführt, es sei "nicht nachvollziehbar, für wen die Person im genannten Zeitraum tätig war". Dies, obwohl die Anspruch genommenen Dienstleistungen zentrale und ministerielle Tätigkeiten wie „Entwurf Buchkonzept“, „Fortbildung“, „Konzepterstellung“ und „Moderation“ betrafen. Unklar sei demnach auch die Notwendigkeit: Immerhin beschäftige das fragliche Ministerium acht gut bezahlte Pressesprecher.

Die meisten Frage aber werfe die "offensichtliche Leerstelle" in der Aufzählung auf - nämlich das zuerst von Heiko Maas (SPD) und nunmehr von Annalena Baerbock (Grüne) besetzte Außenministerium. Denn: "Während Bundeskanzleramt, Bundespresseamt, Bundesverteidigungsministerium, das Justizministerium und fast ausnahmslos alle anderen Ministerien die Hosen runterlassen in Bezug auf ihre Zahlungen an Journalisten für diverse Tätigkeiten, sucht man das Auswärtige Amt in der Aufzählung vergeblich." Warweg verweist, im fraglichen Zeitraum selbst auf Veranstaltungen gewesen zu sein, die von Staatsfunk-Journalisten moderiert wurden. Er stellt daher "Vertuschung" in den Raum.

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