'Flamme der Erinnerung' gelöscht: Dresden wirft Bombenopfer-Denkmal auf den Müll
Vor 79 Jahren erfasste der Feuersturm Dresden, zigtausende Menschen fanden im völkerrechtlich überaus fragwürdigen Brandbombenhagel ihren Tod. Nach dem alliierten Angriff, der nach heutigem Maßstab als Kriegsverbrechen gölte, mussten 6.865 Leichname am Altmarkt verbrannt werden. Bis vor Kurzem erinnerte daran eine Gedenk-Inschrift, die von den Stadtoberen entfernt wurde. Anlässlich des wiederkehrenden Jahrestages errichteten Aktivisten nun eine Gedenk-Stele - die von der Stadt umgehend sabotiert wurde.
"Feuer der Erinnerung" als würdevolles Gedenken
Ohne es vorab zu kommunizieren, wurde die Gedenk-Inschrift vor einem Monat entfernt. Nachdem sich die Stadt Dresden zuerst in Schweigen hüllte, sprach FDP-Bürgermeister Dirk Hilbert von einer "unglücklichen Kommunikation". Angeblich habe man mit den zuständigen Gremien die Schleifung des bisherigen Mahnmals im Zuge einer "Umgestaltung" vorab akkordiert. Doch sowohl die AfD als auch sogar ein FDP-Parteikollege im Stadtrat widersprachen dieser Darstellung des Stadtchefs, der in der Vergangenheit davon sprach, dass Dresden angeblich "keine unschuldige Stadt" sei und man keinen "Opfermythos" aufkommen lassen soll.
Für die Nachfahren und Verwandten jener mindestens 25.000 Menschen, die im Bombenhagel starben, sind solche Aussagen ein Schlag ins Gesicht. Umso mehr ist es der Umgang der Stadt-Offiziellen mit dem Gedenken. Auch von Protesten patriotischer Gruppen und Aktivisten, welche die Inschrift wieder anbrachten, ließ man sich nicht beirren. Man stellte stattdessen eine dem Zeitgeist entsprechende Stele neben einem öffentlichen Klo auf. Für viele Dresdner ein Skandal. Am gestrigen Tag besserten Aktivisten das Versäumnis der Stadt aus, indem sie eine Stahl-Stele am Neumarkt vor der Frauenkirche platzierten, in der ein "Feuer der Erinnerung" brannte.
Philip Stein, der Gründer des Bürgernetzwerks "Ein Prozent" erklärte die Gedenkaktion:
Aktion »Neues Gedenken in #Dresden«
— einprozent.de (@ein_prozent) February 12, 2024
Worum geht es uns heute – am Vorabend zum Jahrestag der #Bombardierung Dresdens 1945 – hier am Dresdner #Neumarkt?
👉 »Ein Prozent«-Leiter Philip Stein (@stein_schreibt) erklärt im Video, warum wir ein neues #Gedenken brauchen.#dd1202… pic.twitter.com/tfKD5iwAmO
Stadt lässt Gedenk-Stele einfach abreißen
Es war ein imposanter Anblick: Bis in die Dunkelheit hinein erhellte das im Innern des Denkmals lodernde Feuer den Platz. Als Inschrift wählte man zum einen die Erinnerung an die Opfer des Bombenhagels, zum andern das Zitat des schlesischen Dramatikers & Nobelpreisträgers Gerhart Hauptmann (1862-1946). Dieser befand sich damals in der Stadt, als das einstige Elbflorenz binnen Stunden zum Trümmerhaufen gebombt wurde. Er prägte damals folgendes Zitat: "Wer das Weinen verlernt hat, der lernt es wieder beim Untergang Dresdens." Bewegende Worte des großen Schriftstellers, dessen Familie später nur Stunden nach seinem Tod aus den heimatlichen Gefilden vertrieben werden sollte.
Nach Ende der angemeldeten Veranstaltung um 22 Uhr fiel den Stadtoberen auf: Es war immer die Absicht gewesen, den tonnenschweren Stahlkoloss vor Ort zu lassen. Laut dem "Heimatkurier" stand die Stadtregierung nun vor der Gretchenfrage: Würden sie das inoffiziell besorgte Gedenken im Stadtbild belassen - oder neuerlich abreißen? Hilbert & Co. entschieden sich für Letzteres. Dabei wollte man nicht einmal mehr das alljährliche Gedenken aus Pietätsgründen abwarten. Genau am Jahrestag des brutalen Bombenhagels ließ man zuerst die Feuerwehr das Feuer löschen und anschließend die Stele abreißen. Mitten in der Nacht, gegen 1 Uhr, wurde sie weggeschafft.
Unser #Denkmal ist ist weg. Die ewige #Flamme erlischt aber nicht. Das #Gedenken lebt.#dd1202 #dd1302 pic.twitter.com/JclE3dkFfD
— einprozent.de (@ein_prozent) February 13, 2024
Heftige Kritik an Denkmal-Schändung
Die Aufregung über die neuerliche Schleifung ist groß, in sozialen Medien äußerten sich etliche Nutzer kritisch:
Kulturstadt #Dresden Februar 2024
— Bettina Gruber (@BettinaGruber5) February 12, 2024
Bildtitel: "Die Toten nochmals töten"
(historisches Foto, handkoloriert) https://t.co/xbHwo40Ivq
Statt Leben zu retten, löscht die #Feuerwehr unfreiwillig symbolträchtig das Gedenken 🔥 an die Opfer der #Dresden‘er Bombennacht. Wirklich wahre Helden diese politisch korrekten Einsatzkräfte. 🤬 https://t.co/EbZ9LyYS93
— Troublemaker (@Gamma00700335) February 13, 2024
In der Nacht zum Jahrestag des Bombenhagels auf #Dresden lässt OB #Hilbert die Feuerwehr die "Flamme der Erinnerung" löschen!
— Lexa 🇩🇪 (@rebew_lexa) February 12, 2024
Aber die Opfer bleiben unvergessen, denn unsere Erinnerungen können sie nicht auslöschen! pic.twitter.com/x4zlaQf62l
Dresdner Denkmal in den Bauhof entführt: Rücken Sie es raus, Herr Hilbert!
— Team Sotogrande 🇩🇪 🕊️ 🐴🐶 (@SotograndeM) February 13, 2024
Das Denkmal für die Opfer des alliierten Bombenterrors, das in der Nacht zum 13. Februar auf dem Dresdner Neumarkt von Stadt und THW entfernt wurde, ist aufgetaucht: Es befindet sich im städtischen… pic.twitter.com/tKA3QIKlQc
In der Nacht zum Jahrestag des Bombenhagels lässt Hilbert die Feuerwehr die Flamme der Erinnerung auslöschen.
— Dr. Toni (@MrDavidTreets) February 12, 2024
Dresdens Oberbürgermeister Hilbert will unbedingt verhindern, dass in der Innenstadt ein würdiges Denkmal bestehen bleibt.
OB #Hilbert ist eine Schande für 🇩🇪 !#Dresden https://t.co/Sgm5KibVyP
Auch Der Status-Redakteur Julian Schernthaner ließ die politisch motivierte "Löschaktion" nicht kalt:
Stell dir vor du gehst zur städtischen Feuerwehr, weil du Leben retten willst und dann kriegst du die Order, ein Denkmal zu schänden, das an die Toten des Brandbomben-Terrors auf deine Stadt erinnert. 🤡 https://t.co/QDTYhykmC0
— Julian Schernthaner (@Eschentharrn) February 12, 2024
"Ein Prozent" verwies dennoch auf den Erfolg der Aktion - denn das Gedenken lässt sich zumindest aus den Herzen & Köpfen der Menschen nicht tilgen:
#Dresden: Ein paar Gedanken zum »Gedenken«
— einprozent.de (@ein_prozent) February 13, 2024
Bereits vor einigen Wochen wurde die alte Gedenkstele zur Erinnerung an die Bombenopfer am Altmarkt abmontiert. Am 12. Februar reagieren wir mit einer eigenen Aktion. Einige Gedanken dazu.
🟠 Die »alte« #Gedenktafel am #Altmarkt war… pic.twitter.com/AXPgFKp8Ix
Dies zeigte sich bereits am heutigen Gedenktag - sowohl vor Ort als auch in sozialen Medien:
Heute früh an der Frauenkirche gesehen.
— Nadeshda Hope (@HopeNadeshda) February 13, 2024
Ein Gruß aus Japan 🕯️ pic.twitter.com/XvDQa1CY1h
Am 13./14. Februar 1945 legten angloamerikanische Bomber #Dresden in Schutt und Asche.
— SIGGI (@SiegmundFrei) February 13, 2024
Amerikaner und Briten töteten dabei ohne militärische ‚Notwendigkeit‘ mindestens 25.000 Menschen. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen.
Wir gedenken heute der Opfer dieses Terrors! pic.twitter.com/jO9Nlvnw5q
Zum Ende des zweiten Weltkrieges häufen sich die alliierten Luftangriffe auf Ziele in Deutschland. Anders als andere Städte hat Dresden jedoch keine militärisch bedeutsame Infrastruktur, keine kriegsentscheidende Produktion, wie das Ruhrgebiet und keine relevanten Truppenverbände… pic.twitter.com/p8obnTixwR
— Wilhelm Kachel (@Wilhelm_Kachel) February 13, 2024
Allerdings nicht alle: Die "Linksjugend" verhöhnt die Toten offenbar auf einem Flyer...:
Wie widerlich können können Menschen sein? #Dresden
— krautzone (@KraZMagazin) February 12, 2024
Die Linke: pic.twitter.com/7FRE7gISHR
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