Umstrittene US-Diplomatin lässt's sein

'F**k the EU'-Nuland dankt ab: Das waren ihre größten Skandale

Welt
Bild: Freddie Everett, U.S. Department of State (public domain)

Es war ein Knalleffekt: Ausgerechnet die US-Diplomatin Victoria Nuland, die wohl wie keine Zweite für die Abgehobenheit der US-Weltpolizei-Bestrebungen stand, zieht sich in den Ruhestand zurück. Damit verliert die Biden-Regierung eine wichtige außenpolitischen Drahtzieherin. In der Weltöffentlichkeit fiel sie mit ihren Äußerungen zu den Macht- und Herrschaftsverhältnissen in der Ukraine und ihre Gleichgültigkeit gegenüber den Interessen von "Verbündeten" auf. Wir haben einige ihrer größten Skandale zusammengetragen.

Zentrale Figur beim Maidan-Putsch

"F**k the EU": Drei Worte mit großem Nachhall, die wohl auf ewig das größte Vermächtnis von Victoria Nuland bleiben werden. An die Öffentlichkeit gerieten sie im Februar 2014 durch ein Leak eines Telefonats, dass sie kurz zuvor mit Geoffrey Pyatt, dem US-Botschafter in der Ukraine führte. Die vom Westen unterstützten Maidan-Proteste waren in vollem Gange, doch der Wunsch der USA nach einem Regimewechsel stellten sich vorerst nicht ein. Der vom Volk gewählte Präsident Wiktor Janukowitsch hielt sich eisern im Amt - was für die USA ein Problem war. Denn der wollte neutral bleiben und "mit beiden Blöcken" gute Beziehungen pflegen, statt der EU & der NATO beizutreten. 

Für Nuland war das ein persönliches Ärgernis: Denn, wie sie schon im Dezember 2013 zugab, hatte die Obama-Biden-Regierung da bereits 5 Mrd. US-Dollar in die Ukraine investiert. Also musste der Staatsstreich her - und im Telefonat plauderte sie auch aus dem Nähkästchen, wer nach dem Umsturz die Geschicke dort leiten sollte - und wer nicht: "Ich denke nicht, dass Klitsch in die Regierung eintreten sollte". So kam es tatsächlich: Während Jazenjuk und Poroschenko, die im selben Zeitraum bei der Münchner Sicherheitskonferenz mit US-Politikern mauschelten, bald Premier und Präsident waren, blieb für Ex-Boxweltmeister Wladimir Klitschko "nur" das Bürgermeisteramt in Kiew.

US-Sanktionen & Ukraine-Aufrüstung

Bekanntlich folgte wenige Wochen nach dem Telefonat die Eskalation und der Janukowitsch-Sturz. Schon kurz nach den Vorfällen meinte der estnische Außenminister Urmas Paet zur hohen EU-Funktionärin Catherina Ashton: "Wir kommen immer mehr zu der Erkenntnis, dass hinter den Scharfschützen auf dem Maidan nicht Wiktor Janukowitsch, sondern jemand aus der neuen Koalition steht." Kritische Beobachter erinnern gerne auch an eine mögliche Beteiligung der Soros-Netzwerke am Umsturz. Für Nuland wiederum, die über ihre aus dem Gebiet des heutigen Moldawiens emigrierten orthodox-jüdischen Großeltern einen familiären Bezug zu Osteuropa hat, war's erst der Anfang.

In den Folgejahren, damals noch als Unterstaatssekretärin im Außenministerin, mauserte sie sich zur Scharfmacherin im Konflikt. Gemeinsam mit ihrem damaligen Vorgesetzten John Kerry etablierte sie US-Kreditgarantien gegenüber der Ukraine in Milliardenhöhe. Außerdem engagierte sie sich bereits damals in der "defensiven" Aufrüstung des Landes. Sie geißelte die damalige Präferenz in Europa für diplomatische Lösungen und die Zögerlichkeit, sich dem US-Sanktionsregime anzuschließen. Sie bedauerte in einem Briefing: Die Europäer würden sich "vor Schäden für ihre Wirtschaft und vor Gegensanktionen der Russen fürchten". Wie man nun weiß: Es waren berechtigte Sorgen. 

Kritiker beobachten, dass man Nuland ihre Verbissenheit und Scharfmacherei mittlerweile am Gesicht ablesen kann:

Eingeständnis zu Biowaffen-Laboren

Als Ex-Präsident Donald Trump ins Weiße Haus zog, fiel Nuland dem Rotstift zum Opfer und konnte vorerst in Osteuropa kein weiteres Unheil anrichten. Mit der versuchten Normalisierung der amerikanisch-russischen Beziehungen konnte sie wenig anfangen, was sie auch in Zeitungs-Interviews zum Besten gab. So hielt sie sich im Gespräch - und als Biden zum Präsidenten gezählt wurde, bekam sie ihre alte Stelle zurück. Immerhin konnte sich der Ex-Vizepräsident, dem selbst - teils über die umstrittenen Geschäfte seines drogenaffinen Sohnes - eine Einmischung in die Ukraine an ihre zweckdienliche Arbeit erinnern. 

Schnell bereitete sie die notwendigen Dinge vor, traf sich unter anderem mit der umstrittenen weißrussischen Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja, deren vom Westen gebilligter "Regime Change"-Versuch allerdings scheiterte. Schon bald dominierte aber wieder ihr Lieblingsthema das Weltgeschehen. Und wieder einmal sprach Nuland frei Schnauze: Sie sorgte sich nämlich, dass die mutmaßlich unter US-Beteiligung betriebenen Biotechnologie- bzw. Biowaffen-Labore in der Ukraine in russische Hände fallen könnten. Zuvor hatte deren Existenz als vermeintliche "Verschwörungstheorie" gegolten. 

Freude über Nord Stream-Sprengung

Es blieb nicht die letzte auffällige Äußerung der US-Diplomatin, die seit vergangenem Juli als geschäftsführende US-Vizeaußenministerin fungierte. Denn im Vorjahr erklärte sie gegenüber dem Kongress im Bezug auf die Sprengung der Ostsee-Pipelines: "Ich bin froh - und ich denke, die Regierung ist es auch - zu wissen, dass 'Nord Stream 2' jetzt ein Stück Metall am Meeresgrund ist." Äußerungen, die ihre Gleichgültigkeit gegenüber Interessen von Verbündeten zeigen und auf die Richtigkeit der These des Aufdecker-Journalisten Seymour Hersh schließen lassen, dass die USA für den Staatsterror auf die europäische Energieversorgung zumindest mitverantwortlich sind.  

Die Ukraine soll indes bis zum bitteren Ende - und wohl bis zum letzten Mann - kämpfen. Noch vergangenes Monat forderte sie nämlich, dass das US-Parlament ein Ukraine-Paket im Wert von fast 100 Mrd. US-Dollar verabschiedet. Ein Löwenanteil der "Hilfen" betreffen dabei freilich Waffenlieferungen. Nuland vollbrachte die argumentative Hirnakrobatik, diese Verschwendung von Steuergeld, an der bestenfalls die Rüstungsindustrie verdient, auch noch als patriotischen Akt zu verkaufen: "Wir müssen uns erinnern, dass der Großteil dieses Geldes wieder zurück in die USA fließt, um diese Waffen herstellen zu können." 

Ändert "Weltpolizei" ihre Prioritäten?

Nun erklärte sie am Dienstag, ihre Ämter im Laufe dieses Monats räumen zu wollen und ihren Ruhestand anzutreten. Außenminister Anthony Blinken streute ihr zum Abschied Rosen: Sie habe "Amerikas globale Führungsrolle in einer für unsere Nation und die Welt entscheidenden Zeit" neu belebt. Die Krokodilstränen bei der transatlantischen Blase über den Abtritt ihrer Galionsfigur dürften allerdings groß sein. Nuland hatte bis zuletzt gehofft, die von ihr in den vergangenen Monaten geschäftsführend bekleidete Position als Vize-Außenministerin fix zugeteilt zu bekommen. 

Dieser Posten ging nun allerdings an Kurt M. Campbell, der als wichtigster Mann Bidens für den asiatischen Raum gilt und bereits unter Obama für Ostasien zuständig war. Dieser ist durch laufende bzw. ehemalige Mitgliedschaften in der "Aspen Strategy Group", beim "Council on Foreign Relations" und beim "International Institut for Strategic Studies" in globalitischen und transatlantischen Kreisen bestens vernetzt. Zugleich deutet die Entscheidung für seine Person zu Ungunsten Nulands, dass die USA sich außenpolitisch wohl neu aufstellen. Lässt man die Ukraine etwa demnächst fallen, um auf ein verschärftes Säbelrasseln gegen China und/oder den Iran umzusatteln? 

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