Alles eine Frage der Perspektive?

Wegen Kritik an Werte-Westen: ORF stempelt Slowaken-Sozi zum 'Rechtspopulisten'

Politik
Bild: Annika Haas (EU2017EE), Flickr, CC BY 2.0 (Bildausschnitt)

Manchmal fragt man sich, wie weit links ein öffentlich-rechtlicher Sender eigentlich sein muss, um den sozialdemokratischen Parteichef eines Nachbarlandes als "Rechtspopulisten" und "Nationalisten" zu begreifen. Vermutlich geht es dem ORF aber vor dem drohenden Wahlsieg von Robert Fico in der Slowakei vielmehr darum, die übliche "Nazi-Keule" zu schwingen, um diesen angesichts seines Ausscherens aus dem "Slawa Ukrajini"-Kurses des Werte-Westens schon einmal vorab als "Bösen" zu markieren.

ORF entscheidet, wer "echter" Sozialdemokrat ist

Nur wer - wie SPÖ-Chef Andreas Babler - die woke Agenda und die globalistische Richtung vertritt, darf sich in den Augen des Rotfunks offenbar noch "Sozialdemokrat" schimpfen. Diesen Eindruck gewinnt man jedenfalls angesichts der jüngsten Tirade über den slowakischen Politiker Robert Fico. Denn der ist ohnehin nicht das, was sich nach Ansicht des Systems für einen Roten schickt. Denn er kritisiert die Massenmigration und setzt innenpolitisch auf einen linkspatriotischen Kurs zwischen Tradition und sozialer Gerechtigkeit. Im deutschen Sprachraum könnte man seine Positionierung wohl am ehesten mit jener von Sahra Wagenknecht vergleichen. 

Sozial geht nur patriotisch und elitenkritisch: Das stellte der Ex-Kulturminister der Partei, Marek Maďarič, im Jahr 2016 heraus: "Es ist wahr, dass Smer keine Ambition hatte, eine 'Brüsseler Linke' zu sein, was in sich nicht nur eine radikale Umsetzung von LGBT-Themen beinhaltet, sondern auch eine Gleichgültigkeit bei der Durchsetzung slowakischer nationaler Interessen." Und so schert Fico auch beim Ukrainekrieg aus: Er gibt dem Westen eine Mitschuld am Krieg, kritisiert die Selbstmord-Sanktionen, die sein Land in eine Rekordinflation stürzten und will die Aufrüstung des Selenski-Regimes beenden. Das Volk sieht es ähnlich: Eine Woche vor der Wahl führt er in Umfragen. 

Der Journalist Thomas Oysmüller (TKP-Blog) erklärte auf Twitter/X, wieso Babler scheitert, aber echte Linkspopulisten wie Fico oder Wagenknecht reüssieren: 

Plötzlich "Rechtspopulist": Die Falschen kritisiert... 

Für den ORF ist dies offenbar ein Grund zur Panik: "Der Ausgang der Wahl könnte sich auf die gesamte EU, NATO und deren Ukraine-Politik auswirken, will [er] doch aus prorussischen und antiwestlichen Tönen politisches Kapital schlagen." Man sieht ihn an der Speerspitze eines "nationalistischen Lagers" und geißelt Ficos angeblich "rechtspopulistische und nationalistische Rhetorik".

Fico - der auch in der Corona-Zeit kein Interesse hatte, sich zu einem Sprachrohr der Pharma-Industrie zu machen und die Teilnahme am Impf-Experiment der freien Entscheidung der Bürger überlassen wollte - war bereits bis 2018 Regierungschef, ehe man ihm einen Strick aus dem bis heute ungeklärten Mord an einem Springer-Journalisten drehte. Das Argument: Weil dieser Mafia-Verbindungen bis in Regierungskreise behauptete, müsse die Regierung automatisch hinter dem Vorfall stecken. 

Fico hingegen sah damals den US-Milliardär und leidenschaftlichen "Regime-Changer" George Soros hinter den Angriffen auf seine Regierung, erinnerte an ein Geheimtreffen des damaligen Staatspräsidenten Andrej Kiska mit dem Globalisten wenige Monate zuvor. Fico hinterfragte: "Warum ließ er sich nicht von Vertretern des Außenministers begleiten? Das was nach dem Mord am Journalisten passierte, lässt den Verdacht aufkommen, dass versucht wird, dieses Land völlig zu destabilisieren." Detail am Rande: Aktueller Regierungschef und Innenminister einer interimistischen "Beamtenregierung" ist mit Ľudovít Ódor tatsächlich ein Gastprofessor der Soros-Uni. 

Linksliberale Hoffnungsträger des Westens

Die Hoffnung des Werte-Westens ruht damals wie heute auf der laut ORF in Umfragen zweitplatzierten linksliberalen "Progresívne Slovensko" (Fortschrittliche Slowakei, PS). Diese war vor den Präsidentschaftswahlen und EU-Wahlen im Jahr 2019 medial hochgeschrieben worden und gewann diese Wahlen auch tatsächlich. Bei der Parlamentswahl 2020 verfehlte man jedoch den Einzug. Einfluss hatte man trotzdem: Die aus diesem politischen Stall stammende aktuelle Präsidentin Zuzana Čaputová warnte in einem zum Springer-Konzern gehörenden US-Medium vor "russischer Desinformation", welche die Parlamentswahl beeinflussen könne - die alte Leier eben.

Die große Sorge, die damals auch von Čaputová und nunmehr vom ORF befördert wird: Dass die Slowakei nach der Wahl sich ein außenpolitisches Beispiel an Viktor Orbán nehmen könnte. Wie die Slowakei ist Ungarn eigentlich NATO-Mitglied, doch die dort regierende Fidesz-Partei verfolgt eine Route der Nichteinmischung und will nicht, dass Ungarn zum Spielball eines Stellvertreterkonflikts wird. Entsprechend verweigerte Orbán auch den Transport von westlichem Kriegsmaterial durch sein Land. Der Staatsfunk zitiert hierzu eine Vertreterin des globalen Thinktanks "Carnegie", die behauptet, dass der Slowakei die Rolle eines "Unruhestifters" zufallen könnte.

ORF als Lautsprecher des Werte-Westens

Bei der Warnung vor einem Fico-Wahlsieg kommen auch sonst nur einschlägige Stimmen zu Wort, so etwa Ex-Außenminister Rastislav Káčer, der im Jänner am WEF-Gipfel in Davos teilnahm. Dieser habe gegenüber der "New York Times" zu Protokoll gegeben, dass "die Slowakei eine große Erfolgsgeschichte für russische Propaganda sei", der Kreml habe "hart und sehr erfolgreich daran gearbeitet, [s]ein Land als Keil zu missbrauchen, um Europa zu spalten".

Als weitere Bösewichte hingegen werden eine "antiamerikanische" Nachrichtenseite sowie - kein Witz - eine Biker-Gruppe platziert. Überall böse "Desinformation", finstere Gestalten - und notfalls zu "Rechtspopulisten" umetikettierte Linkspolitiker: Man lässt beim ORF nichts unversucht, um dem Narrativ des Werte-Westens zu gefallen. Ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk eines neutralen Landes - der von den Bürgern zwangsfinanziert wird -  derart einseitig berichten sollte, steht freilich auf einem anderen Blatt...

+++ Folgt uns auf Telegram: t.me/DerStatus & auf Twitter/X: @derStatus_at +++

Dir gefällt unsere Arbeit? Unterstütze uns jetzt mit deiner Spende, damit wir weiterhin berichten können!

Kontoinhaber: JJMB Media GmbH
IBAN: AT03 1500 0043 9102 6418
BIC: OBKLAT2L
Verwendungszweck: Spende

Weitere Artikel, die Sie interessieren könnten