Doskozil, Babler, Sellner, Grosz,....

SPÖ versinkt im Chaos: Dreckiges Dutzend (und mehr) balgt sich um Partei-Vorsitz

Politik
Wahlzettel: Freepik; SPÖ-Zentrale: (C) Sarah Hierhacker, Flickr, CC BY-NC 2.0; Komposition: Der Status.

Die Beschäftigung der ehemaligen Arbeiterpartei mit sich selbst anstatt mit den manifesten Problemen im Land läuft endgültig aus dem Ruder. Denn mittlerweile geht es bei der Mitgliederbefragung nicht mehr nur zwischen Noch-Parteichefin Joy Pamela Rendi-Wagner und Burgenland-Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil um den Obmann-Posten - zehn weitere Kandidaten bekundeten bislang ihr Interesse. Teilnehmen darf jeder, der noch bis zum Ende des Tages SPÖ-Mitglied wird: Das Chaos ist nicht nur vorprogrammiert, sondern klopft bereits an die Türe in der Löwelstraße.

Wer hat noch nicht, wer will noch mal: Nach diesem Prinzip gestaltet sich aktuell die Kandidatensuche für den roten Parteivorsitz. Nachdem sich die aktuelle Parteichefin über Jahre mit der Mär an der Macht hielt, niemand wolle die Verantwortung in der Sozialdemokratie übernehmen, kann sie sich nun gar nicht vor Mitbewerbern sattsehen, die allesamt ihr eigenes Süppchen kochen. Doch weil bekanntlich zu viele Köche den Brei verderben, droht der Machtkampf um die Spitze der ältesten Partei des Landes zur Farce zu verkommen. Zu allem Überdruss treten nun zahlreiche Personen nur aus dem Grund in die Partei ein, um die Vorsitzfrage mitzuentscheiden.

Eskalierter Machtkampf führt zu Urabstimmung

Nach dem Fiasko bei der Kärnten-Wahl mit fast 10 Prozent Verlust eskalierte der Machtkampf zwischen Rendi-Wagner und Doskozil. Die Bilderbergerin an der roten Spitze warf ihrem Widersacher aus dem Burgenland den Fehdehandschuh hin - und der entschloss sich, tatsächlich in den Ring zu steigen. Allerdings nicht bei einem außerordentlichen Parteitag, sondern bei einer Urabstimmung unter den Mitgliedern. Zu diesem Zeitpunkt stand im Raum, dass nur Mitglieder, die länger als ein Jahr dabei sind zwischen diesen beiden Kandidaten auswählen können. Doch die zerstrittene Partei machte ihre Rechnung ohne den sprichwörtlichen Wirt.

Denn, was die Bestandsmitglieder betrifft, lag das Durchschnittsalter bei 63 Jahren - und gerade die jüngere Funktionärsriege und die Bobo-Blase aus Wien fremdeln mit beiden Streithähnen". Sie fürchten sich vor einem vermeintlichen "Rechtsruck" unter Doskozil (obwohl dieser eine rot-grün-pinke "Ampel" bevorzugt). Doch sie merken, dass "Joy Päm" selbst in der mächtigen und aufgrund jahrzehntelanger Parteibuchwirtschaft mitgliederreichen Wiener Landespartei allmählich die Felle davonschwimmen. Also plädierte man auf die Öffnung der Kandidatenliste sowie die Ermöglichung, dass neue Parteimitglieder ebenfalls ihre Stimme abgeben können.

Joy-Päm und die 40 Posten-Räuber

Wenige Tage später hat die SPÖ nun mehr Kandidaten um den Spitzenposten als die Fantasy-Serie "Game of Thrones" zu Spitzenzeiten konkurrierende Ansprüche auf den Eisernen Thron. Ausgerechnet derjenige, der die Kandidaturen-Welle lostrat, nämlich der Vize-Chef der SPÖ Alsergrund, Niklaus Kowall, ist nicht mehr darunter. Er zog zurück, um die Chancen seines Kollegen Andreas Babler nicht zu gefährden. Der Traiskirchener Bürgermeister ist seit Monaten der Liebling der Wiener Bobo-Blase. Wenn es darum geht, "Dosko" zu verhindern, sieht man ihm sogar nach, dass er sich zuletzt für Neutralität und Frieden statt der Kriegstreiber-Allüren der Wiener Lifestyle-Roten stark machte.

Laut der "Tiroler Tageszeitung" waren es bis Freitagmorgen bereits zwölf Kandidaten, die sich um den Chefposten bewerben - mit Ausnahme von Rendi-Wagner samt und sonders Männer (oder, um politisch-korrekten Neusprech der "Woke"-Linken zu bleiben, als männlich gelesene Personen). Die "Krone" bringt mit Ex-Kanzler Christian Kern sogar einen ehemaligen Parteichef als vermeintlich "letzte Hoffnung" aufs Tapet, doch der winkt (vorerst) noch ab. 

Sogar Grosz und Sellner kandidieren... 

Noch bis heute Freitag Mitternacht können sich weitere Personen melden - und tun dies auch. Am heutigen Freitagvormittag verkündete plötzlich Ex-BZÖ-Politiker und Präsidentschaftskandidat Gerald Grosz seine Absichten, der neue rote Parteichef werden zu wollen. Medienberichten zufolge erklärte er: "Ich bin mit heutigem Tag, 24.3.2022, Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Österreichs geworden und darf hiermit mitteilen, dass ich mich um das Amt des Bundesparteivorsitzenden der SPÖ bewerbe!"

In einem Video erklärte er sich: "Ich habe die vielfältigen Angebote für eine Teilnahme bei 'Dancing Stars', dem 'Dschungelcamp', 'Teenager werden Mütter' ausgeschlagen und gebe hiermit voller Freude und mit bebender Stimme eines in der Wolle gefärbten Sozis bekannt, bei der sozialdemokratischen Ausgabe von 'Mein potschertes Leben' teilnehmen zu wollen." Er übt bereits für die Rolle: "Genossinnen und Genossen, hört die Signale, auf zum letzten Gefecht, der Untergang ist nahe, mein Eintreten somit echt".

Und er blieb nicht der Einzige: Auch der ehemalige Identitären-Chef Martin Sellner bekundete plötzlich sein Interesse, mit einem kurzfristigen Partei-Eintritt als SPÖ-Chef zu kandidieren. 

Was, wenn niemand die Mehrheit erringt?

Es scheint also, als hätten sich die Sozialdemokraten ein klassisches Eigentor geschossen. Im Ernstfall könnten sich so viele Kandidaten um die Parteispitze ergeben, dass kein einziger von ihnen annähernd eine Mehrheit hinter sich vereint. Wie die Chancen eines vermeintlichen Favoriten aussehen, wenn beispielsweise 70 Prozent bei der Mitglieder-Befragung gegen ihn waren, tatsächlich beim Parteitag gekürt zu werden, wird sich weisen. Auch der Umstand, dass die Mitgliederöffnung nun bedeutet, dass Personen, die den Roten ideologisch nicht nahestehen, in Scharen in die Partei eintreten können, um sich einen "angenehmen" Gegner zu wählen, ist maximal skurril.

Wahl-Fiasko in Salzburg scheint gewiss

Beginnen soll die ominöse Abstimmungsrunde am 24. April - also dem Tag nach der Salzburgwahl. Diese hat man offenbar bereits aufgegeben, nachdem sich die SPÖ dort in Umfragen im freien Fall befindet. Zuletzt kolportierte Werte von 17 Prozent würden den Tiefststand vom letzten Mal (20 Prozent) sogar noch unterbieten. Dabei läuft sie diesmal tatsächlich in alle Richtungen aus: Trotz "angerichteter" Themenlage kann nicht die SPÖ, sondern vor allem die FPÖ vom Einbruch der krisengeschüttelten ÖVP profitieren.

Zugleich besteht eine reale Chance, dass die kommunistische KPÖ nach der Steiermark in ihren zweiten Landtag einzieht. Während die Roten, die sonst immer auf die Solidarität zueinander pochen ("Freundschaft, Genossen!") das berüchtigte Sprichwort "Feind, Todfeind, Parteifreund" aktuell auf die Spitze treiben, ist angesichts der verheerenden Außen-Wirkung ein böses Erwachen gewiss - egal, wer letzten Endes das Rennen machen und vergeblich versuchen wird, in die Fußstapfen Renners, Kreiskys und Co. zu treten.

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