'Joy Pam' blamiert sich in ZiB2

SPÖ-Chefin: Impfpflicht-Zustimmung kein Fehler, Doskozil an allem Schuld

Politik
Foto: SPÖ-Parlamentsklub / Kurt Prinz, Flickr, CC BY-SA 2.0

Die Sozialdemokratie leckt nach dem Wahl-Fiasko in Kärnten ihre Wunden: Obwohl die Themenlage für die Roten aufgelegt wäre, strauchelt die SPÖ in der Wählergunst. Als Parteichefin Joy Pamela Rendi-Wagner am Montagabend im ZiB2-Interview saß, ließ sie jede Führungsstärke vermissen. Sie wollte keine Fehler eingestehen, wich den Fragen in intensivem Ton ständig aus und schob im Zweifelsfall dem Landeshauptmann des kleinsten Bundeslandes zwischen den Zeilen den schwarzen Peter zu. Außerdem fiel sie bei der Frage nach der Impfpflicht-Zustimmung mit Aussagen auf, die nach Ansicht von Beobachtern an Geschichtsrevisionismus grenzen.

Wunden lecken nach der Kärnten-"Watschen"

Das Wahlergebnis in Kärnten spricht eine deutliche Sprache: Minus neun Prozent, als einzige landesweit antretende Partei musste man überhaupt prozentuale Einbußen hinnehmen. Schon vor sechs Wochen in Niederösterreich konnte man vom dortigen Total-Einbruch der ÖVP nicht profitieren und landete mit dem schlechtesten Ergebnis aller Zeiten in jenem Bundesland hinter den Freiheitlichen auf dem dritten Platz. Dabei fiel auf: Nachdem sich Landeshauptmann Kaiser anfänglich für die Impfpflicht stark machte, waren die roten Verluste in Gemeinden mit niedriger Impfquote besonders groß - etwas, das bereits Mikl-Leitner als schwarze "Mutter der Impfpflicht" erfahren musste. 

Die SPÖ zeigte sich auch im Bund als waschechte Scheinopposition, mit Ausnahme von Gewerkschafter Josef Muchitsch stimmten alle roten Nationalratsmandatare für den staatlichen Stichzwang. Rendi-Wagner, die sich als Erfinderin der 3G-Schikane am Arbeitsplatz feiern ließ, befand sich darunter. Der Gesundheitsstadtrat des Roten Wien, Peter Hacker, hatte einst sogar eine Ausweitung der Impfpflicht auf den Arbeitsplatz gefordert. Nach dem krachenden Scheitern des Projekts versuchen sich die Roten in beachtlicher Kindesweglegung angeblich habe man sie gegen die eigene Überzeugung mitgetragen, was die meisten roten Funktionäre für einen Fehler halten - nicht so die Parteichefin. 

Impfpflicht-Zustimmung damals "nicht falsch"

Denn die ist weiterhin der Meinung: Aus dem damaligen Erkenntnisstand sei die Zustimmung zur Impfpflicht "nicht falsch" gewesen. Sie führte eine angebliche Überlastung des Gesundheitssystems (die so nie existierte) und hohe 7-Tages-Inzidenzen (als "Test-Weltmeister" kein Wunder) ins Feld. Nun, wo sich herausstellt, dass Ungeimpfte wählen dürfen, dämmert der Corona-Einheitsfront der Fehler. Dass man im Nachhinein klüger sei, verglich sie allen Ernstes mit den Lottozahlen vom letzten Sonntag. Dabei hatten bereits vor Beginn der Impf-Kampagne sogar Mainstream-Experten etwa davor gewarnt, dass die experimentellen Spritzen mutmaßlich nicht vor Ansteckungen feien.

Rendi-Wagner sprach davon, durch das Mittragen "Verantwortung" übernommen zu haben. Zugleich will sie die Verantwortung für die Impfpflicht nicht haben. Sie lancierte das Narrativ, dass diese von den schwarzen Landeshauptleuten ausgegangen wäre. Doch bekanntlich ist das Archiv die Rache des Journalisten an den Politikern. Und so fanden Kommentatoren auf Twitter schnell einen Beleg dafür, dass auch Rendi-Wagner höchstpersönlich schon vor dem offiziellen Vorstoß Mikl-Leitners mit der Einführung einer bundesweiten Impfpflicht kokettierte. Dieses Ziel soll sogar offizielle SPÖ-Strategie für die Landeshauptleutekonferenz gewesen sein.

Doskozil als Sündenbock für Partei-Krise

Dass sie die Verantwortung für den Stichzwang möglichst weit wegschieben möchte, war "Joy Pam" anzusehen. Mehrfach versuchte ZiB2-Moderator Armin Wolf sie zu weiteren politischen Fehlern zu befragen, doch sie kam immer wieder an diesen Punkt zurück - mit Vehemenz und aggressivem Ton. Als sie dann endlich auf die Frage des Interviewers einging, fragte sie keck: "Welche Fehler, Herr Wolf?" Denn aus ihre Warte liegt das Umfrage-Tief weder an ihrer Performance, an ihrem umstrittenen Bundesgeschäftsführer noch an verhaltensauffälligen Online-Propagandisten. Sondern an "Störfeuern", die vor allem aus dem Burgenland kommen würden. 

Sie ist sich sicher: Weil die SPÖ zu viel öffentlich über Interna diskutiert, könne sie beim Wähler nicht mehr reüssieren. Sie verwies auf hohe Umfragewerte im letzten Sommer, damals habe es keine Zwischenrufe aus dem Burgenland gegeben. Parteichefin will sie offenbar um jeden Preis bleiben, obwohl Umfragen einer Doskozil-SPÖ bessere Werte ausweisen würden. Dem einzigen Landeshauptmann der Republik, der mit absoluter Mehrheit regiert, richtete sie mehrfach aus und wähnte sich besser dabei, "Verantwortung" zu übernehmen. Auch wenn sie es nicht wörtlich so sagte, fasste Wolf zusammen: "Dann machen wir es doch konkret: Doskozil ist schuld?" 

Abgesang auf Raten scheint vorprogrammiert

Als sie erneut auswich, hakte Wolf abermals nach, worauf Rendi-Wagner entnervt sagte: "Das ist ja jetzt keine Überraschung. Wir reden in jedem Interview über Hans-Peter Doskozil." Dass derselbe nur einen Tag nach einem Themenrat über rote Vorschläge im Energiebereich mit einer Umfrage über seine guten Werte an die Öffentlichkeit ging, kommentierte sie so: "Finden Sie, dass das ein solidarisches, erfolgreiches, gemeinsames an einem Strang ziehen ist?" Auf die Frage nach einem vorgezogenen Parteitag appellierte sie an ihre Kritiker, sich bei einem solchen Parteitag aufstellen zu lassen. Sie würde dort auch in einer Kampfabstimmung antreten. 

Ganz so furchtlos vor einer baldigen Ablöse ist Rendi-Wagner nach dem absehbaren dritten Debakel in Salzburg im April allerdings nicht mehr. Denn war sie vor wenigen Wochen noch zu 100 Prozent sicher, dass sie bei der nächsten Nationalratswahl als Spitzenkandidatin auftrete, redete sie sich nun auf die Entscheidung des Parteitages heraus: "Ich weiß nicht, was nächstes Jahr ist." Sie wolle Verantwortung aber nicht abschieben (außer freilich, es geht um das Zustandekommen der Impfpflicht oder die schlechten Umfragewerte). War ihr bestes "Argument" für ihre Spitzenkandidatur zuletzt, dass sie eine Frau war, ist es diesmal nur mehr, dass sie eine "überzeugte Demokratin" sei. Ein Abgesang auf Raten?

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