Schockierende Details

14 Reichsbürger-Razzien ohne Verdacht: Was ist los in Deutschland?

Politik
Symbolbild SEK-Einsatz (Flickr: Wiesbaden112.de CC BY-NC-ND 2.0)

Wieder fanden Razzien gegen sogenannte "Reichsbürger" in Deutschland statt. Viel war seit der Verhaftungswelle im Dezember von der "Rentner-Rollatoren-Revolution" die Rede. Denn nachdem die Öffentlichkeit über die Anschuldigungen des Staats gegen die "Reichsbürger" weitgehend im Dunkeln gelassen wird und man medial mit diffusen Begriffen arbeitet, regen sich immer mehr Zweifel an den radikalen Razzien. Jetzt wurde bekannt, dass mitunter Razzien ohne Verdacht stattgefunden haben. Wie steht es um Deutschlands Rechtsstaatlichkeit im Kampf gegen angebliche Staatsverweigerer?

14 Durchsuchungen bei "nicht Verdächtigen"

Erste Berichte lesen sich dramatisch. Gleich 19 Razzien fanden am Mittwoch länderübergreifend statt: In Bayern, Niedersachsen, Sachsen, Baden-Württemberg, Hessen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und der Schweiz. Darunter sollen 14 (!) Wohnungen von Personen ohne Verdacht durchsucht worden sein, berichten Medien.

- FAZ-Bericht vom 22.3.2023

Dass es sich zumindest zum Teil auch um gefährliche Personen zu handeln scheint, zeigte die gestrige Razzia jedenfalls. Ein Mann (44) aus Reutlingen (Baden-Württemberg) verschanzte sich, als das SEK um 6 Uhr 15 sein Haus umstellte. Dann soll er Schüsse auf die Beamten abgefeuert haben, wobei ein Polizist am Arm verletzt wurde, wie Medien berichten. Er wurde daraufhin in Gewahrsam genommen. 

Rentner-Rollatoren-Revolution: Ernüchternde Razzien-Bilanz

Über die genauen Vorwürfe ist wenig bekannt. Die Razzien sollen in Zusammenhang mit der Verhaftungswelle im Dezember stehen. Damals wurden gleich 19 Personen in U-Haft genommen. Die danach veröffentlichten Erkenntnisse waren ernüchternd: Typische "Prepping"-Artikel wie Lebensmittel, Küchenutensilien, ein Wohnwagen, Gold, Telefone und ein Notstromaggregat wurden medial später als große Funde präsentiert.

Überdies sollen die Personen, die mehrheitlich Rentner sind, auch Waffen besessen haben. Sie sollen belegen, dass die "Reichsbürger" einen Aufstand geplant hätten. Viele zweifelten bereits an, dass es sich hierbei um ein annähernd realistisches Szenario handeln könnte und bezeichneten die kolportierten "Umsturz-Pläne" spöttisch als "Rentner-Rollatoren-Revolution". Doch bis heute sitzen die sogenannten "Reichsbürger" in U-Haft und nach wie vor ist wenig über die Vorwürfe bekannt. 

Schwammige Definitionen: Von "Reichsbürgern" und "Selbstverwaltern"

Zweifelsfrei gibt es das Phänomen der Staatsverweigerer. Sie sind überzeugt davon, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht rechtmäßig existiere. Oft sprechen sie von der "BRD-GmbH", in der Überzeugung, dass es sich beim deutschen Staat um eine Firma handle. Ihre krude Auffassung, dass etwa Dokumente wie der "Personalausweis" diese These belegen würden, weil man damit ja als das "Personal" der "BRD-GmbH" bezeichnet sei, liest sich zum Teil auch im Internet. Der deutsche Staat spricht auf der Seite des Verfassungsschutzes von "Reichsbürgern und Selbstverwaltern".

Die Definitionen erscheinen relativ schwammig. Sie würden die Behörden ablehnen und/oder überstrapazieren. Es gebe Verbindungen zum Rechtsextremismus. Wo die Definition des Reichsbürgers beginnt und wo sie aufhört, darüber bleibt der Interessierte weitgehend im Dunkeln: Wo endet die Kritik am Staat im Zuge der Meinungsfreiheit und wo endet sie bei der "Selbstverwaltung"? Machen Prepping-Maßnahmen zur Krisenvorbereitung (Notstromaggregate) Bürger bereits zu "Selbstverwaltern"? Fragen, die auf der Seite nicht beantwortet werden. Exklusiven Der Status-Informationen zufolge waren von der gestrigen Razzia auch offenkundig linke Personen betroffen. 

Widersprüchlich erscheint auch folgender Umstand: Unter den Betroffenen sollen sich überdies ein Angehöriger der Bundeswehr und ein Polizist befinden. Man geht offenbar von Staatsdienern aus, die nicht an die Existenz des Staates glauben. Sowohl die Vorwürfe gegen die vermeintlichen Reichsbürger als auch die Vorgehensweise der Behörden bleibt rätselhaft. Dass in Deutschland im Jahr 2023 auch Wohnungen dezidiert "nicht verdächtiger" Personen durchsucht worden sein sollen, beunruhigt.

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