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In Linz beginnt's: Es gärt bei den Roten

Lügen, Postendeals & Zwist: Luger wirft SPÖ-Parteiämter hin & bleibt Bürgermeister

Politik
Bild: SPÖ-Parlamentsklub / Kurt Prinz, Flickr, CC BY-SA 2.0

Monatelang tat der Linzer Bürgermeister so, als wäre sein Name Hase und er wüsste nicht davon, wer dem umstrittenen Brucknerhaus-Chef Dietmar Kerschbaum die Hearing-Fragen zuspielte, er ließ sogar ein Gutachten beauftragten. Nun stellte sich heraus, der SPÖ-Stadtchef war selbst der "Maulwurf". Nichtsdestotrotz sprach ihm seine Stadtpartei am Mittwoch das Vertrauen einstimmig aus. Doch wenige Wochen vor der Nationalratswahl kann die SPÖ eine Postenschacher-Affäre brauchen wie einen Kropf. Und so gärte es weiter bei den Roten, der Druck auf Parteichef Babler wuchs, ehe dieser auf Konfrontationskurs mit seinem Parteifreund ging. Dieser lässt nun die Parteiämter ruhen, bleibt aber Stadtchef.

Kerschbaum-Affäre: Luger selbst war das Leck

Kerschbaum musste vor einigen Monaten wegen "schwerer Verfehlungen" gehen, soll angeblich in die eigene Tasche gewirtschaftet und einen riesigen Schaden hinterlassen haben. Dieser wollte sich auch juristisch gegen die Anschuldigungen gegen seine Person wehren. Aber SPÖ-Bürgermeister Luger gelobte Aufklärungsarbeit, um das Leck zu finden, der dem Brucknerhaus-Intendanten einst die Hearing-Fragen zuspielte. Am Dienstag kam schließlich heraus: Luger selbst wollte Kerschbaum durchbringen und war besagtes Leck. Nachdem die Lüge aufflog, hagelte es Rücktrittsforderungen aus allen Lagern.

Doch in der Linzer SPÖ beschloss man, die Sache auszusitzen: Als Luger die Vertrauensfrage stellte, sprach man ihm dieses einstimmig aus. Denn während man bei Mitbewerbern stets als erster die Rücktrittskultur einfordert, ein guter Sozialist ist schließlich solidarisch! Heißt es doch schon im "Lied der Partei" der SED: "Sie hat uns alles gegeben / Sonne und Wind und sie geizte nie / Wo sie war, war das Leben / Was wir sind, sind wir durch sie! / Sie hat uns niemals verlassen / Fror auch die Welt, uns war warm / Uns schützt die Mutter der Massen / Uns trägt ihr mächtiger Arm". Und da wird man einen langgedienten Genossen doch nicht wegen des Anstands fallen lassen...

Macht vor Partei - Risse in SPÖ immer tiefer

Die Partei hat zwar laut demselben Lied "immer recht", aber geeinigt ist sie sowieso nimmermehr. Denn egal, was sie Luger gegeben hat, nun legt er alles zurück. Also, das heißt: Die Parteiämter, nicht die Rolle als roter Stadtkaiser. Obwohl der mögliche Amtsmissbrauch sich eigentlich in einer Tätigkeit als Bürgermeister, nicht als roter Spitzenfunktionär zugetragen hat. Vorausgegangen war ein Ultimatum vom angezählten Parteichef Andreas Babler, der zuerst beinahe zwei Tage lang auf Tauchstation war, ehe der Ruf auch aus eigenen Reihen kam, man möge doch vor der Nationalratswahl den Schaden von der Partei abwenden... 

Aber wie viel Leben in der Babler-SPÖ noch übrig bleibt, ist fraglich, wenn ranghohe Funktionäre wie Luger lieber ihre Parteiposten als ihre reale Macht aufgeben. Denn vom sprichwörtlichen "mächtigen Arm" scheint unter Babler noch weniger geblieben als unter Rendi-Wagner. Insider berichten, dass die Gräben in der SPÖ noch tief werden. Auf der einen Seite steht Babler und der Wiener Bobo-Block aus dem Elfenbeinturm. Auf der anderen formiert sich seit geraumer Zeit der volksnahe Block um Doskozil und Dornauer. Und auch der Kärntner SP-Chef Peter Kaiser hat seine Differenzen mit Babler, dessen Wahl zum Parteivorsitzenden holprig verlief.

Babler nur äußerst locker im Sattel

Bis heute sind die Umstände, die zu seiner Wahl führten, nicht vollends aufgeklärt. Verwies man offiziell auf eine Excel-Panne, munkeln Teilnehmer des Parteitags, dass das Ergebnis erst später in Wien gedreht wurde - Der Status berichtete seinerzeit exklusiv. Die SPÖ ist einen Monat vor einer richtungsweisenden Wahl gespalten wie selten zuvor. Dass es nun ausgerechnet Luger ist, der sich nach einem Skandal teilweise zurückzieht, ist doppelt brisant. Über lange Jahre galt Luger als Integrationsfigur innerhalb der Partei. Dass Linz der Schauplatz des unheilvollen Parteitages war, sollte auch symbolisch die Einheit der Partei beschwören.

Doch in den folgenden Monaten schwang sich Luger zum scharfen Babler-Kritiker innerhalb der SPÖ auf. Die Idee, mit einem irren und an der Realität der meisten Hackler vorbeigehenden Modell die Arbeitszeit generell drastisch zu verkürzen, geht sich mit ihm nicht aus - wohl auch vor dem Hintergrund, dass Luger in Linz immer auch die Interessen der VÖEST als letzte langjährige rote Arbeiter-Bastion bewahren muss. Auch die "Tempo 100"-Pläne und anderen Umwelt-Agenden, die sich Babler auf die Fahnen schrieb, erfuhren häufiger Kritik vonseiten Lugers. Nun der große Knall nach dem Brucknerhaus-Skandal. Kostet das Babler endgültig den 2. Platz und den Parteivorsitz?

Niemand kann auch nur Pyrrhussieg verbuchen

Denn nun steht die SPÖ sprichwörtlich "nackert" da, die Glaubwürdigkeit ist endgültig dahin. Egal, wo man an der Macht ist, tauchen Malversationen auf. Bislang war besonders oft die lange Zeit mächtige Wiener Landespartei betroffen. Seien es die Geschehnisse um die "Wien Energie", der Kleingarten-Skandal oder die nicht abreißende Welle importierter Gewalt in der Bundeshauptstadt, nach der sich SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig gerne tagelang auf Tauchstation befindet. Nun tut man sich schwer, zu kaschieren, dass der Finanzskandal rund um den ehemaligen Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden offenbar kein Einzelfall war.

Und bei der Luger-Causa hilft Babler erst recht nicht, dass es einen aus dem "anderen Flügel" seiner Partei betrifft. Denn auch wenn der Wähler kein Freund von Skandalen oder unklaren Positionen ist, so mag er Streithähne erfahrungsgemäß noch weniger. Und die Machtblöcke bleiben aufrecht, zumal Oberösterreich ein umkämpftes Pflaster ist. Und die Rückendeckung für das "Babler-Machtwort" ist enden wollend. Wichtige Mandatare wollten die Sache intern klären, obwohl sie eine deutliche Meinung hatten. Dem kam Luger zuvor, indem er sich für seine Stadtmacht und gegen die Partei entschied. In Linz beginnt's bekanntlich: Und der SPÖ-Machtkampf hat erst so richtig begonnen...

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