Dann braucht es auch Remigration

Kein Geld für abgelehnte Asylwerber: Wagenknecht fordert drastischen Politikwechsel

Politik
Bild: Ferran Cornellà, CC BY-SA 4.0, Wikimedia Commons

Bei vielen ihrer ehemaligen Genossen und vermutlich auch bei einem Teil ihrer derzeitigen Unterstützer dürfte sich Sahra Wagenknecht mit ihrer jüngsten Forderung keine Freunde machen. So fordert die ehemalige Linken-Politikerin und Chefin des Bündnis Sahra Wagenknecht, dass abgelehnte Asylwerber keine staatlichen Geldleistungen mehr erhalten sollten. Doch um diese Forderung wirklich umzusetzen, bräuchte es großangelegte Remigrations- und Abschiebe-Bestrebungen.

In Sachfragen auch mit AfD kooperieren

Politisches Talent und Begabung kann man Sahra Wagenknecht keinesfalls absprechen. Schon als Vorsitzende der Linkspartei schaffte sie es regelmäßig, die Regierung vor sich herzutreiben und mit pointierten Aussagen zu punkten. Nun, nach ihrem Ausstieg aus der SED-Nachfolgepartei versucht sie mit einer eigenen Liste, dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) politisch zu reüssieren und den Politbetrieb der Altparteien in Deutschland aufzumischen. So erklärte sie etwa unlängst in der FAZ, dass sie sich in Sachfragen durchaus eine Zusammenarbeit mit der AfD vorstellen könne.

Aber, so konkretisierte sie, werde ihre Partei nicht "mit Extremisten" zusammenarbeiten, wobei sie weiter erläuterte, dass AfD-Bundesvorsitzende Alice Weidel "keine rechtsextremen Positionen, sondern konservativ-wirtschaftsliberale" vertrete. Im Gegensatz zu Björn Höcke, denn, so Wagenknecht, hielte Weidel zwar "aggressive Reden, aber eine völkische Ideologie, also die Annahme, dass sich Nationen nicht über Kultur, sondern über Gene und Blut konstituieren", könne sie bei ihr nicht erkennen. Bei dem thüringischen Landesvorsitzenden angeblich schon. Einen Beleg oder Nachweis für die Behauptung blieb sie allerdings schuldig. 

Kein Geld für abgelehnte Asylanten

Dennoch kommt Wagenknecht natürlich zugute, dass sich schon Marx und Engels - trotz ihres reichhaltigen Werkes - auf keine Definition des Begriffs Volk festlegten. Auch Begriffe wie Nation oder Staat werden mit Unschärfen genutzt und oftmals miteinander ausgetauscht. Auch die später vielfältigen Diskussion von Luxemburg, Lenin, Stalin oder anderen Größen sozialistischer oder kommunistischer Richtungen zu nationalen Fragen beschäftigen sich vorrangig vom Standpunkt des Klassenkampfes aus mit der Problematik, ohne die Begriffe zu schärfen - denn mit der Revolution und sollten Staaten, Nationen etc. ohnehin obsolet werden.

Was zählte, war vielmehr die Klassenzugehörigkeit - und Arbeiter hätten ohnehin kein Vaterland, wie schon im "Kommunistischen Manifest" dargelegt wurde. Allerdings findet sich bei Engels, etwa bei der Betrachtung der "geschichtslosen Völker" und der "großen Völker", auch teilweise die Grundsätze, dass Nationen auch nach ethnisch-kulturellen Kriterien eingeteilt werden. Aber ohne die Wagenknecht'schen Einteilungen in Gut und Böse - für das System gibt es zwischen Weidel und Höcke keinen Unterschied - preschte sie nun mit der nächsten Forderung vor. Gegenüber der dpa erklärte sie: Für abgelehnte Asylwerber soll es keine staatlichen Leistungen mehr geben.

Es ist dem Steuerzahler nicht erklärbar

"Dass der Staat nach einer Ablehnung dieselben Leistungen weiterzahlt, ist dem Steuerzahler nicht erklärbar. Nach einer Übergangsfrist sollten Geldleistungen auslaufen, wenn kein Schutzstatus vorliegt", so Wagenknecht. Dabei betonte sie zudem, dass die Mehrheit der Asylbewerber in diesem Jahr keinen Schutzstatus erhalten habe. Aber dass jeder dritte Geflüchtete nach Deutschland komme, liege auch daran, dass es in der Bundesrepublik "faktisch keinen Unterschied macht, ob man als schutzberechtigt anerkannt wird oder nicht", so die Politikerin, zu den immer in Abrede gestellten Pull-Faktoren durch üppige Sozialleistungen.

"Wer es aber einmal zu uns schafft, kann auch ohne Schutzstatus sicher davon ausgehen, bleiben und dauerhaft Leistungen beziehen zu können", so Wagenknecht weiter, die zudem daran erinnert, dass kein anderes EU-Land abgelehnten Asylbewerbern dauerhaft so hohe Leistungen zahle wie Deutschland. Dabei sind es aber nicht nur EU-Länder, auch die im Gegensatz zu Deutschland seit jeher klassischen Einwanderungsländer wie die USA, Kanada oder Australien setzen Illegale knallhart vor die Tür, wenn sie sich nicht selbst erhalten können, statt sie mit staatlichen Leistungen vollumfänglich zu alimentieren.

Selbst die Bedingungen für eine reguläre Einwanderung gehen mit hohen Hürden, wie einem Arbeitsplatz oder Vermögen zum Selbsterhalt einher. Und nebenbei unterscheiden sie streng zwischen Einwanderung und Asyl - im "besten Deutschland aller Zeiten" gilt man mit diesem Anspruch für die Altparteien und die gleichgeschaltete Presse schon einmal vorab pauschal als "rechtsextrem". Bei Wagenknecht traut man sich mit diesem Maximalvorwurf freilich nicht; ihre migrationskritischen Aussagen sowie ihr Eintreten für Frieden brachten ihr aber zumindest schon einmal das Schmäh-Prädikat "rechtsoffen" ein. 

Wagenknecht-Forderung braucht Remigration

So sehr Wagenknechts Aussage auch den Nagel auf den Kopf treffen mag - angeblich "Rechte" kritisieren die Vollversorgung als Pull-Faktor bereits seit Jahren - bedarf es aber weiterer Schritte, um diese Forderung in der politischen Realität umzusetzen. So zum einen Änderungen im gesetzlichen Bereich bzw. in deren Auslegung. So hatte das Bundesverfassungsgericht etwa in mehreren Urteilen die Möglichkeiten der Leistungsbeschränkung für Asylwerber beschnitten, indem die Verfassungsrichter festgestellt hatten, dass es ein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums gebe.

"Das Grundrecht steht deutschen und ausländischen Staatsangehörigen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, gleichermaßen zu", hieß es in einem der Urteile. Es läge also an der Politik festzuhalten, dass dies für legal aufhältige Personen gilt und eine bloße Duldung nicht ausreicht. Und zudem wären auch große Abschiebungs- und Remigrations-Anstrengungen nötig, um die Pläne umzusetzen. Allein aufgrund des inneren Friedens. Ein Teil der abgelehnten Asylwerber würde vermutlich weiterziehen und das Land verlassen.

Wie sehr bröckelt "Brandmauer" im Ernstfall noch?

Aber Hunderttausende in den vergangenen Jahren ins Land geströmte Personen, die dann ohne Geldleistungen dastehen, würden wohl ein erhebliches Gefahrenpotential darstellen, wenn sie womöglich auf kriminellen Wegen versuchten, ihre Einkommenssituation zu verbessern. Es wäre interessant, ob Wagenknecht, die nun A sagte, in diesem Punkt auch B sagen würde oder ob es sich nur um Aussagen im Wahlkampfgeplänkel handelt, um wieder mediale Reichweite zu erzielen.

Sollte es allerdings ernst gemeint sein, sollte eine Zusammenarbeit zumindest in Sachfragen nicht an persönlichen Befindlichkeiten gegenüber Einzelpersonen oder Definitionen scheitern. Das wäre dem Steuerzahler vermutlich auch nicht erklärbar. Ob Wagenknecht bereit ist, die vom System aufgestellte "Brandmauer" noch weiter einzureißen als bislang, wird sich weisen. Die Veränderung in der politischen Landschaft "von unten" - auf beiden Seiten des Spektrums - hat jedenfalls schon einmal begonnen. 

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