Ein anstrengendes und gefährliches Jahr

Götz Kubitschek: 'Wollen uns Willkür von Mega-Playern wie Amazon nicht ausliefern'

Politik
Hintergrund & Kubitschek: Metropolico.org, Wikimedia Commons; Sellner: Martin Sellner, Flickr (beide CC BY-SA 2.0); Buchcover (C) Verlag Antaios (Bildzitat); Komposition: Der Status.

"Remigration - Ein Vorschlag", das neue Buch von Martin Sellner sorgte schon vor seinem Erscheinen, dank des von Correctiv um ein vermeintliches Geheimtreffen inszenierten Skandals, für Wirbel. Auf Amazon war das Buch plötzlich auf Platz 1 der Bestsellerlisten. Doch Verleger Götz Kubitschek, in dessem Antaios-Verlag das Werk erscheint, schloß eine Zusammenarbeit mit dem US-Konzern aus. Über die Gründe für den Boykott gab er in einem Interview gegenüber "Der Status" Auskunft. Und auch, weshalb er die politische Situation in Deutschland für surreal hält.

Martin Sellners neues Buch "Remigration- ein Vorschlag", das erst am 1. März erschien, ist aufgrund der Vorbestellungen ein Bestseller auf Amazon in der Rubrik "Politikwissenschaft". Wie erklären Sie sich den großen Erfolg und was sagen Sie dazu?
 
Kubitschek: Es gibt Verlage, die mit Reizwörtern arbeiten, wenn sie ein Buch spannender machen möchten als es ist: "Masterplan", "aufgedeckt", "Enthüllungen", "exklusiv". Noch zugkräftiger wird die Sache, wenn der Autor einer ist, den man mit einer Aura umgeben kann, am besten mit einer gefährlichen und gewieften. Ich selbst halte solche Werbemethoden für unseriös und wende sie für die Bücher meines Verlags nicht an, obwohl ich weiß, wie erfolgreich man damit sein kann. Nun haben aber der politische Gegner und die Mainstream-Medien genau das mit dem Buch "Remigration" von Martin Sellner gemacht, und Freund und Feind möchten nun wissen, was er selbst zu sagen hat. Aus dieser Melange (so sagen Sie doch in Wien) entstand der Bestseller. Als Verleger und politischer Akteuer im Rückraum der nationalen Opposition kann ich sagen, daß ich mich über die PR-Arbeit unserer Gegner freue.

Dennoch entschieden Sie, mit Amazon nicht weiter zusammenzuarbeiten. Warum? Welche Konsequenzen hat dies für Amazon, welche für Ihren Verlag Antaios?
 
Kubitschek: Sehen Sie, unser Verlag pflegt seit einem Jahrzehnt keine Geschäftsbeziehungen mehr zu Amazon, und von pfleglichem Umgang konnte auch davor nicht die Rede sein. Dieser Laden ist raffgierig und zerstört kleinteilige Strukturen und Vielfalt. Außerdem reagierte Amazon vor zehn Jahren auf politischen Druck und nahm ein Dutzend unserer Bücher aus dem Sortiment, von heute auf morgen. Sie kennen diese Willkür von anderen Mega-Playern: Twitter, Facebook, YouTube, Amazon - nie gibt es einen Ansprechpartner, kaum je kommt man zu seinem Recht, nie weiß man, ob sich der Aufwand lohnt.
Ich habe also zusammen mit Martin Sellner entschieden, Amazon nicht zu beliefern. Wir sprechen dabei über knapp 7000 Bücher, zumindest ist das die Zahl, die ich über einen Umweg hörte. Amazon wird den Umsatzverlust nicht einmal bemerken, wir selbst dürfen uns etwas auf unser konsequentes Handeln zugute halten und können genau kalkulieren. Denn stellen Sie sich vor, wir hätten 7000 Bücher geliefert - und Amazon hätte storniert.
 

Einige kritisieren auf Twitter, dass die Entscheidung, Amazon den Rücken zu kehren, die Zugänglichkeit der Mitte zu Ihren Büchern erschweren würde. Was sagen Sie dazu?
 
Kubitschek: Ich nehme Twitter nicht ernst und lese derlei Kritik nicht. Interessanter sind Gespräche mit Buchhändlern und mit Lesern, die etwas von der Sache verstehen. Es ist ja keine kindische Bockigkeit, die mich dazu veranlaßte, Amazon zu boykotieren. Ein Konzernsprecher hatte der Presse gegenüber mitgeteilt, man behalte sich eine Auslieferung an die Leser vor, wolle das Buch zunächst inhaltlich prüfen und dann entscheiden. Als ich das las, prüfte ich, ob es Abläufe und Rechtslage überhaupt zuließen, daß wir Amazon einen Korb gäben. Danach sprach ich mit meiner Frau und mit Martin Sellner und fand Zustimmung zu meiner Argumentation.
Wofür ich plädieren möchte: Unsere Leute, unsere Leser, unsere Blase und Bubble soll Vertrauen fassen. Wenn es einen Verlag seit 25 Jahren gibt, und wenn er schwierige Phasen überstanden hat und sich zum bekanntesten und stabilsten Verlag unserer ganzen, schön aufgefächerten Szene entwickelt hat, dann dürfen selbst Twitterer davon ausgehen, daß wir wissen, was wir tun. Wir wissen es wirklich. Ich glaube, man sieht das.

 
Wie nehmen Sie die Situation der Repression aktuell in der Bundesrepublik wahr? Wie ist die Situation in Schnellroda?
 
Kubitschek:
Was geschieht, ist surreal. Man kann es sich anschauen wie ein Theaterstück, man kann die Lage lesen wie einen Roman. Alles ist vorhanden: Hintergrund, Kolorit, Figuren, Slang, Worthülsen, Karikatureskes. Bloß: Wir dürfen nicht lesen und lachen, denn es geht um die Substanz. Wir haben ein anstrengendes und nicht ungefährliches Jahr vor uns. Es ist gerade gut zwei Monate alt, und schon ist mehr passiert als im ganzen Jahr zuvor. Daher: Das alles ist kein Spiel, und wenn Martin Sellner ein politischer Popstar ist, dann ändert dieser Status nichts daran, daß er gefährlicher lebt als noch vor zwei Monaten. Ich rechne ihn zu "Schnellroda" dazu, natürlich, und er geht mit der Lage auf seine Weise um.
Ich selbst bin anders, ich bin der Warner: Auch die Demokratie ist eine Herrschaftsform. Auch in ihr geht es um politische Macht, und weil diese Macht zuletzt immer die Zustimmung der Masse benötigt, hat sich die demokratische Macht mit Manipulationstechniken und Stimmungsbündelung zu beschäftigen - stärker als jede Monarchie beispielsweise, deren Legitimation nicht auf Mehrheiten beruht. Was gerade geschieht, das ist die stimmungsmäßige Aufladung von Masse gegen die nationale Opposition. Die Machthaber holen sich Zustimmung zu harten Maßnahmen. Aber die Massenmobilisierung wird nicht über den Tag hinaus gelingen, zu hart schlägt die politische Realität zu. Das ist meine Prognose. Es kommt nun also darauf an, wer schneller ist: Wir mit dem Gewinnen oder die mit dem Zerschlagen.
Aber weil Sie nach Schnellroda fragten: Auch hier wird es endlich Frühling!


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