Hochrisiko-Plan

Gegen Gas-Krise: Brüssel will für Winter Gas in Ukraine einlagern

Politik
Bild: Freepik

Die selbstgemachte Energiekrise durch Selbstmord-Sanktionen ist in der EU weiter omnipräsent. Auch wenn derzeit die Preise leicht sinken, kommt der nächste Winter und steht in ein paar Monaten vor der Tür. Und um weitere Vorräte zu schaffen, überlegt man in Brüssel nun, Gas in der Ukraine einzulagern - denn dort seien mehr Speicherkapazitäten vorhanden, als in Europa, wo die Speicher für teueres Geld noch einigermaßen voll sind.

Rund 100 Kilometer von der EU-Grenze entfernt, befindet sich in der Westukraine der Gas-Speicher Bilche-Wolytsko-Uherske, der mehr als viermal so viel Erdgas lagern kann wie der größte Standort Deutschlands. Aufgrund der jahrelangen Gastransite von Russland über die Ukraine nach Europa ist der Speicher auch in das europäische Netz ohne große Probleme einbindbar. Auf diesen - und auch andere Gas-Speicher in der Ukraine - spitzt nun die EU. Denn die Speicher in Europa sind noch zu gut 70 Prozent gefüllt. Für die kommenden Winter, so räsoniert Brüssel, könnte man durch die Gasspeicher in der Ukraine die Speicherkapazitäten erhöhen und bereits jetzt Gas einlagern, bevor die Preise im Winter wieder ansteigen.

Riskanter Plan

Selbst das US-Medienunternehmen Bloomberg bezeichnet die Idee als "Europas riskanter Plan zur Abwendung einer Winter-Energiekrise". In der EU ist man von der Idee aber auch noch aus einem anderen Grund begeistert. Denn somit würde sich die Ukraine - immerhin noch eines der korruptesten Länder der Erde - weiter an die Union annähern. Und überhaupt, sei es das Risiko allemal wert.

Immerhin gilt es auch Rekordpreise wie im vergangenen Jahr zu vermeiden, als durch die Selbstmord-Sanktionen die Versorgungssicherheit auf unsicheren Füßen stand und Unternehmen sowie Verbraucher mit enormen Preissteigerungen zu kämpfen hatten. Zwar wurde vor dem Krieg durchaus von europäischen Energieunternehmen Gas in der Ukraine gelagert, aber derzeit trauen viele der Lage nicht.

EU verhandelt wegen Versicherungen

Laut "Financial Times" nutzen derzeit "nur wenige Unternehmen mit einer hohen Risikotoleranz die ukrainischen Speicher". Dies soll sich aber ändern. So erklärte Maroš Šefčovič, seines Zeichens Vizepräsident der Europäischen Kommission, gegenüber der Zeitung, dass man zusätzlich zu den wettbewerbsfähigen Preisen, die die Ukraine anbietet, an Garantien für internationale Akteure arbeiten müsse, um die Nutzung der ukrainischen Gasspeicher zu fördern.

Daher führt die EU-Kommission derzeit Gespräche mit Kreditgebern, wie der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, aber auch mit Regierungen und anderen Finanzinstituten, über die "Bereitstellung eines angemessenen Versicherungsschutzes", um die Risikoprämie im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine zu senken.

Neue Abhängigkeit

Zwar wurden bisher noch keine unterirdischen Gasspeicher in der Ukraine von Russland getroffen. Aber auch dies ist vermutlich - im Hinblick auf den kürzlichen Treffer auf das Munitionsdepot - nur eine Frage der Zeit. Allerdings dürfte die Idee nicht allein den Brüsseler Hirnen entsprungen sei. "Die Ukraine verfügt über die größten unterirdischen Gasspeicher in Europa und eine ausgedehnte Transportinfrastruktur, die mehr als 15 Länder beliefern kann", wird der ukrainische Konzern Naftogaz von der Financial Times zitiert.

Und weiter: Die Speicherkapazität, die die Ukraine anbieten kann, sei "äußerst wichtig für die europäischen Länder, die über keine eigenen Speichermöglichkeiten verfügen und Reserven für den Winter anlegen wollen." Auch ein gutes Druckmittel für Selenski gegenüber dem Westen, sollte dieser mit seinen Waffenlieferungen, Geldzahlungen und sonstigen Kriegsunterstützungen zu erlahmen drohen.

Erst Schritte gesetzt

Neben den russischen Angriffen auf die Infrastruktur war es aber auch die Ukraine selbst, die sich durch teilweise Verbote von Gasexporten für europäische Unternehmen zunehmend uninteressant machte. Zuletzt machte auch erst der ehemalige OMV-Chef Gerhard Roiss darauf aufmerksam, dass Kiew Transitverträge für russisches Gas nach Österreich nicht mehr verlängern will und diese Quelle damit voraussichtlich ab 2024 versiegt. Ebenso versiegt damit aber auch eine wichtige Einnahmequelle für Kiew.

Der Plan, europäisches Gas nun in ukrainischen Tanks zu lagern, könnte dem Selenski-Regime neue Einnahmemöglichkeiten verschaffen. Und erste Schritte dafür wurden bereits gesetzt. Schon im April diesen Jahres wurde die Naftogaz-Tochter Ukrtransgaz, die die Speicheranlagen betreibt, als Gasspeicherbetreiber zertifiziert, der die EU-Standards erfüllt. Eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die ukrainischen Gasspeicher für die strategischen Gasreserven der EU überhaupt genutzt werden können.

Ukrainische Korruption

Dabei hat Europa mit der Ukraine und Gas eigentlich Erfahrung und sollte etwas vorsichtiger sein. Denn es ist auch ein Grund für das lang anhaltende Spannungsverhältnis zwischen Russland und der Ukraine. Als die ukrainische Regierung sich Ende der 2000er Jahre weigerte, an den Weltmarkt angepasste Gaspreise zu zahlen, eskalierte damals der Gasstreit. Verhandlungen über Übergangsfristen scheiterten, worauf Russland schließlich die Gaslieferungen an die Ukraine einstellte, diese sich jedoch aus den Pipelines für europäische Staaten bestimmtes Gas abzweigt. Und wer garantiert nun, dass dies nicht auch wieder geschieht und "europäisches" Gas gewinnbringend weiterverkauft wird...

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