Laut erster Hochrechnung verzockt

Frankreich-Wahl: Rassemblement National vorn - Macron-Lager abgeschlagen

Politik
Symbolbild: Freepik

Der Versuch, mittels Neuwahl die eigene parlamentarische Macht zu sichern, dürfte sich für den französischen Präsidenten Emmanuel Macron als Eigentor entpuppen. Denn laut ersten Hochrechnungen kam das Regierungslager nur auf den abgeschlagenen dritten Platz. Dass sich dies kommende Woche bei der Stichwahl um das Gros der Sitze ändert, scheint unwahrscheinlich. Mit großer Wahrscheinlichkeit weiß der Präsident bald keine Mehrheit im semi-präsidialen System in Frankreich hinter sich - mit ca. 20 Prozent landet er wohl deutlich hinter dem Rechtsbündnis (34%) und dem Linksbündnis (29%).

RN klar vorn, Macron-Lager nur Dritter

Entgegen dem Macron-Kalkül führte die eilig ausgerufene Neuwahl sowohl auf der linken, als auch auf der rechten Seite zu einer gewissen Vereinigung der Bemühungen. Diese führten nun zu einem deutlichen Ergebnis: Satte 34 Prozent weist die erste Hochrechnung für den Rassemblement National (RN) mit Spitzenkandidat Jordan Bardella aus. Auf dem zweiten Platz folgt die linke Volksfront - ein Bündnis aus Sozialisten, Grünen, Kommunisten und versprengten Linksparteien. Abgeschlagen auf dem dritten Platz liegt das Ensemble-Bündnis um Macron mit 20 Prozent. Die Rest-Gaullisten von "Les Republicains" wären knapp zweistellig. 

Große Zahl an Dreier-Stichwahlen

Prognosen für die zweite Runde zu treffen, ist angesichts der Besonderheiten des französischen Wahlsystems schwierig. Aktuell sieht es nichtsdestotrotz danach aus, dass der RN zwar mit Abstand die stärkste Fraktion in der Nationalversammlung stellen kann, die absolute Mehrheit allerdings knapp verpassen dürfte. Diesmal sind es wohl zwischen 65 und 85 Sitze die - auch dank der stärkeren Wahlbeteiligung - in der ersten Runde vergeben sein dürften. Zugleich kommt es wohl aus demselben Grund auch nur in 150 bis 170 Wahlkreisen zu einer Zweier-Stichwahl. 

Die häufigste Konstellation wäre somit eine Dreier-Stichwahl zwischen RN (390-430 Wahlkreise), linker Volksfront (370-410 Wahlkreise) und Regierungslager (290-330 Wahlkreise). Damit ergibt sich eine gewisse Pattstellung für taktische Bündnisse und Rückzüge. Denn die Hoffnung von Macron, sich überhaupt eine knappe Mehrheit zu sichern, hängt stark davon ab, das Linksbündnis zum Rückzug seiner Kandidaten zu bringen. Umgekehrt wäre es wohl die absolute Klatsche für den Präsidenten, wenn er seine eigenen Kandidaten zurückziehen müsste, um das Rechtsbündnis als stärkste parlamentarische Kraft zu verhindern.

Präsident pokerte mit Neuwahl hoch

Dass Macron überhaupt das "Alle gegen die Rechten"-Kalkül versuchen konnte, nachdem seine Partei bei der EU-Wahl vor drei Wochen schwer geschlagen wurde, liegt auch am französischen Wahlsystem. Dort gilt ein Mehrheitswahlrecht in den 577 Wahlkreisen - in zwei Runden. In der ersten Runde erhält fix nur derjenige seinen Sitz, der auf über 50 Prozent der abgegebenen Stimmen UND mehr als 25 Prozent der Stimmen aller Wahlberechtigten in seinem Kreis kommt. Bei der niedrigen Wahlbeteiligung vor zwei Jahren wurden somit nur vier (!) Mandate im ersten Wahlgang errungen.

Letztendlich sicherte sich damals Macron mithilfe verbündeter Parteien dennoch eine knappe Mehrheit, obwohl man im ersten Wahlgang nicht sonderlich deutlich vor dem Melenchon-Linksbündnis und dem "Rassemblement National" (RN) von Marie Le-Pen lag. In einem System, in dem in der zweiten Runde eine relative Mehrheit reicht, aber nur Kandidaten für die Stichwahl zugelassen sind, die mindestens 12,5% aller Wahlberechtigten hinter sich vereinigen, kommt es oft zu Rückzügen zugunsten aussichtsreicherer Bewerber. Darauf spekulierte Macron auch diesmal - wohl umsonst. Seine präsidiale Macht wäre dann für die letzten drei Jahre eingeschränkt.

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