Auf Kosten der Bürger

EU-Sanierungszwang: Je nach Energieausweis könnte es noch viel mehr Gebäude treffen

Politik
Bild: Freepik

Der von der EU geplante Sanierungszwang könnte noch viel mehr Immobilien treffen als ursprünglich angenommen. Bisher ging man allein in Deutschland von 34,4 Prozent der Wohngebäude aus. Doch dies könnte sich schnell ändern, je nachdem, welchen Energieausweis man am Ende heranzieht. Weit über 50 Prozent oder gar noch mehr an sanierungspflichtigen Gebäuden wären durchaus möglich.

Teurer Sanierungszwang ohne Rücksicht auf Verluste

Die Sanierungspflicht der EU könnte noch teurer und umfänglicher werden, als dies bisher vermutet wurde. Zu diesem Ergebnis kommt zumindest laut "Bild" eine Expertenstudie. Bisher ging man davon aus, dass 45,5 Prozent der Gebäude in Deutschland Energieklasse F oder schlechter haben, sprich saniert werden müssen. Wobei vorgesehen ist, dass Energieeffizienzklasse F und G bis 2030 so zu sanieren sind, dass die Energieeffizienzklasse E erreicht wird. Ab 2033 ist dann Energieeffizienzklasse D für alle verpflichtend - dies sind bisher 34,4 Prozent.

Wobei es in den verschiedenen europäischen Ländern durchaus Unterschiede bei der Festlegung der Energieklassen gibt, wie auch Bilder zeigen, die immer wieder in sozialen Medien zuletzt die Runde machten:


Nur welcher Energieausweis zählt?

Der Knackpunkt, welche Häuser nun wirklich zur Sanierung anstehen, könnte jedoch am Energieausweis liegen. Darauf macht zumindest die Studie aufmerksam.  Der Experte für Wohnungspolitik am Institut der Deutschen Wirtschaft (IW), Ralph Henger, erklärt dazu: "Bislang ist nur klar, dass alle Gebäude mit einer Energieeffizienz schlechter als Klasse D saniert werden sollen."

Aber überhaupt nicht klar ist, wonach bestimmt wird, welche Effizienz-Klasse ein Gebäude überhaupt hat. Denn wie auch auf der Seite der Verbraucherzentrale ersichtlich ist, gibt es zwei Arten von Energieausweisen. Einmal den Verbrauchsorientierten Energieausweis und dann den bedarfsorientieren Energieausweis. Und diese beiden unterscheiden sich deutlich in der Art der Berechnung und damit auch im Ergebnis.

Verbrauchsausweis

Bisher, so Heger, konnten die Eigentümer zumeist selbst entscheiden, welchen Energieausweis sie für ihr Wohneigentum erstellen lassen wollten. Häufig war es dabei der Verbrauchsausweis, weil dieser einfacher und kostengünstiger zu erstellen. Er wurde daher weitaus öfter genutzt. Jedoch definiert dieser lediglich den tatsächlichen Energieverbrauch, weshalb ihn Heger "nicht aussagekräftig" hält. Denn der Verbrauch hängt logischerweise stark von dem jeweiligen Verhalten der Bewohner ab. Daraus schlussfolgert der Experte, dass viele Gebäude durch den Verbrauchsausweis auf dem Papier eine viel bessere Energiebilanz als in Wirklichkeit hätten.

Bedarfsausweis

Denn beim Bedarfsausweis "erfolgt die Ermittlung [der Energieeffizienz] auf Grundlage eines berechneten Energiebedarfs aufgrund der Bausubstanz, der verbauten Heizungsanlage etc. und ist somit verbraucherunabhängig und auch nutzungsunabhängig. "Weil er aber teurer und aufwendiger zu erstellen ist, kommt der Bedarfsausweis häufiger bei privat genutzten Ein- oder Zweifamilienhäusern zum Einsatz, wo er für alte Gebäude Pflicht ist. Die Folge ist, dass diese dann eine schlechtere Energiebilanz ausweisen als nach Verbrauchsausweisen bewertete Gebäude", so Henger. 

Denn der Bedarfsausweis muss für Immobilien - Einfamilienhaus oder Mehrfamilienhaus mit maximal vier Wohnungen - erstellt werden, wenn der Bauantrag vor dem 1. November 1977 gestellt wurde und diese Immobilie bis heute nicht den Anforderungen der Wärmeschutzverordnung entspricht - sprich: unsaniert ist.

„Das wäre völlig absurd.“

Würde man diese Unterschiede nicht bereinigen, wäre dies eine völlige Ungerechtigkeit für die Besitzer von Ein- und Zweifamilienhäuser sowie von alten Gebäuden, wo Verbrauchsausweise eben auch Pflicht sind. "Das wäre völlig absurd", so Heger. Aber für die Erstellung einer zuverlässigen Energiebilanz der Häuser müsste man flächendeckend auf Bedarfsausweise umstellen. Dies wäre jedoch nicht nur aufwendig, sondern würde auch massive weitere Kosten nach sich ziehen, so Henger, der ebenfalls ein Verfechter der CO2-Bepreisung ist, und andere Experten des vom Bundes geförderten "Ariadne"-Projekts in einer Studie.

Würde man dies jedoch angleichen und auf den flächendeckend auf den Bedarfsausweis für die Energieeffizienz umstellen, könnte nach der Neubewertung noch deutlich mehr Wohngebäude vom EU-Sanierungszwang betroffen sein, was abermals für noch mehr Bürger hohe Sanierungskosten bedeutet, so Henger.

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